Wie soll ich auf meinen Vater reagieren?

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Eifelkind
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Wie soll ich auf meinen Vater reagieren?

Beitrag von Eifelkind »

Hallo zusammen,

der ein oder andere hat vielleicht schon gelesen, dass (Achtung, Kurzfassung) meine Eltern sich vor einem halben Jahr getrennt haben, weil mein Vater eine Freundin hat. Seit sechs Monaten ist mein Vater nicht in der Lage, anzurufen und zu fragen, wie es mir geht. Seit sechs Monaten antwortet er nur sehr knapp auf SMS oder anderes. Immer schriftlich. Seit sechs Monaten frage ich mich, ob er vergessen hat, dass er mein Papa ist.

Dann sehe ich eben eine Emails von ihm, die er mir heute morgen geschrieben hat, ich freue mich, und alles was drin steht ist:

1. Seine Freundin ist krank.
2. Deren Mann ist krank.
3. Meine Mutter hat (angeblich, ich weiß es nicht) diesem Mann alles erzählt.
4. Jetzt verlieren die Neue und mein Vater den Job (gleicher Arbeitgeber, den Grund dafür verstehe ich trotzdem nicht).
5. Sie wird den Verlust der Arbeit nicht überleben (Psychisch vorbelastet Blablabla)
6. Die Tochter der Neuen soll ins Heim, wenn sie ihren Mann verlässt.


Ich habe ca. 5 Antworten auf diese Email angefangen und jede erschien mir falsch. Ich wollte ihm schreiben, dass das alles nicht so einfach ist, wie es klingt. Ich wollte ihm schreiben, dass das total fadenscheinig und nach schlechtem Film klingt. Ich wollte ihm schreiben, was geht mich das an? Ich wollte ihm schreiben, dass er gefälligst mal fragen soll, wie es MIR geht. Und ich wollte ihm schreiben, dass ich nichts mit alldem zu tun haben will.
Jede Antwort kam mir verkehrt vor, und mein mühsam aufgebauter Abstand liegt in 3 Minuten in Trümmern vor mir.

Ich weiß absolut nicht, was ich von dieser Email halten soll. Und wie, oder ob überhaupt, ich darauf reagieren soll.

Hat vielleicht jemand gute Ratschläge?

das momentan ein wenig in Tränen aufgelöste Eifelkind

"Wer seinen Gegner umarmt,
macht ihn bewegungsunfähig."

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Gerda
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Re: Wie soll ich auf meinen Vater reagieren?

Beitrag von Gerda »

Liebe momentan in Tränen aufgelöste Eifelkind,

lass dich erst mal :umarmen: , wenn ich darf. Das ist nach 6 Monaten ein wirklich schwieriger Brief von deinem Papa.

Mir kommt es ehrlich gesagt so vor, dass alle Emails, die du angefangen hast, die richtige und passende Antwort sind. Denn das alles ist das, was du empfindest.

Magst du ihm vielleicht das alles mal schreiben?

Ich frage mich, warum du alle Emails verwirfst und stelle mir vor, dass es damit zu tun hat, dass du gerne einfachen Kontakt mit ihm möchtest?

Vielleicht fängst du damit eine Email an(natürlich mit deinen Worten und nur, wenn das auch tatsächlich so ist, wie ich das vermute): Lieber Papa, ich bin deine Tochter und ich vermisse dich als Vater ganz fürchterlich. Seit 6 Monaten wünsche ich mir sehnlichst Kontakt mit dir und bin immer sehr traurig, dass du mir immer nur so knapp und schriftlich antwortest. Die Trennung von Mama und dir tut mir furchtbar weh. Darüber bin ich selbst überrascht, weil ich doch schon so erwachsen bin. Aber an der Stelle fühle ich, dass ich ein Kind bin, dein und Mamas Kind bin und dass ich dich als Vater einfach dringend noch brauche. Von dem, was du mir da geschrieben hast, fühle ich mich überfordert. (und dann auch das, was du schon geschrieben u verworfen hast). Und am Ende könnte ein Vorschlag stehen, was du dir für einen nächsten Kontakt mit ihm wünschst. Z. B. dass er dich mal abholt und mit dir Pizza essen geht und dass er mal nur fühlt, wie es dir geht.

