Und nun bin auch ich Scheidungskind ...

Allgemeines Scheidungskinder Forum - Dies ist eine virtuelle Selbsthilfegruppe für Kinder und Eltern in allen Fragen rund um Trennung und deren Folgen.
FrauOilily
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Und nun bin auch ich Scheidungskind ...

Beitrag von FrauOilily »

Hallo,

ich bin durch Zufall auf eure Seite gestoßen. Ich möchte euch meine Geschichte erzählen, in der Hoffung vielleicht hier welche zu treffen, denen es genauso geht.

Meine Eltern waren 30 Jahre verheiratet, haben 4 wunderbare Kinder groß gezogen (wir sind alle zwischen 20 und 28), zwei Häuser gebaut und sind immer gerne in den Urlaub gefahren. In den letzten 3 Jahren sind wir alle langsam hintereinander ausgezogen aus dem behüteten Nest, manchmal auch wieder rein in "Hotel-Mama". Ja, manche Leute fanden uns sogar als Bilderbuchfamilie. Wenn wir alle zusammen waren hatten wir immer unseren Spaß, haben viel gelacht.

Bis eines Tages die Bombe geplatzt ist. Wir sind gerade aus unserem spontanen Urlaub aus Italien zurück gekommen. Einer meiner Brüder und ich sind sogar mal ausnahmweise mitgefahren, Urlaub mit Eltern ist ja schließlich nicht das übelste. Hatten sogar eine schöne Woche. Schickes Haus am Meer, abends lustige Spielchen gespielt und Wein getrunken.
Wir Geschwister haben uns alle gemütlich zum Grillen am See verabredet, bis eine gute Freundin von meiner Mutter auf meinem Handy angerufen hat und mir sagte, dass bitte einer von uns unbedingt nach Hause fahren soll. Es wäre was schreckliches passiert "Unser Vater zieht aus!" *schock* So blaß war ich wohl das letzte mal am Telefon, als mir meine Tante gesagt hat, dass meine Oma gerade plötzlich gestorben ist. Ich bin damals nur noch weinend zum Auto gelaufen und bin mit meinem älteren Bruder die 70km zu unserem Elternhaus gefahren. Es war richtige Stille, als ob jemand gestorben wäre. Es war alles so unreal, nicht natürlich, alles nur ein schlechter Scherz!
Zuhause angekommen war alles nur still, die einzige die laut und schluchzenz geweint hat war ich. Die nächsten 2 Nächte kein Auge zu bekommen, fix und fertig mit der Welt und immer wieder die Frage "Warum?" Wieso, hat mein Vater schon seit 1 Jahr eine Freundin? Bedeuten wir ihm nichts? Wieso fährt er mit uns in den Urlaub? Denkt er nur an sich? Sind ihm die Konzequenzen überhaupt bewusst? Weiß er was auch seinen Kindern damit antut? Wo war er, wenn er nicht zuhause war, wirklich in der Arbeit? Alles verarsche? Warum ist er nicht zur Ehetherapie? 30 Ehejahre einfach so weg? Und immer wieder der Gedanke, hoffentlich ist das alles nur ein böser Traum und man wacht jeden Moment wieder auf und alles ist gut. So wie früher, wo wir im Sommer im Garten saßen und unser kühles Bierchen getrunken haben. Oder zusammen zum Baseballspielen auf den Bolzplatz. Familienausflüge an Badeseen. Damals, wo alles noch gut war. Ja, die heile Welt, wir sind doch schließlich die Bilderbuchfamilie!

Nächste Woche zieht meine Mutter aus unserem Haus aus. Nachdem sie unseren Vater aus dem Haus geschmissen hat (da er ja mit seiner Freundin schon längst eine Wohnung angemietet hat!), kann sie sich das nicht mehr leisten. Wir Kinder verlieren unser Zuhause, unser Garten wo mein 1. Hund beerdigt ist und so viel Kindheit drin steckt. Das Vertraute ist einfach weg, von heute auf morgen. Und man kann nichts machen, nur zusehen.

Inzwischen ist die Trennung ein gutes halbes Jahr vorbei. Die Wut, Trauer, Enttäuschung, Leere...ja, die ist immer noch so da wie am ersten Tag. Sie will einfach nicht weg. Ich weiß, dass unser Vater sich die Trennung einfacherer vorgestellt hat. Zumindest bei uns Kindern, da hat er wohl nicht mit so viel Trauer (und wirklich allem drum und dran!) nicht gerechnet. Wir sind ja schließlich schon "groß", leben unser eigenes Leben. Aber wir sind schließlich doch nur Kinder, die verletzt worden sind.

Die Treffen mit meinem Vater sind immer sehr emotional. Noch nie hatten wir ein Treffen, wo wir uns nicht weinend in den Armen lagen und uns einfach nur gedrückt haben. Immer wieder sagt er "Ich kann doch nicht zurückkommen nachdem was ich euch angetan habe" Jedes mal dasselbe, am Anfang hatte ich sogar noch Hoffnung in diese Aussagen gelegt! Da er doch gemerkt hat, wie sehr wir ihm fehlen und auch meine Mutter. Doch meine Mutter ist eine sehr starke Frau. Viele Leute bewundern sie, wie stark und tapfer sie doch in dieser Situation ist. Könnte ich das doch auch nur von mir behaupten!
Jetzt versuche ich doch noch ein paar Stunden zu schlafen, vielleicht klappt es ja.

