Wiedersehen

Allgemeines Scheidungskinder Forum - Dies ist eine virtuelle Selbsthilfegruppe für Kinder und Eltern in allen Fragen rund um Trennung und deren Folgen.
feather
Forumsexperte
Forumsexperte
Beiträge: 548
Registriert: 24. Februar 2004 12:21

Re: Wiedersehen

Beitrag von feather »

So, dieses "Einheit" habe ich mit Lesen begonnen, und schwupps, sind 20 Minuten um. 16.16 Uhr gings los.

Hallo liebe Nightingale,

ich hoffe, Du hast Deinen Geburtstag im Norden gestern gut überstanden, und es ist nicht so schlimm geworden, wie Du befürchtet hast. Ist es wirklich so fremd mit den anderen?

Das ist schon krass, bei mir ist es mehr oder weniger umgekehrt: Hier in meinem Studienort fühle ich mich sicher und geborgen, habe ich mein gewohntes Umfeld. Zu Hause normalerweise etwas weniger, weil da einfach nicht mehr die Menschen sind (mit Ausnahme meiner lieben Familie und doch ein paar Freunden, die ich jetzt nicht unterschlagen will), mit denen ich mein Leben teile. Ach nein, das ist jetzt wirklich fies, es gibt die Sandkastenfreundin, die auch nach Berlin kam, meine "beste" 30-jährige Freundin, meinen besten Freund von zu Hause, aber der wohnt ja auch nicht mehr da, und diverse gute Bekannte. Vielleicht erstrahlt meine Heimatstadt jetzt nicht mehr in so glänzendem Licht, weil sie klein ist und A. da auch rumgeistern könnte. Aber genau das muss ich verhindern, dass ich etwas, das mir gehört und in meinem Herzen getragen wird, von ihr und dieser hässlichen Geschichte verschmutzt wird.

Slut sind übrigens großartig. Höre grad Something to die for, großartig. Mich ärgert die Schwere, die mich ereilt, wenn ich A.-Geschichte denke, und der Stich, den es immer noch gibt. In dem Zusammenhang könnte ich auf einen meiner Lieblings-Songtext-Fetzen rekurrieren, You bleed just to know you're alive. Keine Ahnung, meine Fresse, langsam weiß ich es. ;-)

Du hast Recht, hier im Nest und mit meinen nahen Menschen ist alles geborgen und wohlig, vielleicht merke ich den Kontrast auch deshalb so stark. Früher, da konnte ich mit ihr auch im Café sitzen und Café con leche trinken und über die Welt sinnieren, heute ist alles, was ich mit ihr verbinde: Unverschämt, Krank, Selbstzentriert, Unzurechnungsfähig, Tatsachen verdrehend, Ungerecht, Armselig, Lachhaft, Sinnlos, Wankelmütig, Unzuverlässig, Rachsüchtig, Gestört.

In dem Zusammenhang habe ich jetzt schön öfter darüber nachgedacht, wie krass es für Leute sein muss, die jemand Verrücktes lieben, also jemanden, der mit einer Person zusammen ist, die infolge von Wahnsinn alles verdreht und unberechtigte Vorwürfe macht. Das ist wohl die Steigerung. Ich kann mich abwenden, kann sagen "Zerfleisch' Dich doch alleine!", und über die Jahre werden das immer mehr Leute machen, und selbst wenn nicht, mich störts nicht, ich bin da raus.
Jule hat mich gestern auch schon wieder gescholten, als meine Worte nicht abgrenzend genug waren. "Du solltest sie hassen!", sagte sie, und ich konnte dazu nur sagen, dass ich eigentlich kein Mensch bin, der hasst. Bestenfalls sind mir Leute egal und/oder ich finde sie nervig. Aber das ist ja auch schon mal ein Anfang.

Noch drei Minuten.
Unpassend dazu geben Slut Welcome 2, und schon am Anfang kommt mir das bekannt vor.
Henni hat heute seine letzte Prüfung, das werden wir nachher begießen.
Morgen fahre ich dann bis Sonntag in die große Stadt, ich werde Dir mal ein Briefchen zusammenschreiben, aus täglichen Einheiten. Denn - ich soll das ja durchziehen.

So, meine Liebe,
time's up,
Danke für alles!

Deine Feather
Freiheit ist auch immer die Freiheit des Andersdenkenden.
Rosa Luxemburg
Nightingale
Forumsprofi
Forumsprofi
Beiträge: 409
Registriert: 5. Dezember 2003 17:35

Re: Wiedersehen

Beitrag von Nightingale »

Meine liebe Feather,

mein Abendbrot schmort schon im Backofen und meine Augen sind rot und müde. Lange bleibe ich wohl nicht mehr wach, obwohl die Mädels in ein Kellerloch hier um die Ecke gehen und gefragt haben, ob ich mitkomme. Da mir aber der Alkohol fehlt um etwaige Tanz- und Feierkräfte wiederzuerwecken, wird’s wohl ein Pro-Sieben-Abend werden.
Aber auch nur um mir und meiner angekratzten Seele zu beweisen, dass ich in Sachen Scheelheit von manchen doch noch übertroffen werde.

Die Müdigkeit übermannt mich derzeit oft, gestern schlief ich bei D. vor dem Fernseher ein und wachte bis um 7 Uhr morgens nicht wieder auf und das obwohl mir das Schlafen bei ihm sonst schwer fällt. Aber es wird besser, gerade die letzte Woche schlich sich ein beruhigender Rhythmus ein, der uns gut tut und uns näher bringt. An meinem Geburtstag hatte er Kerzen aufgestellt, Popcorn gemacht und meinen Lieblingshorrorschocker eingelegt, Ohrringe in einem kleinen Stofftiger versteckt und mir eine Erste-Hilfe-Reserve an Süßigkeiten zusammengestellt. Mit einem Foto von uns. Irgendwann als wir nackt nebeneinander lagen und er mir vorsichtig über den Bauch streichelte, hätte ich sie beinahe gesagt die drei Worte. Aber alles kam mir dann doch zu abgegriffen, zu unoriginell vor und gleichzeitig beschlich mich die alberne Angst, er könne sie nicht zurück sagen. Schade, dass ich zwar älter, aber anscheinend nicht reifer werde.

Alles in allem war mein Geburtstag dann doch schön, viele hatten an mich gedacht, Kuchen gebacken und ein dänisches Ständchen geträllert. D.s beste Freundin, mit der ich in dem halben Jahr Beziehung aufgrund ungeklärter Schwierigkeiten fast kein Wort wechselte, backte mir Zimtschnecken und ich in all meiner Reife schaffte es endlich erhobenen Hauptes und uneingeschüchtert von ihrer Schönheit mich zu bedanken. Es renkt sich ein im Nachbarland, die Mädels machen einen Schritt auf mich zu und planen Babypartys und ich fühle mich weniger außen vor. Gestern war dann strahlender Sonnenschein und ich fuhr den Umweg am Meer entlang und, ach, es ist wunderschön hier, wenn man es mal zulassen kann.

Trotzdem freue ich mich auf zu Hause morgen; Chris holt mich an der Grenze ab und am Samstag feiern wir dann ganz traditionell in unserem Lieblingsladen. Ich in schwarzem Schwangerschaftskleid; mann, Feather, Du müsstest mal sehen, wie ich explodiere dieser Tage.

Mach Du es Dir auch schön in der großen Stadt, genieß ein bisschen die Entfernung. Um auszublenden vielleicht. Gib Dich nur nicht mit Hass ab, ja? Ich weiß, das ist schnell gesagt und verschafft Luft, aber Hass ist meiner Meinung nach auch zu krass. Ein Eingeständnis an Schwäche. Außerdem, was Du alles erzählst… Sie scheint so starke Gefühle nicht wert zu sein, keine innersten Regungen mehr. Sondern lieber langsam abkühlen und sie nicht mehr alles beeinflussen lassen, weder ein Abijubiläum noch Deine gute alte Heimat. Sprich ihr nicht diese Macht zu. Die hat sie nämlich nicht. Ganz zu schweigen davon, dass sie sie nicht im Mindesten verdient.