Liebe Eifelkind, ich bin mir bewußt, dass du nur das schreiben kannst, was du in dir selbst fühlst und was sich für dich richtig anfühlt und wo du auch das Gefühl hast, die Konsequenzen davon kannst selbst tragen. Aber ich habe einfach mal aufgeschrieben, was ich, wenn wir uns kennen würden und gemeinsam mal mit deinem Vater sprechen würden, ihm sagen würde. Ich hoffe, du fühlst gut, was dir gut tun würde mit ihm zu teilen und an ihn zu schreiben. Auf jeden Fall kommt es mir gut vor, wenn du ihm all das mitteilst, was du hier geschrieben hast, einfach, weil es sonst zu viele ungesagte Worte werden, die schwer zu ertragen sind, wenn sie nicht gesprochen werden. An zu vielen ungesagten Worten kann man richtig krank werden.
Es kann sein, dass dein Vater damit erst mal überhaupt nichts anfangen kann. Vielleicht fühlt er sich unverstanden von dir und nicht genügend unterstützt. Aber dazu bist du ja auch nicht da. du bist nicht dazu da, deinen Vater zu unterstützen, sondern umgekehrt. Dennoch, es ist gut, Kontakt mit ihm zu halten und ihm auch deutlich zu mache, was du brauchst oder dir wünschst. er muss das vielleicht erst lernen. Weißt du, Eltern in Scheidungen sind ziemlich überfordert. Sie könne kaum mit sich selbst gut umgehen, geschweige denn klar sein darin, wie sie für ihre Kinder sorgen. Es ist manchmal sehr hilfreich für sie, wenn die Kinder klipp uund klar sagen, was sie brauchen, was sie sich wünschen von den Eltern. Eltern haben es in der Regel nicht gelernt, in Scheidungen ein gutes Verhalten dden Kindern gegenüber zu zeigen. (ich selber konnte das übrigens auch nicht. meine Tochter hat mir aber immer wieder gesagt, oftmals sehr unsanft, was sie von mir braucht. Das war hilfreich für mich. Heute verstehe ich es sehr viel besser, was Kinder brauchen von ihrren Eltern und deshalb schreibe ich hier, damit ich das weitergeben kaann wenigstens an andere Kinder, wo es bei meinen eigenen nciht so gut ging.

Alles Liebe schickt dir
Gerda
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Girl-Soccer
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Re: Wie soll ich auf meinen Vater reagieren?

Beitrag von Girl-Soccer »

Hey

Ich bin 17, selbst Scheidungskind.

Ich glaube, ich kann sagen, ich kenne so in etwa deine Situation aus eigener Erfahrung:
Es geht immer nur um den Scheiß, den den Vater juckt. Dabei wünscht man sich das Gegenteil.

Ich kann Gerda's Vorschläge nur unterstreichen.

Weißt du was?
Wenn du willst - oder besser, wenn dir danach ist - dann ignorier einfach den Mist, den dein Vater dir da schreibt.
Es ist nicht deine Aufgabe. Wenn du den Mut hast, kannst du ihm das auch einfach schreiben.
Ich weiß nicht, wie er darauf reagiert. Wenn er überhaupt reagiert. Eigentlich könnte es dir aber auch egal sein.
Das musst du wissen.

Gerda hat ja schon gesagt, dass Eltern bei einer Scheidung oft die Bedürfnisse - so banal sie auch erscheinen -
einfach übersehen, weil sie denken, sie hätten jetzt die größeren Probleme. So ein Schwachsinn.
Also ist es vollkommen erlaubt, wenn du ihnen sagst, was du willst, was du nicht willst.
Was dir gefällt, was dir nicht gefällt.
Du bist nun Scheidungskind, du darfst das :)

Hab keine Scheu, das zu tun, zu sagen und zu schreiben, wonach dir ist.
Es hilft sowieso nicht, irgendwas anderes zu behaupten oder um den heißen Brei rum zu reden.

Ich wünsche dir viel Mut und Egoismus!

Liebe Grüße von Girl-Soccer, die gerade im Garten sitzt und sich über Mücken und deren Stiche aufregt.
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Eifelkind
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Re: Wie soll ich auf meinen Vater reagieren?