Gute Nacht
euer neues Scheidungskind Oilily
Ninja

Re: Und nun bin auch ich Scheidungskind ...

Beitrag von Ninja »

Hallo Oilily, :umarmen:

ich weiß gar nicht so genau wo ich anfangen soll....
Ich finde es war gemein von eurem Vater so zu agieren... Warum hat er nicht mit offenen Karten gespielt, anstatt heiler Familie? So tut es doch noch mehr weh als eh schon oder? Ich nehm an, deine Mama wußte von nichts?

Ich weiß nicht so ganz wie alt du jetzt bist, ich bin jetzt 27 Jahre alt und meine Eltern haben sich vor 8 Jahren getrennt. Ich hab ganz anders reagiert als du. Ich hab geschwiegen, es hingenommen,nichts und niemanden an mich rangelassen.Alle haben sich gewundert, warum ich so ruhig bin,so emotionslos. Ich weiß es selbst nicht. Selbstschutz vielleicht. Allerdings war das nicht gut.
Denn nach einiger Zeit hab ich gemerkt, das mich das kaputt mach, auffrisst. Dank dem Zuspruch von Gerda (egal was ist, das werd ich dir nie vergessen, Gerda!) hab ich es geschafft in Psychotherapie zu gehen. 2 Jahre lang war ich dort, danach ging es mir endlich gut.... Ich konnte damit umgehen.
Leider hab ich keinen guten bis gar keinen Kontakt zu meinem Vater. Ich seh ihn 2x im Jahr (Geburtstagvon mir und Weihnachten) dann läßt er ne ordentliche Menge Geld rüberwachsen, kauft sich frei und das wars. Jetzt hab ich gelernt damit zu leben...
Vielleicht wäre so ne Therapie auch was für dich und deine Geschwister?

Ist dein Vater denn glücklich in seiner neuen Beziehung?

VieleGrüße,Ninja
franzi86
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Re: Und nun bin auch ich Scheidungskind ...

Beitrag von franzi86 »

Hi,

also, meine Eltern haben sich auch scheiden lassen. Bei uns war es aber vorauszusehen. Keine Bilderbuchfamilie. Vielleicht habe ich deshalb eine etwas andere Blickrichtung.

Wenn man jemanden nicht mehr liebt und mit ihm zusammenlebt, ist das schwer. Vor allem wird man unglücklich. Mein Vater wurde sehr unglücklich. Er hat immer gelächelt und dieses Lächeln war zuletzt unecht.
Dass dein Vater vorher ne Freundin hatte, ähnelt meiner Situation. Mein Vater hatte seine Neue bei uns auch schon ein halbes Jahr. Aber die Ehe meiner Eltern war ja auch schon Jahre lang kaputt. Daher kam wenig Vorwurf auf.
Liebe kann man nicht herhexen. Wenn sie weg ist, ist sie zwar wiederherstellbar in manchen Fällen, aber manchmal stellt man auch fest, dass man mit dem besten Freund zusammengelebt hat, ihn geliebt hat, aber...er eben doch nur ein Freund ist.

Die Ehe auf ewig gibt es meiner Meinung nach nicht. Dass dein Vater eine andere Frau plötzlich attraktiver findet oder anziehender, keine Ahnung, ist wohl einfach Sache der Natur. Nicht mal in der Natur gibt es Ehen auf ewig. Es heißt immer nur so.

Es tut weh. Dass das Haus weg ist, ist gut gesagt scheiße. Mein Vater hat unseres total umgebaut. Ich erkenne es nicht wieder. Mein zuhause ist es nicht mehr. Es geht viel verloren. So ist es wohl.

Dein Vater wollte deine Mutter vielleicht nicht länger anlügen. Er liebt sie, liebte aber auch eine andere. Aber Unehrlichkeit in der Liebe ist noch schlimmer. Dass es mehr wehtut, als man vorher denkt, ist schlimm, aber die Zeit heilt wohl so manches. Dinge lagern sich ab. Ich weiß nicht wann, aber irgendwann werden sie vielleicht weniger wehtun.

Wichtig ist: Dein Vater liebt dich. Die Ehe deiner Eltern war wahr und ist in dem Moment zerbrochen, in dem einer sich nicht mehr über die Liebe zum anderen klar war. Dein Vater liebt deine Mutter sicher noch. Aber nicht mehr so wie er denkt, dass sie es verdient hat. Er wünscht ihr sicher alles Gute.

Glaub mir, du willst nicht Eltern haben, die sich langsam beginnen zu hassen. Das ist ein Schritt weiter, der wäre dann gekommen.
Es ist hart, aber...manchmal muss man Verständnis zeigen und anderen viel Glück wünschen im Leben, auch wenn man selbst über die Entwicklung nicht glücklich ist.

Ich bin glücklich, wenn meine Eltern glücklich sind. Vielleicht dauert es noch. Aber ich wünsche ihnen wahre Liebe und keine gespielte, die sie kaputt macht und uns nur Fassaden zeigt, die wir nicht sehen wollen. Liebe kann wehtun und sie hält nicht immer das ganze Leben.

Shit happens, ich hoffe das hilft dir etwas,

franzi

P.S.: Sei ihm nicht böse. Er wollte euch nicht wehtun. Das weißt du, aber er konnte nicht länger so tun, als ob alles schön wäre. Verständnis ist sehr wichtig. Dinge sind nicht wie im Bilderbuch. Das Leben ist nicht fair. Ist einfach so.
FrauOilily
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Re: Und nun bin auch ich Scheidungskind ...