Du bist meine Powerfrau!
Alles weitere dann wohl nach dem Wochenende,
liebe Grüße,
Nighti.
feather
Forumsexperte
Forumsexperte
Beiträge: 548
Registriert: 24. Februar 2004 12:21

Re: Wiedersehen

Beitrag von feather »

Hallo meine Liebe,

ich sitze in einem schönen Altbau in F-Hain, irgendwann würde ich auch gern mal solche schönen Stuckdecken haben, meine liebe Freundin, die ich hier besuche, ist bei der Arbeit, und ihre andere Freundin, die gestern ankam, schläft noch nebenan. Insofern kann ich hier jetzt mal kurz reinspierzen. Wobei kurz echt untertrieben ist. Habe ab der Seite davor noch mal alles von uns gelesen und damit etwa 50 Minuten Zeit verbracht.

Gestern Nachmittag schrieb ich Dir aus einem Café in P-Berg, öfter mal müssen, woll?, und das hat gut getan. Ich schrieb auch noch an Mon, Henni, Sonja, Jule und meine Family. Aber dann muss gut sein. Vier Tage Hauptstadt sind ja nicht die Welt. Deshalb gab es auch nur Café-Karten.

Ja, was soll ich sagen, mit meiner Freundin hier habe ich die Geschichte am Donnerstag Abend durchgekaut (sie kannte sie bislang so halb, weil sich ein Teil ja auch zu meiner Zeit hier, im November, ereignet hatte), wir saßen auf dem schönen gemütlichen Sofa unter einer Decke, tranken Wein, sie rauchte an der geöffneten Balkontür und sagte die Worte, die ich mittlerweile schon sehr stark verinnerlicht hatte und habe, nur an der Umsetzung haperts zuweilen: "Tu Dir das nicht an." Oder: "Du darfst Dir das nicht antun." Oder: "Mal ganz ehrlich, warum tust Du Dir das an?"

Genau, genau, genau.
Würde ich zu einer Person in meiner Situation auch sagen. Ganz sicher. Wenn Mons Mutter hadert, weil wiederum ihre Mutter langsam altersböse und ungerecht wird, sage ich das auch zu ihr. Sie ist trotzdem traurig, wenn sie mit sinnlosen Vorwürfen wie "Die ganze Tischdecke hast Du mir schon kaputtgeschnitten!" überzogen wird (hat Mons Ma natürlich nicht), man sieht, dass die Oma nicht mehr einordnen kann, in ihrer Hilflosigkeit und Angst vor der immer mehr zurückgehenden Eigenständigkeit verbal um sich schlägt. Aber trotzdem - ich kann mir das für mich und Mama auch vorstellen, wenn sie mir ernsthaft so unbegründet Dinge an den Kopf werfen würde, wäre ich auch erstmal konsterniert. Auch wenn man von außen sagen würde, come on, Ohren auf Durchzug.

Ich hatte vor ein paar Tagen ja noch gehadert, dass es doch auch einfach unhässlicher hätte enden können. So nach dem Motto, dann wäre der Schmerz nicht so groß, dann hätte sie mir nicht noch so einen mitgeben können und ich hätte diese Therapiescheiße - wahrscheinlich, vielleicht - nicht nötig. Meine Schnuppi-Freundin hier meinte, als ich ihr die Details erzählte, zwischendurch auch "Boah, echt. Wenn ich das so von Dir höre, könnte ich heulen." Und ehrlich gesagt sah sie auch so aus. Sind halt beide nah am Wasser gebaut, wir beiden Heulsusen. Auf der anderen Seite können wir echt - und tun das auch hier - ohne Ende Spaß haben. Naja, aber jetzt nicht den Faden verlieren. Schnuppi hat auch ihre (gerade löschte ich das Wort "beste") Freundin verloren. Aber subtiler. 12 Jahre Freundschaft, Backpacking durch Neuseeland, und auf einmal hat die andere - die ich ja gar nicht kenne - kein Interesse mehr (was ich null verstehen kann). Sie meldet sich nicht mehr oder nur einsilbig zurück, und meine Freundin hier meinte am Ende hier (und man hört den Schutzpanzer förmlich, wenn sie das sagt): "Okay, ich hab alles versucht, soll sie machen, ich renne da jetzt nicht mehr hinterher."
Ich darf nicht auf den Gedanken verfallen, dass so etwas weniger weh tut (und das war ich vor ein paar Tagen), okay, es gibt nicht diesen Terror und diese verletzenden Hässlichkeiten, aber doch bohrt da ein Schmerz in ihr, ich kann es förmlich spüren, wenn sie erzählt, da haben wir sie wieder, die Nahbereichspersonen als Risiko.

Aber Du hast Recht. Der Gewinn, den das Eingehen dieses Risikos mit sich bringt, ist so groß, dass ich es immer wieder tun werde. Du bedeutest mir so viel, ich bin wirklich und ehrlich so froh, dass ich Dich hier gefunden habe, dass wir einander begleiten. Und ich glaube auch daran - und das ist nicht zuzletzt wichtig! -, dass wir uns immer haben werden.

Auch der Abend mit meiner Berlin-Freundin auf dem Sofa am Donnerstag hat mir saugut getan. Im Hintergrund lief übrigens auch ProSieben, vorher war noch eine gemeinsame Bekannte da (die wir beide okay finden, aber sie haut uns nicht um), es war ein netter Mädelsabend, und irgendwann ging die Bekannte dann, und wir hatten schöne Zweisamkeit. Meine Liebe hier kenne ich ja nun noch nicht so ganz gut, erst seit Oktober, aber ich habe sie über die Zeit sehr in mein Herz geschlossen. Und auch wenn ich derzeit eine zaghafte, von der Schlechtigkeit der Welt zurecht gestutzte Feather bin, die dann auch so Gedanken erwischt wie "Mal sehen, was in der Beziehung noch wird": Ich denke dann, wie Du einst, in der Sonne am Meer in Dänemark, auf diese Momente des Glücks kommt es an, sie waren gut und echt und sind nicht wegnehmbar. Ich fand es zwar traurig, dass A. in einer Email an mich schrieb, wir könnten doch zufrieden sein, immerhin hätte es lange funktioniert und jetzt halt nicht mehr. Traurig fand ich den Grund, diese Lächerlichkeit. Aber letztlich kann ich ja versuchen, es im Kopf genau so abzuspalten.

So, ich werd jetzt mal duschen gehen, und dann losstürmen. Heute stehen diverse Erledigungen und dann Sushi mit zwei Freunden auf dem Programm. Und abends dann diese geile Geburtstags-Motto-Party, anlässlich derer ich eigentlich am Start bin! :-)

Ich hab Dich sehr lieb und freu mich schon auf das nächste Lesen und Schreiben.

Deine Feather
Freiheit ist auch immer die Freiheit des Andersdenkenden.
Rosa Luxemburg
Nightingale
Forumsprofi
Forumsprofi
Beiträge: 409
Registriert: 5. Dezember 2003 17:35

Re: Wiedersehen

Beitrag von Nightingale »

Ich habe die Fenster aufgerissen und der Ostseewind fegt durch mein Zimmer. Die Sonne scheint sogar ein bisschen, auch wenn mir gerade noch nach Heulen zu mute war. Ich sollte mal wieder zum Meer hinunter gehen.

Liebe Feather,

vielen Dank für die Postkarten, sie schneiten direkt in meine Familienfeier zu Hause und fanden ihren Platz unter meinen Geburtstagsnarzissen. Sie waren wunderschön die Tage auf dem Gut und die Rückkehr hierher ein Desaster. Eigentlich wollte ich schon gestern fahren und mich von D. an der Grenze abholen lassen, aber der sagte ab, und ach, auf einmal war es für mich unmöglich, auch physisch unmöglich zurückzukehren. Ich konnte einfach nicht. Die Tränen liefen, ich war wütend auf mich, darauf, dass ich nichts Neues annehmen kann, auf D., weil ich mich frage, wie viel Verantwortung er verträgt oder ob überhaupt. Jetzt bin ich hier und weiß nicht, wie es weitergehen soll. Lauter Bilder der letzten 6 Monate rufen sich mir ins Gedächtnis, weinend am Meer im Nieselregen in der Gewissheit, hier muss ich bleiben, dann der goldene September und Oktober, D., alkoholgetränkte Nächte, Studentenleben… Es ist der richtige Ort, ich weiß es, nur bin ich einsam und fühle mich hilflos. Dieses Hin und Her zwischen Heimat und Fremde zehrt, andererseits geht es nicht ohne. Ich muss zurück und sei es nicht für mein Seelenheil, dann für das des Knäuels. Es soll spüren, dass seine Mutter glücklich ist und sich wohl fühlen und nicht erdrückt werden von irgendeinem Trauerkloß. Aber Glück gelingt hier gerade schwer.