Beitrag von Eifelkind »

Hallo Gerda, hallo Girl-Soccer,


Vielen Dank für eure Antworten. Gestern Abend hatte ich noch die Möglichkeit, mit meiner Schwester zu sprechen (Die Email ging auch an sie). Da meine Schwester ganz anders an die "Sache" ran geht, konnte sie mich zum Teil aus meinem Tränen-Tal zurückholen. Sie sieht das ganz nüchtern, sagt, dass sowieso noch nichts geklärt war und das die Email nur wieder ein Grund mehr ist, ein Gepräch unter 6 Augen zu führen.Und sie hat Recht damit. Aber ich bin nun mal ziemlich emotional und daher ist für mich gestern wirklich ein kleines Stückchen frisch aufgebaute heile Welt kaputt gegangen. Meine Schwester sagte, sie würde auf diese Email nicht reagieren, einfach schon der Art und Weise wegen. "Mit einer Email kann ich nicht diskutieren" sagt sie. Manchmal ist meine kleine Schwester echt erwachsener als ich ;o)

Ich werde es wahrscheinlich so machen: ich werde nicht auf diese Email antworten. Meine Schwester und ich werden versuchen, ihn zu einem Gespräch zu bringen, eines, wo mal alles auf den Tisch kommt. Keine Email, kein Brief, keine SMS, sondern ein Gespräch unter 6 Augen, schließlich sind wir seine Töchter, wenn er das verweigern würde, dann weiß ich nicht, ob ich ihm das verzeihen könnte.

Über eure Antworten hab ich mich sehr gefreut. Und das Schöne daran ist, sie sind so verschieden, wie mein Inneres - der eine Teil will ihm sagen, was das soll usw, der andere Teil will die Email ignorieren.

So werde ich erst mal den Rest der Woche abwarten, bis meine Schwester und ich in Ruhe über Zeit und Ort nachdenken können, wo wir uns treffen wollen. Und wenn ich etwas Neues weiß, dann werde ich es auch hier kundtun ;o)

Danke an euch beide, und auch danke, dass es diese Seite gibt, denn sie hat mir schon das ein oder andere Mal Antworten geliefert und mir die Möglichkeit gegeben, mich mit Unbeteiligtenauszutauschen. Ihr tut echt gut :)


Ein schönes Pfingst-Wochenende wünscht

Eifelkind

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Eifelkind
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Re: Wie soll ich auf meinen Vater reagieren?

Beitrag von Eifelkind »

So, ich habe geantwortet.
Ich habe geantwortet, dass ich enttäuscht bin, dass er sich nur meldet, weil er sein Leid klagen muss.
Ich habe geantwortet, dass ich ihn lieb habe.
Ich habe gewantwortet, dass weder meine Schwester noch ich die Richtigen sind, um Kummer abzuladen.
Ich habe geantwortet, dass ich nichts von der Frau und/oder seiner Beziehung zu ihr wissen will.
Und ich habe gewantwortet, dass er bitte wieder mehr Kontakt zu mir aufbauen soll, weil ich ihn vermisse.

Das alles habe ich klar und deutlich geschrieben, nicht misszuverstehen und nicht wegzuwischen.

Ich bin sehr stolz darauf, dass ich diesen Mut hatte. Und gleichzeitig hab ich Angst, dass er diese Email falsch auffasst. Aber das wird sich wohl erst zeigen, wenn (falls) ich Antwort von ihm bekomme.


LG
Eifelkind (stolz auf ihren Mut, und trotzdem ein kleines Tränchen im Augenwinkel)

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Girl-Soccer
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Re: Wie soll ich auf meinen Vater reagieren?

Beitrag von Girl-Soccer »

GRATULIERE!!!

mehr kannst du wirklich nicht tun.
jetzt drück ich dir die daumen.

Liebe Grüße von Girl-Soccer, die zerstochen, zerkratzt, aufgeschnitten und halb sonnenverbrannt ist. aber zufrieden.
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Gerda
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Re: Wie soll ich auf meinen Vater reagieren?

Beitrag von Gerda »

Liebe Eifelkind,

ich gratuliere auch von ganzem Herzen. Das hast du gut gemacht mit dem Brief. Wer weiß, wie er darauf reagiert. Auf jeden Fall hast du dich authentisch verhalten, und für mich persönlich ist das immer am wichtigsten. Wenn ich ich-selber war und mich nicht selbst verrate. Wenn ich zu mir stehe und dem, was ich möchte und brauche.