Beitrag von FrauOilily »

Danke für eure lieben Antworten.

Also mit der Freundin von meinem Vater möchte ich absolut nichts zu tun haben. Ich möchte auch nicht, dass sie irgendetwas über mich weiß. Ich habe das Versprechen von meinem Vater, das er ihr nichts erzählt. Sie darf auch nicht in meinem Auto mitfahren, wenn mein Vater es sich ausleiht. Ich möche auch nicht wissen wie sie heißt, was sie macht und wie sie aussieht. Sie darf meinem Vater nicht vor meiner Haustür absetzen oder abholen, ich möchte auch nicht das sie weiß wo ich wohne. Soweit bin ich einfach nicht. Mein Vater hatte schließlich lange Zeit sich darauf einzustellen, bei uns kam es von heute auf morgen.

Für meinen Vater empfinde ich keinen Hass, eher Mitleid dass er so feige war und sich nicht getraut hat uns etwas zu sagen. Er war noch nie wirklich der Typ, der sich durchsetzen konnte. Zuhause haben halt bei uns die Frauen die Hosen an, wir sagen was wir denken und fühlen. Und unbewusst Bestimmen wir wahrscheinlich auch das meiste. Ich habe Angst, dass die neue Frau das bei ihm ausnutzt! Er ist nach dem Rauschschmiss von meiner Mutter (1 Tag nach der Bekanntgabe) sofort zu der Freundin gezogen. Was ich persönlich gar nicht für gut befinde. Ich hätte es persönlich einfacherer und schöner gefunden, wenn er sich eine einfache 1Zimmerwohnung besorgt hätte, anstatt in das Bett einer anderen zu hüpfen. Schon allein aus Respekt zur Familie! Ob er jetzt wirklich glücklicher ist? Nein nicht wirklich, er erzählt immer noch jedem wie schlecht es ihm geht. Aber warum? Er hat doch jetzt was er möchte, eine neue Frau! Was will er denn noch? Das wir uns für ihn freuen?

Meine Mutter ist eine tolle Frau. Ihre wirklich größte Angst ist, dass sie alleine alt wird. Niemanden im Alter hat, niemanden der mit ihr in den Urlaub fährt, niemanden der mit ihr in ein neues Jahr reinfeiert und niemanden der sie in der Nacht festhält, wenn sie schlecht geträumt hat. Zum Glück hat sie noch uns Kinder, der Rest ihrer Familie ist inzwischen schon verstorben. Ich glaube gerade ihr große Schwester hätte sie jetzt gerne an ihrer Seite.

Es ist einfach eine völlig neue Situation. Ich habe auch keine Freunde mit denen ich mich darüber austauschen könnte. Bisher bin ich noch nie auf Scheidungskinder gestoßen! Ich kenne niemanden der sich scheiden lässt. Prima, das meine Eltern die ersten sind!

LG eure Oilily

PS: bin übrigens 23 ;-)
FrauOilily
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Re: Und nun bin auch ich Scheidungskind ...

Beitrag von FrauOilily »

Naja, wie schon gesagt. Ich möchte diese Frau wirklich nicht kennenlernen. Auch wenn es für meinen Vater scheiße ist, aber da ist er nunmal wirklich selber schuld dran. Ein wenig weiß ich ja leider über sie. Sie selber hatte wohl starke Eheprobleme und hat sich wohl total in meinen Vater verliebt und sich an ihn rangemacht. Ich weiß ja nicht wie diese Frau erzogen worden ist, aber ich würde mich nie an einem Mann "ranmachen" wenn ich seine Frau kenne und weiß das er verheiratet ist. Tut mir leid, das gehört sich nunmal nicht. Für mich ist sie nun mal eine Zerstörerin ohne Rücksicht. Hat ja schließlich auch ihre Kinder einfach bei ihrem Mann gelassen.

Es ist die Entscheidung meines Vaters, daher muss er auch mit den Konsequenzen leben müssen. Er hat sich nach dem Auszug nur bei einem (!!!) von uns gemeldet! 3 von 4 Kindern hatten wochenlang keinen Kontakt zu ihm, weil er Angst hatte. Angst vor der Wahrheit, Angst vor der Trauer und Wut vor uns. Schließlich sind auch wir Opfer seines Midlife Crisis geworden.
MarliJo

Re: Und nun bin auch ich Scheidungskind ...

Beitrag von MarliJo »

Hallo Oilily,

herzlich willkommen in diesem Forum !

Dass dich das Verhalten deines Vaters sehr verletzt kann ich gut verstehen.
Magst du schreiben, was deine Mutter darüber denkt und was sie dir gegenüber davon erzählt hat, wie sie das Verhalten deines Vaters erlebt ?
Es fiele mir dann glaube ich leichter, auf deine Gedanken einzugehen.

Liebe Grüße
MarliJo
FrauOilily
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Re: Und nun bin auch ich Scheidungskind ...