Eigentlich gelingt nichts, wie Du siehst. Ich wollte was zu Dir schreiben und fühle mich jetzt zu unreif und unqualifiziert für jeden vernünftigen Kommentar. Unikram liegt hier auch noch. Der Frühling schafft es auch nicht; Regenwolken türmen sich im Süden und hängen bald nicht nur über meinem Kopf. Besser lieber gleich wieder schlafen. Vorher aber noch auf die kleinen Bewegungen meines Bauches gucken und an das Glück denken, dass da wartet.

Verzeih, Feather,
ich bin kurz mal wieder acht Jahre alt.
Trotzdem alles Liebe,
Jytte
feather
Forumsexperte
Forumsexperte
Beiträge: 548
Registriert: 24. Februar 2004 12:21

Re: Wiedersehen

Beitrag von feather »

Zurück aus der Hauptstadt. Es war schön, doch das ist meine gewohnte Umgebung hier auch. Auch wenn es regnet und zuweilen, also auch jetzt ein wenig, grau ist. Das wird besser. 14 Grad am Wochenende? Ich hoffe drauf.

Ach meine Liebe,

gestern durchgearbeitet und auch heute ließ mir der AAA, der Akkord-Arbeits-Alltag, kaum Zeit zum Nachdenken. Was gut ist. Aber irgendwie dann manchmal auch doch wieder nicht, weil ich zurückzufallen drohe. Oder weniger kompliziert: zurückfalle.

Gestern rief ich die liebe Dame an und besprach das weitere Vorgehen. Sie will, dass ich was dran mache. Sie meint, es gebe gute Chancen. Für diese Situation und auch für sonstige Schwierigkeiten, die sich im Bereich "Zerdenken und daran Scheitern" ergeben werden.

Gerade höre ich Time is not a remedy, mal wieder von Slut, und mal wieder merke ich, dass es mir gut tut. Mich aufrappelt.
Aber ich muss mich auch so von allem aufrappeln. Diese Tussi darf mich echt nicht kleinkriegen. Mit ihrer kranken Art. Ihren Vorwürfen, aus denen Unzulänglichkeit spricht.
Meine Berlinerin hat mir auch gut getan. Hab grad noch mal gelesen, was ich Dir schrieb. Die Party war witzig, doch auch dort fand ich mich innerhalb einer halben Stunde wieder in diesem A.-Thema. Ich traf eine im doppelten Wortsinn alte Bekannte wieder, die derzeit eine Therapie macht, um ihre zerbrochene Liebe zu verkraften, und da waren wir dann zwei angeknackste Seelen im Osten Berlins, sie gab mir Tipps, die mir ehrlich gesagt zu spirituell waren, und geißelte den Verstand als den Ursprung allen Bösens. Passend dazu drehte sie eine Tüte nach der anderen.

Endlich kommt jetzt mal If I had a heart.
Naja, ich wollte ja noch erzählen, das Telefonat gestern, mit der lieben Dame. Ich soll was machen. Wartezeit eigentlich 12 Wochen. Jetzt sagte sie aber, sie hätte - den Grund sagte sie nicht - mich rot angestrichen, so dass ich was in zwei bis drei Wochen bekommen könnte.

Einerseits freut mich das: Ich werde ernst genommen.
Andererseits ängstigt mich das: Ich werde ernst genommen.

Dann muss es ja schlimm sein, mutmaßte mein fatalistisches Ich, wohlweißlich der Tatsache, dass genau dieses Ich total entsetzt wäre, wenn man ihm gesagt hätte, ach stell Dich nicht so an, ist doch alles gar nicht schlimm. Passiert jedem Mal, und diese quälenden Gedanken, so what?! Selbst schuld, alte Opferrolle!

Nee, so ist es nicht, auch wenn ich zwischen diesen Betrachtungen - Opfer, Aufschwingen zum Täter und verachten - springe. Ich will so breitbeinig und siegessicher dastehen wie diese hässlichen Barbies, die ich Dir geschickt hatte. Das muss das Ziel sein, mehr Coolness für die Seele, so wie die Manics in "Autumnsong", grad entdeckt.

Das könnte auch Dir gut tun, wenn Du angeschlagen ankommst, in der immer noch nicht geliebten Fremde. Du hast schon Recht, tu das, was gut für Dich ist, wenn schon nicht nur für Dich - was ja wirklich auch reichen würde - dann wenigstens für Euch beide. Ich schaue öfter mal im Halbvirtuellen rüber, Du siehst bestimmt soooo gut aus, ein Lächeln huscht über mein Gesicht, meine Kleine, bald meilenweit voraus, und ich freu-freu-freu mich so! Und bin gespannt und alles.

So, da es spät ist, und die anderen morgen ihre Schummel-Klausuren wiederkriegen (und wir unsere abgrundtief schlechten normalen - so gebückt geh ich trotzdem noch nicht, dass ich in Schönschrift eine vorgegebene Lösung abschreibe und mir dann mein Zeugnis an die Wand hänge), werd ich nun mal die Bettruhe hier einläuten.
Ich bin froh, dass Du da bist. Und versuche, um meiner-deiner-unsretwillen, hier weiter am Ball zu bleiben. 20 Minuten täglich sind mir weiterhin verordnet.

Küsse gen Norden,
Deine Feather
Freiheit ist auch immer die Freiheit des Andersdenkenden.
Rosa Luxemburg
feather
Forumsexperte
Forumsexperte
Beiträge: 548
Registriert: 24. Februar 2004 12:21

Re: Wiedersehen

Beitrag von feather »

Na meine Liebe?!
Wieder in der Heimat? Ich muss mal kurz schreiben, um mich einfach mal zu erleichtern. Richtig besser wird es irgendwie nicht. Heute Nacht von ihr geträumt. Sie schrie nicht, sondern flüsterte. Oder zischte eher. Das passt auch gut zur Realität, denn damals, letzten Herbst, war sie total heiser, als sie mich fertig machte, und ständig brach ihre Stimme weg.

Terrorperson. Ich versuche mich rauszuziehen, das Kopfschütteln zu etablieren, doch zurück bleiben die Narben. Verdammtes Selbstmitleid. Ich bin so froh, wenn endlich etwas passiert und ich professionell dran arbeiten kann. Feather Version 3.xx, jetzt aber wirklich.

Wie ist es bei Dir?
Ich machte am Freitagabend mit Sonni die Stadt unsicher. Außerdem hab ich mich zum ersten Mal und auf ihr Drängen - finds schon etwas peinlich - als Kupplerin betätigt, wohl sogar mit Erfolg!

Naja. Jetzt gleich heißt es Kuchen backen - neuseeländischer Möhrenkuchen, mal sehen, wie der wird -, Briefe fertig schreiben, mit Sonja in die Stadt (heut ist verkaufsoffen), kochen... Alles läuft normal, weißt Du, nur meine Seele macht immer noch nicht hunderprozentig mit.
Ist es vielleicht, weil wir immer etwas brauchen, das das Leben trübt? Dann hätte ich aber gern andere Trübstoffe, Dinge, die es wert sind, traurig zu sein, weißt Du, der Amoklauf von Winnenden (hat mich wirklich mitgenommen), mein bevorstehendes Examen, die Misserfolge meines Bruders an der Uni und seine Planlosigkeit. Ich darf mich jetzt in dieser einen Sache, die albern und ungerecht ist, nicht verfangen.
Nerve ich Dich eigentlich mal so langsam? Mich selber nämlich schon.