Ich finde übrigens sehr schön, was du geschrieben hast. da liegt so viel Offenheit und Liebe und Interesse an einer offenen Beziehung drin. Ich würde mich darüber als Elternteil sehr freuen, wenn ich so einen Brief kriegen würde. Ich würde mir zwar vielleicht wünschen, dass du an meinem neuen Partner mehr Interesse hättest, aber ich könnte es auch verstehen, da wir ja sehr wenig Beziehung miteinander haben und das erst mal hinten anstehen muss, dass du meine neue Partnerin kennen lernst.

Ich wünsche dir sehr eine sehr liebevolle und zugewandte Antwort von deinem Papa. Aber wenn er das nicht vermag im Moment, dann gib nicht auf. Es wird dennoch wirken, was du ihm entgegenbringst. Vielleicht dauert es etwas.

Viele liebe Grüße :umarmen:
Gerda
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MarliJo

Re: Wie soll ich auf meinen Vater reagieren?

Beitrag von MarliJo »

Hallo Eifelkind !

Auch ich wünsche dir, dass Das bei deinem Vater ankommt, worum es dir am meisten geht- den Kontakt zwischen ihm und dir/euch Schwestern - und ich glaube dir, dass es dich einiges an Überwindung gekostet hat, ihm deine Zeilen zu schreiben und zu senden. Sicher war/ist da auch eine Mischung zwischen Bangen und Hoffen im Spiel, wie er darauf reagiert ?
Verstehen kann ich gut, dass dich das Verhalten deines Vaters verletzt und ich finde es nicht richtig von ihm, dass er nicht für einen gesunden Kontakt zwischen dir und ihm sorgt und auch nicht, dass er dich per Mail in seine derzeitigen Sorgen (die sicher ernst zu nehmen sind) einbindet, anstatt erst einmal eine persönliche Gesprächsbasis hierfür herzustellen.
Ich bin auch Vater (wenn auch in einer ganz anderen Lage), versuche mich in eure Situation hinein zu versetzten.
Auch ich würde mich über die meisten deiner Zeilen freuen, wie du sie an deinen Vater ehrlicherweise gerichtet hast, doch ich möchte auch sagen, dass ich mit zwei Sätzen meine Schwirigkeiten hätte und mir unsicher wäre, wie ich als Vater damit umgehen soll.
Du hast an ihn geschrieben >ich möchte nichts von der Frau und der Beziehung zu ihr wissen< und du hast geschrieben > ich wünsche mir, dass du den Kontakt wieder zu mir aufbaust, weeil ich dich vermisse<. Deine Aussagen sind legitim...und, keine Frage, authentisch.
Wenn die neue Partnerin deines Vaters für ihn die Frau ist, mit der ER Gegenwart und Zukunft verbringen möchte und du ihm zu verstehen gibst, dass dir das egal ist, nicht aber der Vater- Tochter Kontakt, dann wird er sich gewiss in einer Zwickmühle befinden, weil er natürlich am liebsten möchte, dass Beide Beziehungen auf wohlwollende Art und Weise funktionieren. So hat er vermutlich gefühlt nur die Qual der Wahl.
Versteh mich bitte nicht falsch. Du bist nicht dafür verantwortlich, dass diese Beziehungen auf einen gesunden Weg gebracht werden und wenn du die neue Frau nicht kennen und vielleicht akzeptieren lernen magst, dann ist das deine Entscheidung. Es ist aber auch die Entscheidung deines Vaters, ob er sich dauerhaft in diesen zerreissenden Zustand begibt.
Mit ein wenig Offenheit deinerseits hat dein Vater eine Chance, die neue Situation so zu gestalten, dass sich die Betroffenen dabei auch einigermaßen wohlfühlen oder wenigstens arrangieren können. Das braucht das Erkennen seiner eigenen Verantwortlichkeiten (besonders bei den Erwachsenen) Zeit, Geduld und es gibt sicher auf allen Seiten Entäuschungen.
Schau mal. wie du deinen Platz in diesem Gefüge finden und dich dabei zufrieden fühlen kannst.

Ich wünsche dir sehr, dass ihr einen Weg zueinander findet !
MarliJo

PS. Deine Zeilen unter Poesie haben mich sehr beeindruckt !
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Eifelkind
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Re: Wie soll ich auf meinen Vater reagieren?