Beitrag von FrauOilily »

Hallo MarliJo,

meine Mutter hat wohl ein sehr "gesundes" Verhalten (wenn ich hier mal so lese wie sich manche Eltern zoffen) Sie möchte nicht, dass einer von uns Kindern der Kontaktmann ist. Sie möchte, dass sich unser Vater bei jedem von uns sich meldet und fragt wie es uns geht. Inzwischen hat er es auch verstanden, dass es scheiße von ihm war sich bei drei Kinder nicht zu melden. Und er weiß auch, dass er es nicht gut machen kann, gerade in dieser schwierigen Zeit nicht für uns da gewesen zu sein. Gerade um so viele Fragen zu beantworten.
Sie sagt auch, dass wir ja unseren Vater nicht verloren haben. Er wird schließlich immer unser Vater und für uns da sein. Sie selber allerdings leidet sehr darunter, dass er vereinbarte Termine nicht wahr nimmt. Wenn er sagt er ruft Montag an und er ruft erst am Samstag an, trifft sie das schwer. Wenn er vor hat am Sonntag bei ihr vorbei zukommen und dann ihr am Montag sagt, dass er Mittwoch kommt. Ich merke allerdings als Kind auch, dass die Trennung meinen Eltern sehr sehr schwer fällt. Es spielen da sehr viele Emotionen und Gefühle mit. Wenn sie sich treffen stehen beide tagelang neben sich und müssen die Treffen noch verarbeiten. Und genau dieses Gefühl springt irgendwie auch auf uns Kinder über. Ich telefoniere eigentlich schon fast täglich mit beiden, wobei die Telefonate mit meinem Vater sehr viel kürzer ausfallen als mit meiner Mutter. Sie ist halt diejenige, die sich auch sehr viele Sorgen um das Wohl ihrer Kinder macht.
Es ist alles durchaus nicht wirklich einfach.

LG Oilily
MarliJo

Re: Und nun bin auch ich Scheidungskind ...

Beitrag von MarliJo »

Hallo Oilily !

Ja, das finde ich auch sehr "gesund" von deiner Mutter, dass sie euch nicht als Kontaktpersonen mißbrauchen möchte.
Und ja, es ist auch keine Frage, dass es euer Vater einen Fehler gemacht hat, indem er euch mit euren Gedanken und eurem Schmerz weitgehend allein gelassen hat. Es klingt vielleicht komisch, aber,...selbst Fehlverhalten hat seinen Grund - und das es nicht richtig war, merkt man oftmals eben erst hinterher.
Versteh mich nicht falsch, ich möchte das Verhalten deines Vaters nicht beschönigen und ich kann nachvollziehen, dass es dich sehr verletzt.
Was ich aus deinen Posts herauslese, ist, dass du sehr Position für deine Mutter beziehst und ich habe mich gefragt, warum du das so deutlich tust. Wenn ich mit meinen Vermutungen daneben liege, dann werte sie bitte auch so.
Mein Eindruck ist, dass deine Mutter sich nun als Verlassene darstellt und bei dir um Mitgefühl wirbt. Letzteres braucht sie sicher auch und ich verstehe, dass sie ein Ventil braucht - aber nicht von und bei euch Kindern. Sie ist eine Erwachsene Frau und sollte nicht erwarten, dass ihr ihr über den Trennungsschmerz hinweghelft. Diesen Trennungsschmerz und die Wut gegenüber deinem Vater zu verarbeiten, liegt nicht in deiner Verantwortung, sondern bei ihr selbst. So wie es bei mir ankommt, "überträgt" deine Mutter ihre schlechten Gefühle deinem Vater gegenüber auf euch, indem sie z.B. erzählt, wie unzuverlässig er ist. Ich glaube, das sie damit unbewusst eine Abneigung eurem Vater gegenüber verstärkt.
Verständlich, dass du dir dann Sorgen um deine Mama machst, denn sie ist ja wirklich die Ohnmächtige, weil ihr Mann die Initiative ergriffen hat und gegangen ist.
Aber das ist Erwachsenen/Beziehungsebene.
Wie deine Mutter sagt. Euer Vater bleibt er immer - mit Fehlern und vermeintlichen Schwächen und auch Stärken.
Ich finde, das solltest du selbst beurteilen, nicht deine Mutter.

Weisst du, ich bin Papa und meine Ex-Lg ist nach einer langen Beziehung gegangen, und dann war da auch ein neuer Partner. Die Situationen sind nicht ganz vergleichbar, aber ich kann deshalb verstehen, dass du eine große Abneignung gegenüber der neuen Partnerin deines Vaters verspürst.
Wenn es sich für dich (im Moment) besser anfühlt, dass du dich in dieser Beziehung abgrenzt, dann ist das auch richtig so.
Vielleicht magst du dabei auch überlegen, wie sehr deine Mutter dazu beiträgt, indem sie sich abwertend äußert ?
Und kann es nicht auch so kommen, das die Abgrenzung, das Vater- Tochter- Verhältnis sehr belastet und damit die Chancen geringer werden, sich wieder aufeinander zu zu bewegen ?
Nein, natürlch nicht ,.. nicht DU bist dafür verantwortlich, dass dein Vater und du zu einem guten Verhältniss kommt, sondern in erster Linie er - aber auch deine Mama.
All das braucht sicher seine Zeit.

Schau mal, wo dein Platz ist und was DU kannst und dir wünschst.
Liebe Grüße
MarliJo
meerwind7
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Verlust des Familienheims

Beitrag von meerwind7 »

Ich war ca. 24 jährig bei der Schiedung meiner Eltern, fand es die richtige Lösung für beide. Obwohl kein neuer Partner/in in Sicht war.

Meine Schwester war 14, sie sagt, sie habe darunter gelitten, aber wenn man nachbohrt, scheint es, dass sie
1. am meisten ihr eigener Auszug aus dem Familienhaus in eine Wohnung belastet hat;
2. weniger die relative Trennung von Vater;
3. sie am allerwenigsten die Trennung der Eltern und der Verlust des täglichen "Familienzusammenhalts" betrauert hat.