Trotzdem ganz ganz liebe Grüße

Deine Feather
Freiheit ist auch immer die Freiheit des Andersdenkenden.
Rosa Luxemburg
Nightingale
Forumsprofi
Forumsprofi
Beiträge: 409
Registriert: 5. Dezember 2003 17:35

Re: Wiedersehen

Beitrag von Nightingale »

Ebenfalls ein nur kurzes Vorbeihuschen, aber nicht weil Du mir auf die Nerven gehst. Ganz im Gegenteil das Phänomen sich gedanklich viel zu sehr mit Dingen zu beschäftigen, die es viel zu wenig wert sind, kenn ich doch selbst nur zu gut. Wir lassen uns auffressen und Menschen zu nahe an uns ran, die es vielleicht, schaut man später zurück, älter und klüger und bla bla bla, nicht verdient haben. So ist das Leben und so sind wir.

Grund für meine Abwesenheit war eine stressige Woche und das obwohl ich viel zu wenig für die Uni getan, sondern mich grundlos aufgerieben habe; auch erstmal klarkommen musste, dass ich nicht zu Hause sein kann und ein großes Mädchen sein muss. Das tat dann auch viele Fast-Erwachsene-Sachen, wie sich um finanzielle Unterstützung vom dänischen Staat zu kümmern und anzufangen sich eine größere Wohnung anzuleiern (mäßig erfolgreich), das mit Janna geschlagene zwei Stunden durch den Nieselregen dackelte, um für ihren Freund ein Geburtstagsgeschenk zu suchen und dann zwei Tage mit einer Erkältung im Bett lag ganz ohne Muttis Fürsorge. Jetzt ist die Nase zwar immer noch zu, aber die Haare sind geglättet und die Beine rasiert und der Abend mit D. geplant. Ganz wie ein spießiges Pärchen. Das sogar – um dem ganzen den Vogel abzuschießen – am Donnerstag zusammen in die Heimat von D. fährt, an Dir vorbei sozusagen, gaaaaaaaanz in den Süden und da Familienbesuch macht inklusive Kugelbauchpräsentation. Mir wird schlecht, wenn ich nur daran denke.
Aber da muss ich durch, meinen auch mein Bruder und Eileen und D. sowieso. Dass ich sozial inkompatibel bin und mir Smalltalkthemen keinesfalls von der Hand gehen, scheint keinen zu interessieren…

Du siehst, Selbstmitleid geht auch bei mir prima. Mach Dir echt mal keinen Kopf, meine Liebe, Du darfst Dir ein bisschen Psychose gerne erlauben. Nach dem Terror würde es mir kein Deut anders gehen. Besser gesagt: Es geht mir keinen Deut anders. Und ich hab’ noch nicht mal einen Grund. Jetzt kommst Du…

So ich muss mal rüber, ein bisschen Zweisamkeit tanken und hoffen, dass mir D. meine hässliche Fratze wegküsst.

Ich knutsch Dich und hoffe es hilft,
bis ganz bald – nur nicht schleifen lassen hier! –
Nighti.
Nightingale
Forumsprofi
Forumsprofi
Beiträge: 409
Registriert: 5. Dezember 2003 17:35

Re: Wiedersehen

Beitrag von Nightingale »

Die Hot Dogs müssen warten, D. auch. Du bist meine Dame vom Fach und Bright Eyes mit First Day of my Life der musikalische Ersatz für eine Aromatherapie oder Fußreflexzonenmassage oder Traumdeutung oder was auch immer. Eine Couch ist auch nicht da und Du bist verschollen, wahrscheinlich im Stress und da rausziehen kann ich Dich nicht. Auch wenn ich’s gerne würde.

Kurz und schmerzlos, Feather, ganz ohne Einleitung und Palimpalim, sondern right to the core: Gestern eskalierte unser „Pärchenabend“ – jetzt im Rückblick auf uns kann ich mir die Anführungsstriche nicht verkneifen. Gestern noch ging’s ohne, heute nur mit. So ist’s – wir fingen an unsere Beziehung (und hier verkneife ich mir die blöden Striche) zu zerpflücken, es endete in Tränen, seinerseits wohlgemerkt und ganz knapp vorm Schlussstrich. Später noch in verzweifelten Sex, der mich aufrieb und zwar leider im wahrsten Sinne des Wortes. Aber das ist egal, es geht darum, dass ich ihm beichtete, dass ich ihn lieben würde. Ich sprach es nicht direkt aus, kein „Ich liebe Dich.“, aber das brauchte es auch nicht, um trotzdem riesengroß zwischen uns zu stehen. „Ich kann dich lieben.“, meinte er. Wir beide wissen, dass er längst nicht so schnell ist mit seinen Gefühlen und Eingeständnissen. Ich finde das gut einerseits, andererseits, klar, könnte ich heulen. Ich wolle keine Freundin mit Extras sein, ich würde lieber springen, als später fallen… Du kennst das ja, die ganze elende starke Schulter. Ich wollte aus der Tür gehen und ließ mich dann hilflos von seinen Tränen beweinen, die mir von der Wange tropften. Kennst Du das überhaupt? Oder ihr? Heißt es das nicht immer, dass es in einer Beziehung immer den einen gibt, der mehr gibt, mehr liebt, mehr verletzlich ist? Wer bist Du von beiden? Hast Du mehr Glück als ich?

Wobei Glück? Die Monate des Starkseins und des Lockertuns fielen mir gestern von den Schultern und ich, ich konnte ungeliebt sein und schwach und voller Selbstmitleid, während er klammerte, festhielt und am Ende doch nichts ändern konnte an seinen eigenen Gefühlen.
Da spielt noch mehr rein, sein Problem mit meiner Zurückhaltung und meiner gewählten Isolation, meine Angst, ich könne ihn bedrängen, andererseits ist da viel zu viel Nähe, um zu sagen, nun ist Schluss. Schluss ist eh nicht, ganz im Gegenteil im Juli fängts erst an.

Lange Rede, kurzer Sinn, meinst Du, es kann ein Gleichgewicht geben? Und wie bekommt man das hin? Könnten Sie mir ein Rezept verschreiben, Fräulein Erfahrungsreich?

Ich würde da sonst gerne drauf zurückgreifen. Bis dahin warte ich ab, fahre nach Freiburg mit ihm und schaue was wird. Und geh dann vielleicht doch am Ende durch die Tür.

Jetzt aber erst mal durch seine Haustür. Wir bemühen uns schließlich.
Ich drück Dich und ess nen dänischen Hot Dog für Dich mit,
Nighti.
feather
Forumsexperte
Forumsexperte
Beiträge: 548
Registriert: 24. Februar 2004 12:21

Re: Wiedersehen

Beitrag von feather »

Nur ein kurzes Lebenszeichen, meine Liebe. Liebeszeichen habe ich erst geschrieben. Würde auch passen.
Achach, irgendwie hab ich dieses Jahr auch das Gefühl, ich kriege einen nach dem anderen vor den Latz gekoffert, aber ich hab mittlerweile das Stehaufmännchen so verinnerlicht, dass ich wie von selbst einfach weitergehe. In mir, ja da siehts entsprechend saumäßig aus, aber nach außen. Zähne zusammen beißen, auch wenn es weh tut. Nicht, was schreib ich?, NICHT UNTERKRIEGEN LASSEN. Eben schon wieder eine Email - nicht von ihr, da herrscht erfreulicherweise wirklich Funkstille - von jemandem mit einer leicht wütenden Bemerkung in evtl. meine Richtung. Aber egal, ich beweise meine Nehmerqualitäten, wo es geht. Mit einem Ohrwurm von Slut mit Welcome 2 in den Ohren. Ist das psycho? Irgendwie klingt es fast ein wenig so, aber irgendwo muss man sich ja auch mal rauslassen.

Wie gesagt, ich hab kaum Zeit grad, werd jetzt auf jeden Fall zum Sport, auspowern durchdrehen, und dann heute Abend bin ich hier mit Mon und Henni. Ich hoffe, ich schaffe es noch vorbei zu schauen, denn ich weiß, dass Du da bist und wie hart das gestern für Dich gewesen sein muss. Außerdem lasse ich meinen Sorgenstuhl - so der Fachbegriff - verwaisen und das ist alles andere als gut.