Beitrag von Eifelkind »

Hallo Gerda, Hallo MarliJo,

Ich muss hier vielleicht mal was erklären.
Die neue Freundin meines Vaters ist ihrerseits verheiratet und hat eine elfjährige Tochter. Der Mann von Papas Freundin wußte nichts von dieser Beziehung, bis meine Mutter es ihm gesagt hat. Zu diesem Thema sag ich lieber nichts, denn ich kann meine Mutter an dieser Stelle nicht verstehen. Worum es mir aber geht, ist, dass diese neue Beziehung meines Vaters nichts "Offizielles" ist, und da sich scheinbar keine gemeinsame Zukunft der beiden abzeichnet, auch nichts, worum ich mich jetzt kümmern muss. Sollten die beiden tatsächlich versuchen, sich gemeinsam eine neue Zukunft aufzubauen, dann will ich dem weder im Wege stehen, noch will ich meinen Vater verletzen, indem ich sie "ausblende". Aber solange das nicht der Fall ist, tu ich genau das: ich blende sie aus.
Davon abgesehen hat mein Vater ja uns gegenüber noch NIE etwas von dieser Frau erzählt, und dann ausgerechnet mit solchen Neuigkeiten anzufangen, ist in meinen Augen auch nicht der richtige Weg. Sollte er irgendwann einmal fragen, ob er sie mir vorstellen darf (und irgendwann ist in meinem kleinen EifelKIND-Herz hoffentlich noch ganz weit weg), dann werde ich mich wohl überwinden müssen. Ich will mir auch gar kein Urteil bilden, denn ich kenne die Frau ja weder aus Erzählungen noch persönlich. Bestimmt ist sie nett und lieb und keine Ahnung was, aber momentan ist sie noch der Grund dafür, dass meine Familie im Ar... ist. Und das will erst mal verarbeitet werden.

Im Grunde wünsche ich meinem Vater nur das Beste und dass er glücklich wird, aber ich kann mir momentan einfach noch nicht vorstellen, dass er das mit dieser Frau wird. Aber wir werden sehen :o)

Ich bin ja gar nicht sooo verbohrt, nur ein wenig kindisch sauer :o)



Und MarliJo: Danke fürs beeindruckt sein ;o)

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Gerda
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Re: Wie soll ich auf meinen Vater reagieren?

Beitrag von Gerda »

Liebe Eifelkind,

danke, dass du noch mal mehr zu der Freundin deines Vaters gesagt hast und auch dazu, wo der Stand der Beziehung im Moment ist. Das war mir gar nicht klar.

Ich finde, dass du völlig recht hast damit
Eifelkind hat geschrieben:Sollten die beiden tatsächlich versuchen, sich gemeinsam eine neue Zukunft aufzubauen, dann will ich dem weder im Wege stehen, noch will ich meinen Vater verletzen, indem ich sie "ausblende"
und dass du so lange, wie das nicht spruchreif ist, auch nicht von der Freundin Kenntnis nimmst.

Vor allem finde ich es auch nicht passend, wenn dein Vater dir auf diesem WEge von ihr erzählt, so wie du es uns schon geschildert hast. Auch das war mir so noch gar nicht klar.

Ich verstehe gut, dass du "sie" als die Schuldige siehst, weshalb die Familie in so einer schweren Krise ist und zu zerbrechen droht - falls sie es nicht schon ist. Aber schonst du deinen Vater damit nicht? Ist es nicht letztlich seine Verantwortung, dass er sich von der Familie abgewendet hat und sich einer neuen Beziehung zugewendet hat?

Viele liebe Grüße
Gerda
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Eifelkind
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Re: Wie soll ich auf meinen Vater reagieren?

Beitrag von Eifelkind »