Bei euren Erzählungen frage ich mich, ob nicht eins oder zwei der Kinder das als "Heimat" empfunde Familienhaus übernehmen und bewohnen wollen. Man nennt so etwas zwar Elternhaus, aber es haben ja nicht nur die Eltern dort gewohnt. Eure Bindung an dieses Haus, in dem ihr aufgewachsen seid, ist ja vermutlich sogar größer als die Bindung der Mutter oder des Vaters, die nur einen Teil des Lebens dort verbracht hatten. Der Vater wurde herausgeworfen, die Mutter zieht auch aus ... aber was ist mit euch selber ?

Der/die bleibende bzw. zurückkehrende könnte vielleicht sogar die Rolle des "pater familia" übernehmen, und z.B. an Weihnachten die Herkunftsfamilie wieder zusammenführen (aber: Das geht nur gut, wenn beide Eltern nebst neuen Partnern eingeladen werden ! Wie lang sie dann bleiben, ist wieder eine andere Frage ...)

Noch netter wäre es, wenn ihr den Vater (jedenfalls zeitweilig, wenn er nicht bei der Freundin ist) aufnehmen wolltet - schon, damit er nicht schon wieder in eine Abhängigkeit von einer Frau kommt.

Offen gesagt, meine Sympathie ist bei dem Vater, Du deutest ja selbst an, dass er jahrelang von Deiner Mutter unterdrückt worden ist. Die Freundin war jetzt wohl nur der Anstoß, den er gebraucht hat, um sich aus seiner traurigen Situation zu befreien. Vielleicht hat er jahrelang den Kindern zu Liebe ausgeharrt ... jetzt, wo ihr erwachsen seid, müßt ihr ihm auch sein eigenes Leben gönnen.
Die Ablehnung der "Stiefmutter" finde ich albern, ich kenne sie allerdings auch von meinen Geschwistern. Vielleicht wäre das wirklich entspannter, wenn eins der Kinder das Haus übernimmt, und dann auch nicht vielleicht nich die Vermutung entsteht, die "Neue" wolle das Familienerbe für sich beanspruchen.
FrauOilily
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Re: Und nun bin auch ich Scheidungskind ...

Beitrag von FrauOilily »

Also wir halten alle zu unserer Mutter. Meine eigene Meinung habe ich mir schon längst darüber gebildet. Fazit: Mein Vater ist ein Arsch
Er wird es nicht mehr gut machen können, die Neue von ihm wünsche ich ehrlich (und wirklich ehrlich!) zur Hölle. Diese Frau ist mir egal, soll sich nur aus unserer Familie fortschleichen.
Zurück möchte ich ihn auch nicht mehr haben, zumindest nicht als Familienvater. Er zeigt zumindest die Anzeichen von völliger unreife. Er möchte aufkeinenfall die Scheidung, er möchte aufkeinenfall das Haus verkaufen, er möchte aufkeinenfall Weihnachten alleine feiern etc. Nur frage ich mich da, ob er schonmal früher darüber nachgedacht hat. Niemand möchte ihn so wirklich Weihnachten bei uns haben, das wäre wohl zu viel des guten. Zu viel "Bilderbuchfamilie". Er tut abundzu auch so als wäre nichts. Als wäre alles Friede-Freude-Eierkuchen. Redet sogar inzwischen auch schonmal von Rückkehr. :rolleyes: Wollen wir das überhaupt?
meerwind7
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Familienhaus

Beitrag von meerwind7 »

Nach dieser Reaktion kann ich dem vater erst recht zu seiner späten Flucht gratulieren...

Und, meine persönliche Frage:
Könnte jemand von den Kindern das Haus übernehmen?


Die Erfahrung mit meiner Schwester beeinflusste sicherlich auch meine Meinung zum Nestmodell, siehe
http://www.scheidungskinder.de/viewtopic.php?f=1&t=4390
und
http://www.scheidungskinder.de/viewtopic.php?f=1&t=4183
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Ansa
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Re: Und nun bin auch ich Scheidungskind ...

Beitrag von Ansa »

Hallo Meerwind,

Du schreibst :
Nach dieser Reaktion kann ich dem vater erst recht zu seiner späten Flucht gratulieren...
ich finde eine solche Aussage wenig qualifiziert, zum einen, sie regt weder zum Nachdenken an oder gar zu einer Diskussion, die notwendig wäre. Solche Aussagen verprellen, tun weh und lassen Beteiligte schweigen. Schweigen aber bedeutet auch, es gibt keinen Fortschritt.... und damit einen Stillstand, den insoweit niemand braucht.

Wir können, als Forumsgemeinde, nur demjenigen helfen, der um Hilfe bittet und das ist in diesem Fall Oilily- Ihre Gefühle als Kind sind legitim, ihre Enttäuschung ist legitim und ihre Gedanken sind es auch. Verstand und Emotionen trennen ist nicht immer machbar. Manches braucht Zeit.... ich erinnere mich an meine Trennung. Auch wir galten als Bilderbuchpaar. Freundinnen sagte "oh, so einen Mann wie den Deinen, den wünschte ich mir auch." Als wir uns trennten waren sie entsetzter als ich selbst...... es war für sie unfassbar und als sie betrachteten was mein Exmann alles getan hat, da waren sie auf ihn wütender, als ich es je war. Betrug (und damit meine ich nicht den zwischen Mann und Frau) ist für jeden Beteiligten etwas sehr schmerzhaftes.... Abwehrgefühle gehen die "Neue" sind für Kinder mitunter noch etwas anderes als für Expartner. Wie sagte meine Tochter, die auch sooo eine große Wut auf die Lebensgefährtin meines Exmannes hat, "ich weiß dass das ungerecht ist, aber es ist so viel leichter sauer auf sie zu sein, anstatt als auf Papa" das ich seitdem ein wenig anders darüber denke. Nichts desto trotz ist das etwas, das sich verändern sollte - aber das braucht Zeit und Ruhe und kein "aber Du musst doch", es braucht Erkenntnis.