Lieben Gruß
und festen Drücker,

Deine Feather
Freiheit ist auch immer die Freiheit des Andersdenkenden.
Rosa Luxemburg
Tamara22
Moderator
Moderator
Beiträge: 1509
Registriert: 5. Oktober 2004 12:57
Wohnort: Frankfurt

Re: Wiedersehen

Beitrag von Tamara22 »

Happy Birthday :geburtstag: liebe feather,
ich hoffe euch beiden geht es gut...liebe Grüße an dieser Stelle!!!
Tami
Change it, love it or leave it.
feather
Forumsexperte
Forumsexperte
Beiträge: 548
Registriert: 24. Februar 2004 12:21

Re: Wiedersehen

Beitrag von feather »

Vielen lieben Dank, Tamara,

es ist derzeit wirklich alles wieder besser, und das, obwohl in etwas mehr als drei Wochen noch mal ein fieses Examen darauf wartet, irgendwie bestanden zu werden. Hört das denn nie auf? Ich hoffe, irgendwann schon... Echt schön, mal wieder hier zu sein. Jytte und ich verirren uns wenn dann auf andere Ebenen. Schön und schade zugleich, denn das hier ist ja immer noch unsere, neudeutsche homebase.

Man glaubt es nicht: Hier scheint grad sogar die Sonne, dabei ist November doch gleich Nieselregen! :-)

Liebe Grüße
Feather
Freiheit ist auch immer die Freiheit des Andersdenkenden.
Rosa Luxemburg
Tamara22
Moderator
Moderator
Beiträge: 1509
Registriert: 5. Oktober 2004 12:57
Wohnort: Frankfurt

Re: Wiedersehen

Beitrag von Tamara22 »

Hi,

wie schön von dir zu lesen. Ja ich dachte mir schon, dass ihr euch anderweitig trefft...das ist schön wenn auch schade, dass wir hier so wenig beehrt werden *fg*.
Freut mich aber dass es dir gut geht. Für das Examen drücke ich alles was geht und wünsche dir Erfolg. Lass es dir gut gehn...schön dass du Sonne doch bedacht hat,
so ist das mit den Geburtstagskindern ;-)

Alles Liebe Tami
Change it, love it or leave it.
feather
Forumsexperte
Forumsexperte
Beiträge: 548
Registriert: 24. Februar 2004 12:21

Re: Wiedersehen

Beitrag von feather »

Das wichtigste zuerst, meine Liebe: Aber sicher doch, mit Sicherheit und ganz hundertprozentig trinke ich Kaffee. Gerne und täglich. Mit den Jahren bin ich süchtig nach Momenten der Entspannung geworden, und wenn der Duft frisch aufgebrühten braunen Goldes in meine Nase aufsteigt, dann stehen die Chancen, dass die Verspannung der Entspannung weicht, recht gut.

Ehe ich weiter schreibe, möchte ich Dich zum Lesen des noch im Werden Begriffenen durch das folgende Liedchen einstimmen.

http://www.youtube.com/watch?v=4NE1fbCvCHI&feature=channel

Hast'es?
Das läuft jetzt auch hier.

Ach Mensch, ich möchte schon so lange antworten, doch nie habe ich das Gefühl, die Antwort könnte gut werden. Auch jetzt nicht. Und das, obwohl ich hier allein und ganz chillig-cool sitze, mit der heute erstandenen wollenen Häkelmütze oder gehäkelten Wollmütze, sie wärmt mir das Häuptchen, aber gibt sie mir auch die Gedanken, die es bräuchte?

Erstmal schönes Licht machen.

Ich habe immer mehr das Gefühl, alle, nein viele, um mich herum werden neurotischer und ziehen mich mit. Mit Sonja ist es nicht mehr auszuhalten. Sie ist sowas von gestrandet, ungerecht, schlägt um sich, ruft die ganze Zeit "ich ich ich", sieh' her, wie schlecht es mir geht, ICH habe nämlich keinen Freund, und DU hast einen, mit MIR muss irgend etwas falsch sein... Und dann behandelt sie mich schlecht und lässt ihre Launen an mir aus und ist rasend eifersüchtig, weil ich mich mit Lea treffe, einem Mädel, obwohl Sonja eh keine Zeit hat. Ich kann nur den Kopf schütteln und langsam habe ich für dieses egozentrische Verhalten auch keine Kraft mehr.

Heute Abend traf ich mich spontan mit der lieben Marit zu einem Spaziergang im Park. Übrigens in dem Park, in dem sie "Schland O Schland" gedreht haben, der (Südpark heißt er) ist ganz in der Nähe meiner Wohnung. Und auch bei Marit um die Ecke. Mit ihr ist es schön, auch wenn ich einige unserer Runden durchs Grüne dadurch vergiftete, dass ich mir den Sonja-Frust von der Seele redete. Ich hab jetzt zwei weitere Wochen nur runtergeschluckt, dabei muss ich ihr Contra geben, ihr Verhalten "spiegeln" wie Jule das nennt, sonst denkt sie noch, ihre Anschuldigungen und kindergärtlichen Prinzessinnenanfälle hätten eine Berechtigung.
Mich kotzt das so an. Schon wieder verliere ich mich in den kranken Gedanken einer anderen und leide dadurch. Als hätte ich aus der Sache mit duweißtschon nichts gelernt.

Grad schrieb Mon aus Südafrika. Ich bin so froh, wenn er wieder da ist. :-)

Ja, jedenfalls, das Schlimme ist, dass ich mich langsam fragen muss ob ich ein Faible für selbst- und michmitzerstörerische Frauen hab'. Also Marit ist definitiv nicht so, sie ist ein Mensch, der das Gute sucht und sich Gutes tut und der - das erfuhr ich eben - ebenso wie ich anstrampelt gegen die negativen Einflüsse von außen. Du kannst Dir nicht vorstellen, WIE sie es schafft, also Sonja, alles ins Negative zu drehen. Du müsstest sie sehen, alles meckert sie schlecht, ihr Leben, ihr Singledasein, ihre Gesundheit (die sie selber auch ausbeutet), ihr Aussehen (dabei sieht sie gut aus), kein Lob ist gut genug, keine Aufmerksamkeit reicht aus, immer geht es nur darum, wer sie NICHT eingeladen hat (wenn sie irgendwo eingeladen ist, zählt das ja nicht), wer nochmal nach ihrem Namen gefragt und ihn also vergessen hat (wie albern), und ach, es ist zu mühsam, das alles wiederzugeben. Wofür auch, es ist wirklich gequirlte Scheiße, und es macht mich, die ich ihr immer gut zurede, langsam auch krank.

Mittlerweile läuft das hier:
http://www.youtube.com/watch?v=Nq7fTA7lVu8
Das ist so süß mit den Kindern.

Nun denn. Mein Morgen heute sah halt auch so aus, dass ich anderthalb Stunden mit einer hysterischen, zwischendurch lauthals wegen Nichtigkeiten heulenden Frau telefonieren musste, das prägt halt for the rest of the day.

Und ich versuche, mich da rauszustrampeln. Freue mich über Marit, über die Lea (wobei ich - eigentlich ohne viel Grund - da schon antizipiere, wo die Kompliziertheiten liegen könnten), über meine alte Freundin von zu Hause, mit der es all die Jahre konstant, wenn auch zwischendurch stressbedingt still war. Die ich aber in all den Jahren nicht so wie Sonja heute mit den Worten "Mit Dir ist es immer schwierig!" anblaffen musste. Einerseits will Sonja hören, was in meinem Leben passiert (wenn sie bemerkt, dass ich etwas auslasse, fühlt sie sich ausgeschlossen und wirft mir vor, ich würde ihr etwas verheimlichen), andererseits, wenn das dann auch gute Sachen sind, tut es ihr weh, und sie kann sich nicht freuen, weil es ihr ja so schrecklich schlecht geht und ihr der Kontrast groß vorkommt. Es - O-Ton - verletzt sie, wenn ich ihr davon erzähle.