Hallo Gerda,

du hast natürlich Recht damit, dass sie nicht diejenige an sich ist, die meine Familie zerstört hat (und zerstört ist sie, daran gibt es keine Zweifel mehr). Ich weiß auch, dass mein Vater nicht unschuldig ist, und dass er - wenn er seine Gefühle schon nicht im Griff haben konnte - zumindest SOFORT ehrlich hätte sein müssen. Ja, ich schone meinen Vater, und zwar deshalb, weil ich gesehen habe, wie schlecht es ihm geht mit dem, was er aus uns gemacht hat. Ich weiß, dass es ihm leid tut, und ich glaube zu wissen, dass er es anders angehen würde, wenn er nochmal die Gelegenheit hätte. Es geht ihm richtig besch... mit der Schuld, die er auf sich geladen hat. Und in diesem Moment, als ich ihn vor ein paar Monaten als gebrochenen Mann gesehen habe, hatte ich Mitleid mit ihm, denn er konnte, soweit ich mich erinnere, noch nie gut mit Gefühlen umgehen, sie nicht ausdrücken. Natürlich ist er erwachsen, und er hätte sich von vorne herein wissen müssen, dass Handeln nicht ohne Konsequenzen bleibt.
Ich weiß, er trägt den Großteil der Schuld, aber trotzdem kann ich auch seine Freundin nicht entlasten. Zudem sind meine Schwester und ich erwachsen, aber ihre eigene Tochter ist erst elf, wie will sie ihr das erklären? Wenn das über das Kind genauso hereinbricht wie über mich, dann tut mir das Kind noch viel mehr leid.

Schuld ist immer so eine Sache. Ich kenne die Frau nicht, also fällt es mir leicht, ihr die Schuld zu zuschieben. Ich kenne aber meinen Vater und habe gesehen, dass er unglaublich bereut, was er getan hat. Sicher, er hat die Hauptschuld, aber es geht ihm so dreckig damit, dass ich ihn wohl in Gedanken eher entlaste. Oder anders gesagt: Mit meinem Herzen entlaste ich ihn, auch wenn ich im Kopf klarer sehe.

Und im Übrigen möchte ich einfach mal Danke sagen, dass ihr euch hier so intensiv mit mir beschäftigt. Es tut sehr gut, auch mal andere Meinungen zu hören, Meinungen von Menschen, die eventuell das Gleiche erlebt haben, vielleicht aber auch alles ganz anders sehen. Es tut unglaublich gut, dass ich hier verstanden werde und ich bin sehr froh über diesen Austausch.

Danke sagt das Eifelkind :)

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Re: Wie soll ich auf meinen Vater reagieren?

Beitrag von Gerda »

Liebe Eifelkind,

ich freue mich, dass es dir gut tut, hier zu schreiben und von uns zu lesen!

Es ist auch schön, noch etwas mehr zu verstehen, wie du die Situation fühlst und auch noch andere Seiten von deinem Vater zu lesen. Ja, ich erinnere mich jetzt, dass du davon schon geschrieben hast zu Anfang, dass du deinen Vater als gebrochenen Mann erlebt hast.

ich glaube, es ist immer leichter für uns, auf den Menschen wütend zu sein, den man gar nicht kennt. Das ist auf der Erwachsenenebene auch oft so. Da ist die Frau wütend auf die andere Frau, die ihr den Mann weggenommen hat und nicht auf den Mann, der ihr untreu geworden ist.

Wieso bist du dir so sicher, dass die Familie zerbrochen ist? Schließt du es aus, dass deine Eltern noch mal zueinander finden?

Alles Liebe :umarmen:
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Re: Wie soll ich auf meinen Vater reagieren?

Beitrag von Eifelkind »

Hallo Gerda,

ja, ich schließe es aus, dass meine Eltern nocheinmal zueinander finden. diese "Geschichte" war nicht die erste in der Ehe meiner Eltern. Mein Vater ist - soweit ich weiß - zwei mal vorher schon fremd gegangen. Einmal, als wir noch ganz klein waren und einmal vor zwei bis drei Jahren.
Ich persönlich bin der Meinung, meine Eltern lieben sich schon lange nicht mehr. Nach 34 Jahren Ehe hängt man natürlich aneinander und am Alltag, aber ich glaube fest, dass die beiden sich seit MINDESTENS 10 Jahren nicht mehr lieben. Man kann das als Kind ja schon beobachten, und je älter man selbst wird, desto eher erkennt man ja, was früher alles anders war. Die Zärtlichkeit füreinander ging verloren und die Antworten wurden immer kürzer, kälter, schnippischer. Als Teenie hab ich mir gewünscht, einer würde endlich gehen, damit Ruhe einkehrt.
Vielleicht brauchten meine Eltern einfach diesen großen Knall, um zu merken, dass es nicht mehr das ist, was es war. Es ist sehr schade, und ich bin traurig darüber, aber ich bin mir mittlerweile auch sicher, dass die beiden getrennt besser leben werden als es in den letzten Jahren der Fall war, rein emotional gesehen.
Meine Eltern leben ja noch beide in meinem Elternhaus, meine Mutter zieht erst Anfang Juli aus. Sie sprechen nicht mehr miteinander, das Wichtigste wird auf kleinen Zetteln mitgeteilt, und jetzt höre ich eben, dass jetzt auch Drohungen ausgesprochen werden.
(Da meine Mutter dem Mann von Papas Freundin (wie kompliziert, wenn man nicht mal den Namen kennt!) mitgeteilt hat, dass die beiden eine Beziehung haben, droht mein Vater jetzt damit, dass er sich was antut, wenn er deswegen den Job verliert usw. Das ganze erinnert mich momentan an einen schlechten Film.)