Zum Beispiel solche wie "wäre die Ehe das gewesen, was sie hätte sein sollen - wäre das nie passiert" oder aber auch "die Paarebene meiner Eltern ist nichts, was mich etwas angeht." Je älter aber Kinder sind, desto schwerer fällt ihnen das auch. Kinder sollten zu niemandem halten, sondern sie solltem dazwischen stehen und umsorgt werden. Wann immer Kinder sich auf eine Seite schlagen, ist etwas an der Gesamtsituation schief, aber das lösen wir nicht immer auf, weil wir nur eine Seite kennen.

Das Schlimmste für mich war nicht der vollzogene Betrug, sondern die Lügen drum herum. Das Bitterste war die mangelnde Achtung und der trotzdem eingeforderte Respekt, die Loyalität - "aber als meine Ehefrau musst Du....", das Bitterste waren Handlungen die all das, woran ich je geglaubt habe, ich Frage gestellt haben. Für manche Peanuts, für mich DIE Katastrophe. Den Betrug, den hätte ich verzeihen können, den Mangel an Loaylität nie.... insoweit kann ich Kinder, die in so etwas eingebunden werden gut verstehen. Ich verstehe aber nicht, das Frauen so etwas mittragen, denn auch "nichts zu tun" ist eine Tätigkeit.

Ich möchte noch etwas zum Haus schreiben, manchmal verlieren wir Dinge in unserem Leben.... und wissen erst hinterher wofür das gut ist. Mit Häusern ist das so eine Sache. Ich persönlich meine, wenn ich mein Herz zu sehr an ein Haus hänge, begebe ich mich in eine Abhängigkeit, die mir unter Umständen nicht gut tun wird. Ich halte Erinnerungen fest und begebe mich in Abhängigkeiten die mir oft genug eine Weiterentwicklung unmöglich machen. Welchen Sinn soll es haben so ein Haus zu halten? Außer Sentimentalität. Ich wollte so ein Haus nicht haben, ich wollte nicht mit einem neuen Partner darin leben oder als neuer Partner darin einziehen...

Mein Liebster hat einmal seine Exfrau (die beiden haben keine Kinder) besucht und meinte dann, "da sah es aus, als wäre ich eben gegangen - die gleichen Möbel, die wir zusammen ausgesucht haben, das Geschirr was wir einmal zur Hochzeit bekommen haben - ihr Lebensgefährte lebt darin, mich gruselt es....." Wir haben uns gemeinsam eine neue Wohung gesucht, auch mit meinen Kindern und damit signalisiert, "das ist ab heute "unser" Leben." Weißt Du was ich meine? Manchmal ist es gut, auch Häuser zu verlieren, denn sie halten den verlorenen Traum viel zu fest..... und den hat man mit einem anderen geträumt, er ist vergangen und geht nicht mehr....

Liebe Grüße
Ansa
Sei zärtlich mit den Kindern, mitfühlend mit den Alten, nimm Anteil an denen, die sich anstrengen, sei sanftmütig mit den Schwachen und geduldig mit den Starken; denn eines Tages wirst Du dies alles gewesen sein. (nach C.W. Carver)
MarliJo

Re: Und nun bin auch ich Scheidungskind ...

Beitrag von MarliJo »

Hallo Oilily !

Ich finde es überhaupt nicht "albern", wenn du Abneigung gegenüber der neuen Partnerin deines Vaters empfindest und auch deinem Vater selbst gegenüber. Und du musst damit ja auch irgendwie fertig werden.
Vielleicht ist die vermeintliche Abneigung gegenüber deinem Vater eher Abneigung gegenüber seinem Verhalten ?

Mit 23 weisst du, dass Beziehungen scheitern können und das ein/oder beide Partner in einer sich immer schwerer anfühlenden Beziehung unglücklich werden können, so dass sie daran auch zerbrechen können.
Dass ist IMMER sehr traurig und Trennung sind auch mit einem Trauerprozess verbunden - schliesslich verlieren Kinder und Eltern dabei ja etwas, was sie im ursprünlichen Sinne einmal lieb gewonnen haben und sicher auch einmal glaubten, es könnte ihr ganzes Leben erfüllen. Leider lehrt uns die Realität etwas anderes und ihr Kinder und wir Eltern müssen lernen, mit Trennungen und den damit verbundenen Verlusten, umzugehen. Niemand kann es im Vorhinein "proben".