Ach, es ist mühsam.
Ich will damit aufhören.
Nur eins noch.
Wie bist Du?
Und das Fragezeichen sieht aus wie ein Angstzeichen.

Nein, meine Liebe, versteh mich nicht falsch, nichts liegt mir ferner als eine Freundschaft zu einer Person ohne (Un-)Tiefe zu haben, so pseudolustige alles-easy-Gesellschaften und ich denke nur bis drei, aber ich ab jetzt definitiv ne deutliche Überdosis Neurosen in meinem Umfeld.
Marit will, dass wir co-counselling machen und ich hätte da wirklich Bock drauf. Schon um meiner selbst willen. Um einfach mal zu entgiften, seelisch, all dieses Geziehe, all dieses sich-im-Zentrum-sehen, einfach loslassen, losschreien, sich reinigen.

Hier läuft übrigens das herrlich neurotische "We get on" von Kate Nash. Siehste, das ist es! Ein Stück weit finde ich das wahrscheinlich schön! Weil dieses Ausleben von Neurosen ja auch beinhaltet, dass man zu seinen Gefühlen steht. Da muss ich mich nicht wundern, wenn ich bei all den emotionalen Bruchlandungen von Splittern getroffen werde. Und zwar von größeren, weil ich so nah dran stehe.

- Soeben habe ich uns ins Wiedersehen verfrachtet -

Ja, das Attraktive der durchgeknallten Verhaltensweisen. Ist es das wirklich?
Aber so ist es doch, wie bei Kate, sie geht mit völlig falschen Vorstellungen
to that party,
everyone is kind of arty
und sie ist sich nicht sicher, ob sie wirklich super aussieht, aber sie wollte ja beeindrucken, und sie läuft bei der Party durch jeden Raum und sucht diesen Typen, den sie seit Wochen heimlich anhimmelt,
and then I saw you
kissin' that girl
my heart
it shattered
and my eyes
they watered [...]

Und dann natürlich die geilen Friends mit ihren "Wha'eva, you'll fin' someone be'a, his eyes a' way to close toge'a, and we never even liked him from the sta't" und es wird immer geiler bis "you'll deserve a real nice guy".

Dann schließt sie sich in der Toilette ein und lässt sich nur hängen, mit Channel five und CSI. In dieser Schwäche liegt so unheimlich viel Stärke. Für mich jedenfalls. Ich mag diese Songs, die "nein" schreien und "ja" meinen, und das vielleicht ganz kurz anmerken.

Ach Nighti, wenn ich Deine Nachricht lese und mir vorstelle, wie Du mit Emma im Garten Grünzeug rupfst, dann kann ich zwar verstehen, was Du mit "abgedroschen glücklich" meinst. Nichtsdestotrotz will ich das ungestört sein. Ich will da nicht immer wieder rausgezogen werden von negativen Energien, Marit hat nen neuen Freund und Madame bricht darüber in Tränen aus, angeblich nicht missgünstig, sondern nur weil das eigene Soloschicksal (das - entschuldige - ja sooo schlimm ist!) dadurch noch deutlicher wird, dieses "abgedroschene Glück", das ich ja nun doch anstrebe, wird kaputt gemacht, schlecht gemacht, ich werde schlecht gemacht, wenn ich mit anderen feiere und als "total besoffen" bezeichnet, okay, ich war betrunken, aber es ist nichts schlimmes passiert außer wilder Tanzerei und Partylachern, aber wenn da jemand dabei sitzt, der in seinem Saft schmort und zwangsnüchtern ist und nichts gönnt, dann will er wahrscheinlich wenigstens Steine zwischen die Beine schmeißen durch abfällige Kommentare.

Aber - um Deine Frage zu beantworten und um nicht (wie bei ihr) falsch rüber zu kommen - natürlich halte ich Dich nicht für schrecklich undankbar! Es ist nicht immer nur die Leidenschaft, die treibt, sondern auch die Sehnsucht. Nach einem woanders, wieanders, wasanders vielleicht auch.
Wobei ich im Unterschied zu Dir nicht so viel zurückdenke. Vielleicht auch, weil es vor dem Hintergrund der Ereignisse mit duweißtschon zu schmerzhaft ist. Schmerzhaft die schönen Zeiten mit ihr, aber auch schmerzhaft, dass ich mich so für sie reingehängt habe, alles versucht habe, um diese kranken Gedanken zu vertreiben, teilweise nach der Arbeit noch fünf Stunden am Stück mit ihr telefoniert habe, damit es ihr besser geht, sie hat das als selbstverständlich hingenommen, nur ich konnte irgendwann nicht mehr. Und als Dank dafür kassiere ich - noch heute, das muss man sich mal reinziehen - diesen Hass, wobei ich ihn mittlerweile gut absorbieren kann.

So auch jetzt.
Also ich denke eher nach vorne, was ich wünsche, will, gestalten kann. Nostalgie gibt es auch, klar, particulary sozusagen, aber ich bin froh, wo ich heute bin, bei M1, wie ich ihn aus nostalgischen Gründen nennen müsste, hier bin ich und hier bleibe ich, ich habe viel ausprobiert, aber das hier will ich wirklich. Meine ich. Und ich will ich meinen, wa?!

Ich musste grad leicht ironisch auflachen, als ich nochmal Deine Frage las, ob ich etwas treibe, von dem Du zehren könntest... völlig berechtigt. Kann man nicht von dem, was ich bislang so verzapft habe, gar wunderbarst zehren?!?! Du siehst, es gibt mal wieder Parallelen bei uns:
1) Auch ich will mich von mich vereinnahmendem Stress frei strampeln.
2) Auch mich nervt meine gedankliche Nörgelei, die von einer gewissen Freundin gesät wurde und nur schlecht Ruhe gibt.

Aber die Tasse Kaffee hätte ich so gern, das kannst Du mir glauben. Um die Uhrzeit lieber Tee, ich muss ja noch schlafen können. Es gab heute Nacht nur fünf Stunden.
In Sachen Reise könnte ich damit aufwarten, dass ich eigentlich zu den Jungs nach Mahón fliegen wollte, die sind da ab morgen zehn Tage, hmpf, ohne mich, Flüge teuer, ich arm. Ende August bin ich zum Tanzen in HH. Aber Flensburg?! In mir kriecht grad eine Mischung aus Glückskribbeln und Angstgefühl hoch, Nighti, dafür bin ich trotz Wollmütze zu uncool. ;-) Dabei würde ich so gern die gute Freundin in Flensburg sein.

Schlaf gut,
meine Liebe.

Und wenn Du noch mal schmunzeln und die liebe Crazyness in Bildern sehen willst: das hier ist herzallerliebst, habs soeben gefunden: http://www.youtube.com/watch?v=nwHYmZWcuKo&feature=related
Freiheit ist auch immer die Freiheit des Andersdenkenden.
Rosa Luxemburg
Nightingale
Forumsprofi
Forumsprofi
Beiträge: 409
Registriert: 5. Dezember 2003 17:35

Re: Wiedersehen

Beitrag von Nightingale »

Bevor es anfängt, das Deutschlandspiel, das Wochenende an der Küste, mein schlechtes Gewissen (weil ich wegen des Deutschlandspiels ein Seminar sausen lasse) und das Brimborium, wenn später alle hier eintrudeln – dank Flachbildfernseher gibt’s hier Auflauf, Menschenauflauf und Grillspektakel – gibt es direkt eine Antwort. Auch wenn es sich, ganz ehrlich, Andrea, ein bisschen ungewohnt schreibt in diesen alten Räumen. Aber ich werde es versuchen, das Wiedersehen muss ja nicht zwangsläufig Vergangenheit sein, nur weil es sich oft für mich so anfühlt.

Vor allem die letzten Tage; während ich versuche diese Seiten in eine andere Form zu bringen und mich durch Beiträge quäle, die ich lieber vergessen würde. Aber es ist richtig und alles hier so groß, dass ich es aufbewahrt wissen will, für mich, für meine Tochter. Und natürlich für Dich. Wenn wir uns später auf einen Kaffee treffen, dasitzen, blättern und Tränen lachen oder weinen, je nach dem, jedenfalls fühlen, wie es damals war.