Naja, jetzt schau ich mal, wann mein Papa sich meldet oder auch nicht, und dann kann ich weiter reagieren.

Schönes Wochenende wünsche ich euch,

Eifelkind

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MarliJo

Re: Wie soll ich auf meinen Vater reagieren?

Beitrag von MarliJo »

Hallo Eifelkind,

nein, ich glaube nicht dass du verbohrt bist (allein dass du dich offen mit der Trennung deiner Eltern auseinandersetzt, spricht ja dafür, dass du nach Wegen für dich suchst). Mein Eindruck ist, dass du dich vielleicht von deinem Vater -oder seinem ungeschicktem Verhalten- verraten fühlst ? Da du durch dieses Verhalten ja selbst mitbetroffen bist, kann ich das auch gut verstehen, dass es dich sehr enttäuscht.
Im Zusammenhang auf (seine) Gefühle von Schuld zu sprechen, finde ich allerdings schwierig.
Du hattest geschrieben, dass deine Eltern sich seit mindestens 10 Jahren nicht mehr geliebt haben,..so etwas kommt ja nicht von ungefähr und ich denke, dass es in einer Beziehung immer Dinge gibt, aus denen sich die Liebe neu speisst, oder Dinge, die vielleicht (ohne dass man es merkt oder erklären könnte) genau das Gegegnteil über die Jahre bewirken. Irgendwann ist einer der Partner an einem Punkt, dass er innerlich zunehmend aus der Beziehung ausbricht und sich gleichzeitig fragt, wie umgehen mit Gefühlen, die gegenüber dem bisherigen Partner immer weniger werden und "neuen" Gefühlen gegenüber Menschen, mit denen man sich eine Beziehung verstellen könnte und diesen Schritt dann am Ende sogar wagt.
Dein Vater und deine Mutter hatten vielleicht schon keine gute Gesprächsbasis mehr, als dein Vater sich in eine zweite Beziehung flüchtete und damit unehrlich umgegangen ist ? Das ist nicht richtig von ihm, weil so ein Verhalten viel Vertrauen zerstören kann, das sehe ich auch so - auch aus eigener Erfahrung.
Nur, wenn ich spüren würde, dass meine eigenen Kinder mich nach einem Gefühl beurteilen würden, was ich nicht "im Griff hatte", ich würde vermutlich unsicher werden im Umgang mit meinen Kindern.
Ich wünsche deinem Vater und auch deiner Mutter, dass sie herausfinden, was sie wollen und was sie nicht wollen und dass sie die Verantwortung darüber ganz bei sich selbst suchen, ohne euch in die eigenen Beziehungsfragen mit einzubeziehen.
Vielleicht schaust du selbst, welchen Platz du bei dem ganzen Gefüge einnehmen kannst, ohne dich dabei überlastet und unwohl zu fühlen ?

Liebe Grüße
MArliJo
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Re: Wie soll ich auf meinen Vater reagieren?

Beitrag von Eifelkind »

Hallo allerseits,

es sind einige Tage vergangen, und wie ich fast erwartet habe, ist nichts passiert. Mein Papa hat sich nicht gemeldet, weder per Email noch sonst wie. Der ein oder andere von euch wird jetzt sagen, ich soll Geduld haben, aber die ist langsam aufgebraucht. Und in meinem Kopf machen sich schon Gedanken breit, ob es das jetzt war mit der Vater-Tochter-Beziehung. Das würde mich richtig traurig machen, aber noch geb ich nicht alle Hoffnungen auf.

Sollte nur mal ein kleiner Zwischenbericht sein.

LG

Eifelkind

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