Die Beziehung mit meiner Ex-Lg war viele, viele Jahre auch sehr schön und als ich mir darüber klar wurde, dass ich mit ihr alt werden möchte, keimte der Wunsch nach Kindern. Sie wollte "nicht unbedingt" Kinder, sie hatte ein flaues Gefühl dabei, ob sie/wir dem gewachsen ist/sind. Gleiches galt in Bezug auf das Haus, was ich dann für uns kaufte. Sie hat "mir zur Liebe" nachgegeben und mit den Jahren fühlte sie sich damit zunehmend überfordert/unglücklich - sicher auch von mir zu wenig unterstützt.
Was ich damit sagen will, ist, dass es trotz guter Vorsätze eine "Bilderbuchfamilie" zu sein (wir wurden von unsern Freunden auch als solche gesehen), eben scheitern kann. Und es ist oft nicht einmal so klar auszumachen, woran es gescheitert ist.
Ich erinnere mich genau, an einen Satz meines damals 7 jährigen Sohnes, als wir unseren Kindern sagten, dass sich Mama und Papa trennen weil wir uns nicht mehr verstehen. Er sagte >ihr könnt euch ruhig streiten, ich halte das aus !<
Es ist ein Satz, der mir heute, 2 1/2 Jahre danach, immer noch durch Mark und Bein geht, weil er mir zeigt, was ein Kind auf sich zu nehmen bereit sein will, um auch eine kaputte Elternbeziehung mitzutragen. Aber das sollte er nicht !
Er soll sich auch keine Gedanken machen müssen, dass einer seiner Eltern der/die "Böse" ist, weil dieser Elternteil das Haus verlassen hat aus dem Gefühl <ich kann hier nicht mehr glücklich sein/werden<.

Liebe Oillily, ich kann und mag nicht beurteilen, was deinen Vater bewogen hat zu gehen und ich kann es dir nachfühlen, dass es dir sehr weh tut.
Doch würde es dich zufriedener machen, ihn für den Rest des Lebens zu verachten, ihn als den Schuldigen zu sehen ?
Du nimmst damit (deiner Mutter gegenüber) eine Veraantwortung auf dich, die die deine doch gar nicht ist.
Vielleicht kannst du eines Tages sehen, dass es auch deiner Mutter besser geht mit der Trennung, und deine Eltern - jeder für sich - sein neues Glück wieder findet ?
Es klingt alles etwas zu leicht, wenn es noch so weh tut und Wut und Enttäuschung da sind. Ich weiß das - von mir selbst und auch von meinen Kindern, die noch viel jünger sind als du und auf uns Eltern angewiesen sind.
Ansa hat Recht,...es braucht seine Zeit.

Liebe Grüße
MarliJo
ZweiteRunde
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Re: Und nun bin auch ich Scheidungskind ...

Beitrag von ZweiteRunde »

Liebe Oilily,

ich hab selbst den Aus - und wieder Einzug meines Vaters erlebt, damals war ich 13, und kenne zig Scheidungskinder (gleich und gleich ziehen sich vielleicht an) und nun bin ich selbst mit 25 die "böse" Zweite in einer Scheidungsgeschichte mit 2 Kindern...aus meiner Erfahrung kann ich nur sagen: Wenn wir in die Menschen reingucken könnten, nur ein bisschen, wäre es viel leichter die Dinge zu verstehen. Die meisten wissen ja selbst nicht einmal, warum sie gehen, was sie suchen, was sie brauchen.

Du sagst, dein Papa sei schon immer der ohne großes Durchsetzungsvermögen. Der "auf glücklich" macht. Glaubst du, jemand kann so lange so gut schauspielern? Glaubst du dein Papa kann das? Oder ist das seine Natur "You take what you get"? Sich nicht durchsetzen, die Dinge akzeptieren, in Ehe, Beruf, Erziehungsfragen, Urlaubswahl etc. - immer schlucken, immer nicken und immer denken "Eigentlich habe ich ja auch keinen Grund mich zu beschweren, weil eigentlich ist ja alles gut."

Wenn man sich aber eigentlich irgendwo auf dem Weg seines Lebens selbst verliert, kann die Welt drum herum noch so schön sein und man kann sich noch so sehr bemühen, an ihr festzuhalten: Es gibt Momente, wo das woran man festhält kaputt geht, oder wo einem die rosa-rote Brille von der Nase rutscht und man plötzlich ganz klar sieht: Das ist nicht mein Leben!
Das ist nicht was ich will, das bin ich nicht, das erfüllt mich nicht, das macht mich nicht glücklich.

Schwierig ist nur herauszufinden, was man denn braucht, um glücklich und erfüllt zu sein, um die Puzzlestücke zusammen zu setzen. Wie schon gesagt: Die meisten wissen nicht, was sie wirklich glücklich macht, was sie wirklich wollen und brauchen im Leben.

Vielleicht gings deinem Pa so ähnlich? Bei meinem (und einigen, die ich kenne: AUCH Frauen) war es so. Die Trennung hat bei manchen bewirkt, dass sie sich in dem Schmerz und dem Abstand klarer werden konnten über das, was sie wirklich wollen. Andere haben die neuen Partner dazu gebraucht, mit denen es oft nicht hielt - aber mit denen sie viel über sich selbst erfahren konnten. Einige gehen zurück, nicht geläutert, sondern gestärkt - weil sie plötzlich begriffen haben, was sie tun können und müssen, um glücklich zu sein. Manchmal ist ein harter Ausstieg aus dem Leben genau das, was man braucht, um es sich genauer anzuschauen.