Ich mach’s mal wie Du, und fange an mit Musik, passend zu Sonja und auch Eileen, oder zu mir, aber immer seltener. Sehnsüchte hin oder her, ich bin dankbar und nicht so verrannt in mein Leid und mein achsoschweres Leben und dieses Gefühl, dass mich keiner liebt, nicht jetzt, nie wieder, und ich hässlich hässlich hässlich bin, das habe ich nicht. Andererseits müssen wir auch sehen, dass diese beiden es auch schwer haben, das Bestätigung durch Andere Lebenselixier ist, wenn einen des Nachts schon nichts anderes wärmt, als das. Und das natürlich die Gewissheit, das Andere – die beste Freundin! – Arme zum Einkuscheln haben, zum Halten, schmerzvoll ist.

Glatt vergessen, das läuft gerade http://www.youtube.com/watch?v=EEyCm6OOkOY&feature=related
Trotzdem hast Du natürlich Recht, dieses ständige Schwarzmalen ist Luxus, denke ich zumindest oft. Vor allem wenn es „nur“ darum geht, den Einen noch nicht gefunden zu haben, oder weil man sich gerade nicht schön genug findet. Eileen hatte das die ganzen Jahre schon, mit 15 erzählte sie mir, wie sie nie lieben könnte, wie sie nie den Richtigen finden könnte – und diese Einstellung stellt Beine. Mit Sonja ist es das Gleiche, denke ich, das Schicksal ist da nachtragend, wenn Glück auch nicht gewollt ist oder in den kleinen Dingen entdeckt werden kann – denn wir hungern nicht, wir haben Freunde und Familie, keiner ist tot oder schwer krank – warum sollte es sich dann bei uns die Schuhe ausziehen und niederlassen. Warum sollte das Leben ja sagen, wenn wir es selbst so selten tun. Ich sage bewusst wir, denn ich weiß, dass sowohl Du und ich uns in Situationen befanden, da wir uns sehnten, da wir auf der dunklen Seite des Lebens rumlungerten und süchtig waren nach Komplimenten und ein „Mann, Du siehst aber fertig aus.“ noch tagelang nachhallte und Beweis dafür war, wie sehr die Welt einen hasste. Und wie verdammt ungerecht alles ist.

Mittlerweile geht es mir besser, ich hatte Auszeiten, war in Hamburg mit den Mädchen aus Davels ehemaligen Semester und fühlte mich angenommen, langsam und von dem ewigen Stempel „Das ist die Freundin von…“ befreit. Es sind wirklich liebe Menschen, alternativ, die bei der Ausstellung, die wir besuchten, schöne, ehrliche Frage stellten und den Künstler überraschten und fröhlich werden ließen. Es ist ungezwungen und so ganz anders, als meine Freundschaften zuvor. Am Wochenende fahren wir mit ihnen und meiner kleinen Familie zu einer Freundin an die Küste, die auch ein Kind hat, eineinhalb, und allein die Tatsache, dass wir als junge Eltern so angenommen werden von ihnen, dass wir uns nicht ausgeschlossen fühlen, sondern dass sich alle so sehr über Emma freuten und das noch immer tun, macht mich glücklich. Ein Kind zu haben und so im Freundeskreis aufgefangen zu werden, mit Verständnis und Neugierde, das ist toll.

Hamburg übrigens war an diesem Sonnentag laut und fremd. Ich fühlte gleich die eisige Einsamkeit von damals und war froh, als ich hier in die Kleinstadt zurückkam, zu meinem Davel, in diese wunderschöne Wohnung (mit blauem Küchentisch und Trink Pfundsmilch! Schildern, eine Umgebung die gemacht scheint für Kaffee oder Tee mit alten Freunden). Die Großstadt und ich, das klappte nicht. Irgendwann will ich es noch einmal probieren, gerne auch Hamburg, aber jetzt bin ich zufrieden wie es ist. Die Überschaubarkeit, das jeden über Ecken kennen kann auch seine guten Seiten haben.

Jetzt läuft hier Regina Spektor mit Us aus dem 100 days of Summer Soundtrack. Kennst Du den? Und was macht M1 in Südafrika? Etwa WM-Fieber? Und sag, findest Du die Vuvuzelas auch so schlimm? Ich nämlich nicht. Schlimm finde ich: die wenigen Tore, Spanien und Frankreich, den dicklichen Kahn, die Tante vom ZDF mit ihrem „innerem Reichsparteitag“. Aber regt sich darüber einer auf? Nein.

Von Eileen höre ich nichts, und das obgleich ich mich durchgerungen habe, ihr zu schreiben. Es ist so schwer und ich bin ganz neidisch, wenn Du erzählt, dass es mit Deiner alten Freundin trotz verschiedener Leben konstant bleibt. Konstanten fehlen gänzlich, es sei denn, wir reden hier über Streit und giftige Spielchen, dann ja, das blieb all die Jahre. „Jetzt mit Kind, das wär nichts für mich.“, sagt sie, wenn sie sieht, wie ich den Alltag mit Kind bestreite: „Dafür bin ich zu egoistisch.“ Ich fühle mich angegriffen und zu Recht: Es ist ja so, dass es für mich die einzige mögliche Entscheidung war. Es heißt nicht, dass ich mein Jungsein verneine, den ganzen ach so tollen Spaß verpasse. Es ist auch nichts, aus dem ich so einfach wieder aussteigen kann, nach dem Motto: „Da haste Recht, Eileen. Ich schmeiß das jetzt auch lieber hin und geh mit Dir Party machen.“ Weil das ja auch das Rezept für den Seelenfrieden schlechthin ist, wie wir wissen.

Mittlerweile hat Deutschland verloren; wohl doch nicht weggetrötet. Da war nicht zuletzt der gute Wille des Schiris zu groß. Aber egal, ich sitze auf Emmas Schafpelz und sie schlummert langsam ein. Noch dürfen wir nicht aus dem Zimmer gehen, sondern müssen dabei sitzen, aber ich genieße die Zeit, komme nebenbei endlich mal wieder zum Lesen oder wie jetzt zum Schreiben. Die andern lärmen schon, aber noch muss ich nicht hin.

Wir beide haben es schon gut, findest Du nicht? Wir haben keinen Grund uns zu beschweren, außer den, dass es manchmal einfach Not tut, damit man zum Ausgangspunkt zurückfindet, der da ist: Wir haben keinen Grund uns zu beschweren. Außer vielleicht über diejenigen, die uns das missgönnen. Wobei wir diejenigen wohl überhören sollten. Abregen, statt aufregen, Durchzug.

Lieber woanders hinhören: Hier hin zum Beispiel: http://www.youtube.com/watch?v=ZKUzNF21n9w The Captain and the Hourglass ist mein Liebstes von ihr. Und zwar schlichtweg, weil die Melodie so schön ist.

Alles Liebe,
Nighti.
feather
Forumsexperte
Forumsexperte
Beiträge: 548
Registriert: 24. Februar 2004 12:21

Re: Wiedersehen

Beitrag von feather »

Meine Liebe,

seit ein paar Tagen denke ich immer wieder an dieses Forum, unsere Zeit, schleiche hier herum und habe wieder ein wenig gestöbert. Wie in einem alten Foto-Album. Manche Seiten sind vielleicht vergilbt oder eingerissen, auf anderen leuchten die Farben, einige Bilder sind verschwommen, andere gestochen scharf und voll klarer Emotionen. Diese Idee von dem Buch ist wirklich sehr schön, Nighti. Festhalten, was mal war und eigentlich immer noch ist. Denn die eigene Vergangenheit, die Gefühle, Freudensprünge und auch Narben wird man ja nie los, vielleicht will man (ich) es auch gar nicht. Sie gehören zur Person, machen sie aus, sie sind letztlich ja das Leben.