Dein Papa scheint ja selbst nicht glücklich mit der Situation. Vielleicht ist das Problem ja weder deine Mutter, noch die Neue (die bestimmt nichts dafür kann, dass er gegangen ist - sie muss eine Menge "Aufbauprogramm" machen, und so wie dein Vater klingt, ist da nichts mit heißer Romantik: Sie wird deinen Papa vom Auseinander-brechen abhalten und wird ihm ständig gut zu reden und wird sich ärgern, dass sie so viel gibt und für ihn empfindet, und er ständig nur über sich und seine Kinder und seine Frau redet.) Vielleicht ist das Problem ein Anderes und hat ganz mit ihm selbst zu tun, wie zufrieden und glücklich er mit sich selbst ist. Bilderbuchfamilie, tolle Urlaube, ein Haus, tolle Kinder - das kann einen Sch**** bedeuten, wenn man nicht dahinter steht, wenn man in sich drin leer ist, wenn man sich verloren hat.

Ich glaube, dein Papa ist kein Schauspieler. Schauspieler wissen was sie tun und warum. Dein Papa macht eher einen verzweifelten und unsicheren Eindruck, als wisse er nicht, wo er hingehört und was er möchte. Der Arme. Wenn man jung und ungebunden ist kann, was weiß ich, pilgern oder so - aber erklär mal jemandem, mit dem du erwachsene Kinder hast, mit dem du nie über dein Innenleben gesprochen hast (weil du ja selbst erst seid kurzem weißt, dass irgendwas nicht stimmt), der dich liebt und dich braucht, dass du Abstand brauchst. Dass du vielleicht mal ein Jahr weg musst, um zu dir selbst zu finden. Was hätte deine Mutter gesagt, wenn dein Papa gemeint hatte: "Schatz, ich glaube, ich brauche mal eine Auszeit von uns allen. Ich muss zu mir selbst finden."
Sie wäre in Panik ausgebrochen, oder sie hätte ihn zu einer Therapie überredet, oder sie hätte ihm die "Pilgerreise" ausgeredet oder oder.

Das nur so als Gedanken, mir kam vom Lesen einfach die Idee, dass dein Papa ganz andere Hilfe braucht und sehr unglücklich zu sein scheint und die Abstrafung durch euch nicht verdient hat. Wahrscheinlich weiß deine Mutter das am besten, sonst wäre sie jetzt nicht so stark und souverän.

Wenn du ablehnst und hasst, fängt das im Übrigen an dich zu zerfressen. Ich hatte lange an meinen Gefühlen meinem Vater gegenüber zu knabbern. Ich habe meine Mutter in den Himmel gelobt, wie toll und stark sie ist. Aber als er zurückkam, sicher, was er wollte und was er nicht mehr wollte, und das Streiten zu Hause begann, da habe ich gesehen, was mein Vater meint. Ich habe erlebt, wie meine Mutter und er als Paar sind. Ich habe gesehen, dass meine Mutter in der Konstellation er+sie anders ist, als wie ich geglaubt habe.

Ich wünsche vor allem deinen Eltern alles Gute, und seiner Freundin wünsche ich, dass sie nicht zu viel von ihrer kostbaren Kraft an einen Mann verliert, der bestimmt nicht bei ihr bleiben wird (so wie das klingt). Sie ist die, die am Ende wirklich verliert - und ich hoffe, dass deine Eltern dorthin kommen, wo sie hinkommen möchten. Beide.

Und glaub mir, auf Dauer wird es dich nicht glücklich machen, einen unglücklichen und einen souveränen/ irgendwann glücklichen Elternteil zu haben. Irgendwann sind sie alt und brauchen euch: Willst du dann mit diesen Gefühlen auftauchen?
Wenn dein Papa depressiv wäre und tot unglücklich und in die Pflege: Fändest du dein Urteil über ihn nicht sehr hart?
Vielleicht kommt er dir schwach vor, unreif, labil, was auch immer - aber kann man ihm das so zum Vorwurf machen?
Und was ist die Konsequenz daraus? Dass man ihm alle Lebenskraft (Liebe seiner Kinder z.B.) entzieht?

Erwachsene sind auch nur Kinder - manchmal. Und wir alle sind nur Menschen. Perfekt gibt es nicht. Kann man eigentlich keinem vorwerfen.

Ich meine: Ich verstehe dich, sehr sehr gut. Aber mit mehr Verständnis, oder zumindest dem Versuch ALLE zu verstehen (auch die Freundin), würdest du bestimmt viel weiter kommen. Und Einsicht ist nicht umsonst der erste Weg zur Besserung!

Lieben Gruß und dir alles Gute,
Ich
FrauOilily
Forumslehrling
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Registriert: 21. Oktober 2009 01:18

Re: Und nun bin auch ich Scheidungskind ...

Beitrag von FrauOilily »

Wie gesagt, ich gebe der Neuen trotzdem die schuld. Wäre sie nicht gewesen, wäre es nicht soweit gekommen!

Ich weiß ehrlich gesagt nicht ob dieses Forum wirklich die richtige Lösung für mich war. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass hier jeder meinen Vater verteidigen möchte und ihn hier schon fast als Opfer sieht! Inzwischen habe ich auch schon einige Privat Nachrichten von "Zweitfrauen" bekommen, die mein Verhalten gar nicht nachvollziehen können und ich der Neuen eine Chance geben soll. Durch dieses Forum ist mir irgendwie klar geworden, wieviel Hass in manchen Leuten steckt, dass man am besten gar nicht erst heiraten sollte! An Kinder kriegen gar nicht erst zu denken. Ich glaube wirklich die falsche Plattform für mich.

Tschüß
Oilily
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