Aber so schwülstig will ich jetzt gar nicht daher kommen. Lieber will ich Dir schreiben, wie baff ich war. Haben wir uns wirklich fünf Jahre lang (!) geschrieben? Wahnsinn. Was für eine lange Zeit. Und wie lang es schon her ist. Echt zu schade, dass wir uns noch nie auf einen Kaffee getroffen haben. Trotzdem glaube ich, Dich gut zu kennen, immer noch. Trotz der Jahre, die zwischen unserer intensiven, aber rein virtuellen Begegnung liegen. Trotz der Tatsache, dass Du Dich verändert haben wirst. Dass ich mich verändert habe. Obwohl… manchmal zweifle ich daran. Ich habe zwar große Schritte in Richtung "endgültig erwachsen werden" getan, ein geregeltes Arbeitsleben, seit ein paar Monaten eine neue, große, schöne "erwachsene" Wohnung (sanierter Altbau, alles, was ich früher schön fand und mir nicht leisten konnte), eine Beziehung, die mittlerweile auf sehr festem Fundament steht, aber zwischendurch immer noch leichtere Erschütterungen erfährt (allerdings kann ich dann, wie heute Morgen noch, duschtropfnass zu ihm kriechen, mich aufwärmen und spüren, dass doch eigentlich alles gut ist). Aber trotzdem ist da nach wie vor noch zwischenzeitliches Fernweh, Ausbrechweh, Nichtmehrdenkenwollen-Unbeschwertseinwollenweh. Weg von allem. Tanzen und in der Musik ganz bei sich sein. Bis fünf Uhr oder kürzer. Aber nicht mehr so oft wie früher, die Abstände werden kleiner und auch wenn der Zauber der Nacht noch lockt, so weiß ich doch erholsamen Schlaf sehr zu schätzen. Obwohl, das war früher doch auch schon so, hm?

Warum ich mich ausgerechnet jetzt wieder melde? Hm, das mit uns ist mir wieder eingefallen, und zwar nicht so wie normalerweise, dass ich irgendwo - im Zug, am Fenster, im Café - sitze und denke, was macht sie wohl, dass ich auf mein Handy schaue und überlege, ist das wohl noch ihre Nummer? Ist sie noch - was heißt überhaupt "noch"? - glücklich in ihrer kleinen Familie. Was macht Emma, wie geht es diesem zauberhaften Mädchen, das ich von so vielen schönen Fotos kenne? Wird sie wie ihre Mutter? Oder ist sie es schon? Also nicht nur so sensibel, zärtlich, da lebt ein Mensch an einem anderen Ort in Deutschland, der mir mal so unglaublich nah war, bist Du mir wieder eingefallen, sondern so richtig, mit voller Wucht. Plötzlich war es wieder da, das Gefühl für das Forum und seine Bedeutung, nein Quatsch, für Dich, Deine Gedanken und Worte für mich, die mir so sehr halfen, den Alltag und all seine Querelen zu überstehen, das Gefühl für Deine Sätze, die ich vorwärts und rückwärts gelesen habe. Und auch für dieses, also mein eigenes, Schreiben, das schon fast ein therapeutisches war. Und das ich nicht zuletzt deshalb so genoss, weil es mir half, trotz all des juristischen Beamtendeutschs um mich herum den Sinn für die Schönheit des Wortes und der Sätze nicht zu verlieren, das mich mich an den Traum vom Journalismus klammern ließ, den ich übrigens trotz meines Berufs nicht ausgeträumt habe. Irgendwann, wenn ich endlich mal alles hinter einander habe, möchte ich schreiben. Und zwar nah. Nah an den Dingen dran, vor allem an den Dingen hinter den Dingen, Gefühle und Zwischentöne erspüren, in Worte kleiden und auf denjenigen übertragen, der die Worte liest. Aber ich schweife ab, "lo siento", wie ich mittlerweile sagen kann. Das ist auch etwas, mit dem ich mein hungriges Herz in den vergangenen Jahren gestillt hab, Spanisch und die emotionale Welt, in die man mit dem Erlernen der Sprache in Barcelona eintaucht, wenn man nur die richtigen Leute trifft. Für mich waren es jedenfalls die richtigen, sie sind mir immer noch lieb und teuer, und ich wünsche so sehr, dass ich im September für eine lange Zeit dort hin kann. Bzw. ich mache es einfach.

Aber ich schweife tatsächlich ab. Ich wollte Dir ja schreiben, warum es ausgerechnet jetzt zu meinem Überfall auf Dich kommt, beinahe drei Jahre ist es her, und ich versuche jetzt erst Mal, ob dieser youtube-Link, den Du mir da zuletzt vermacht hast, noch funktioniert.

Nein. Gesperrt. Wir müssen uns aktualisieren, meine Liebe! Kurz sende ich dir meine letzten beiden Lieblingstanzlieder, das erste habe ich sogar bei einem Konzert erlebt.
1. http://www.youtube.com/watch?v=G5ZhBAylbN4
Gab mir doch recht viel, als ich mich da zwischen all diesen zuckenden Körpern auf einer Indie-Party wieder fand und einfach sooo zu Hause fühlte. Ich kannte sogar noch Bekannte. Und es war alles so wie immer, gemeinsames Abspacken, obwohl man sich lang - sehr lang! - nicht gesehen hat. Und die Zeilen tragen auch etwas Wahrheit in sich.
2. https://soundcloud.com/#le-periscope/shout-out-louds-fall-hard
Etwas versöhnlicher, und einfach schön. Ein Beweis dafür, dass ich trotz der vielen Änderungen, oder besser, Erweiterungen, die Gleiche geblieben bin. Hoffentlich langweilt Dich das nicht.

So, zurück zum mittlerweile drei-vier-fünf Mal angekündigten Thema: Warum schreibe ich eigentlich jetzt? Die Frage müsste lauten, warum habe ich nicht vorher geschrieben, aber enttäuschenderweise weiß ich darauf keine Antwort. Das Leben konfiguriert sich um, plötzlich werden so viele tatsächliche Dinge so wichtig, müssen bewältigt werden und am Ende ist man zu müde zur Reflektion oder irgendwas. Wobei das auch nicht ganz richtig ist, aber manchmal muss man einen Pfad erst wieder eintrampeln, hm? Naja, und die positiv-Erklärung, nun, dafür nutze ich jetzt mal wieder einen Move von früher, das ist mir grad ein wenig zu heikel, deshalb sachte im PN-Bereich. Oder E-Mail. Oder facebook. Je nach dem, was bei Dir so funktioniert. ;-)

(Bitte Privattext jetzt lesen)

Da bin ich wieder
Nun denn, jetzt kennst Du wieder ein bisschen aktuelleres Seelenleben von mir. Na, was ich noch sagen wollte, ist, dass auch mir der Raum ein wenig fremd vorkommt. Wenig warm, der Putz blättert von den Wänden, die Sofakissen sind kalt, hier ist lange niemand mehr gewesen. Aber mir geht es gut, denn die Geschichte, die ich Dir gerade im Privaten geschickt habe, hat mich wieder fühlen lassen, wie sehr ich dieses Ventil eigentlich brauche und immer brauchen werde. Wie schlecht ich bin, im Verbeißen von Gefühlen. Gestern saß ich allein und traurig zu Hause in dieser schönen, aber unfertigen Wohnung mit den hohen Decken und blickte ins Graue, unfähig zu mir durchzudringen und die Einsamkeit zu genießen. Mit Dir, da kann ich das. Da kann ich mich auch ein bisschen selbstheilen, oder eben mit Dir zusammen. Ja, mit Dir, was ist überhaupt mit Dir? Wie schmeckt Dein Leben, wonach ruft Dein Herz? Ist die Sache mit Eileen von oben ausgestanden? Das Alia-Thema habe ich verwunden, es ist fast verschwunden, ich habe aber sehr lange gebraucht. Und Sonja pendelt leider immer noch zwischen unglücklich verliebt und unglücklich allein. Sie hat Fortschritte gemacht, wir haben uns sehr angenähert, aber in Sachen erfüllte Liebe ist für sie immer noch alles schwierig. Sie macht mittlerweile eine Therapie.

Wie war das, wenn man sich lange nicht gesprochen hat, soll man die erste Kontaktaufnahme nicht überfrachten?! Na, hat ja mal toll geklappt.

Ich drück' Dich meine Liebe.
Pass auf Dich auf.

Feather
Freiheit ist auch immer die Freiheit des Andersdenkenden.
Rosa Luxemburg
Antworten