mit 28 Scheidungskind... brauche dringend ein offenes Ohr

Allgemeines Scheidungskinder Forum - Dies ist eine virtuelle Selbsthilfegruppe für Kinder und Eltern in allen Fragen rund um Trennung und deren Folgen.
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Lilly1
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mit 28 Scheidungskind... brauche dringend ein offenes Ohr

Beitrag von Lilly1 »

Ich bin heute zwar schon 28 Jahre alt und die Trennung meiner Eltern liegt auch bereits 1 Jahr zurück, aber trotzdem merke ich das ich noch immer nicht wirklich damit klar komme. Eher im Gegenteil. Meine Wut wird immer größer.

Wo fange ich mit meiner Geschichte am besten an? Ich möchte euch nicht langweilen aber ich denke ich muss trotzdem etwas weiter ausholen.....

Ich bin das mittlere Kind meiner Eltern und habe noch 2 Brüder. Einer ist 21, der andere 30 Jahre alt.
Wir sind sehr ländlich aufgewachsen und wenn ich versuche mich zurück zu erinnern, meine ich, dass wir eine sehr glückliche Kindheit hatten und meine Eltern beide sehr fürsorglich waren. In unserem Haus wurde früher viel gelacht und wir haben als Familie immer sehr viel unternommen. Mein Vater war immer sehr feinfühlig und hatte immer ein feines Gespür für unsere Sorgen. Mit meiner Mutter hatte ich immer das Gefühl das ich über alles mit ihr reden konnte. Ob das der erste Liebeskummer war oder das erste Mal. Sie war eine wichtige Vertrauensperson für mich. Aber sie vertraute mir auch Dinge an. So erzählte sie mir vor vielen Jahren, ich war vielleicht 16, das mein Vater sie einmal betrogen hatte als ich gerade geboren war. Sie sagte aber auch das sie ihm das längst verziehen habe und jeder Mensch eine zweite Chance im Leben verdiene.

Wie in allen Ehen gab es auch bei meinen Eltern Höhen und Tiefen. Allerdings gab es nie eine Situation in der ich mir ernsthaft Sorgen machte, dass die beiden sich trennen könnten.
Das fing erst vor ca.4 Jahren an.....


Damals fingen meine Eltern an sich eng mit unseren Nachbarn zu befreunden. Damals haben ich und mein heutiger Mann noch in der Dachgeschosswohnung meiner Eltern gelebt und haben also alles aus erster Hand miterlebt.
Die Nachbarn waren oft bei uns zu Besuch und die vier haben viel miteinander unternommen. Sie schienen sich gut zu verstehen obwohl das Nachbarehepaar ca. 10 Jahre jünger war als meine Eltern.

Im Sommer 2007, kurz vor unserer Hochzeit, stellte ich dann so langsam Dinge fest, die mir gar nicht gefielen. Unser Nachbar kam auffällig oft alleine zu uns. Zufälligerweise meist wenn mein Vater Spätschicht hatte. Wenn wir nachmittags von der Arbeit kamen, dann saß er meist schon bei meiner Mutter. Eigentlich war es bei uns üblich das wir nachmittags alle zusammen Kaffee getrunken haben. Das war mir auch immer sehr wichtig weil wir da alle als Familie zusammen kamen. Jetzt war meine Mutter plötzlich fast nie mehr zu Hause wenn mein Vater zur Spätschicht war oder aber der Nachbar war zu Besuch.
Im Winter darauf stellte mein Mann fest das oft Fußspuren im Schnee rund um das Haus führten wenn er morgens mit unserem Hund Gassi ging. Und bald darauf, im Frühjahr 2009 kamen im Dorf die ersten Gerüchte auf weil meine Mutter mit dem Nachbar oft zusammen gesehen worden war. Irgendwann kam dann alles mit einem großen Knall heraus. Meine Mutter sagte das der Mann sich in sie verliebt hätte aber das da nichts war. Und sie würde das schon in den Griff bekommen in dem Sie den Kontakt abbricht. Aber schon wenige Wochen später kam alles heraus. Sie hatte schon über ein Jahr gelogen. 2 Wochen vor unserer Hochzeit ist sie das erste Mal mit diesem Mann ins Bett gestiegen. Wenn mein Vater Nachtschicht hatte, hat der Nachbar seiner Frau Schlaftabletten ins Wasser gemischt und meine Mutter hat ihn zum Schlafzimmerfenster reingelassen damit wir nichts merken. Dann hat sie meinen Vater im Ehebett betrogen.
Mein Vater wollte mit ihr sprechen, ich kam gerade zufällig dazu, er sagte: denk doch an unsere Familie, an die Kinder...
Sie riss sich los., schaute mich an und antwortete: Das ist mir jetzt alles egal. Ihr habt meine große Liebe zerstört.
Niemals werde ich das vergessen können. Und was hat mein Vater getan? Er ist zu unserem Nachbarn gegangen und hat ihn gebeten seine Frau in Ruhe zu lassen. Was er auch versprach. Und auch meine Mutter wollte nach einem langen Gespräch zwischen meinen Eltern, ihrer Ehe noch eine Chance geben.
Ich sah das mehr als skeptisch. Denn ich ertappte mich dabei wie ich alle ihre Aussagen in Frage stellte weil ich ihr einfach nicht mehr glaubte. Meinem Vater musste es da doch ähnlich gehen? Allerdings hat meine Mutter von uns verlangt niemals wieder über diese Sache zu reden.... Nach ein paar Wochen merkte ich aber schon wieder das meine Mutter mehr als abwesend war. Sie war gar nicht mehr wirklich da und war so teilnahmslos. In dieser Zeit wurde ich schwanger. Mein Mann und ich haben uns riesig gefreut. Aber auch das schien meine Mutter relativ kalt zu lassen. Sie fragte zwar manchmal nach den Ultraschallbildern aber wenn ich Fragen hatte und mit ihr reden wollte tat sie das meist ab. Einmal als ich so im 5. Monat war schaute sie mich von oben nach unten an und meinte: Hast ganz schön zugelegt. Ein Babybauch ist das aber nicht. ...

2 Wochen vor der Geburt meiner Tochter kam sie eines Abends zu mir in die Wohnung. Ich war noch auf und sah fern. Mein Mann schlief schon. Sie bat mich meinen Vater auf dem Handy anzurufen, da sie ihn nicht erreichte und er abgehauen sei.
Ich schaute sie nur fragend an. Sie erklärte mir das ihre Affäre die letzten Monate genutzt habe um seine „Angelegenheiten“ zu regeln. Und nun möchte sie mit ihm zusammen leben. Sie wollten mir nichts sagen bis das Baby da ist aber da mein Vater sich nicht mehr zusammen reißen konnte, hätte sie es mir nun ja sagen müssen. Aber ich solle mich ja nicht aufregen...

Danach fing der Terror erst richtig an. War ich vorher meist nur sehr bedrückt und hilflos mit der Situation und fragte mich oft was wohl aus den beiden werden würde, dann war jetzt Krieg. Jetzt war für meine Mutter alles geregelt. Ganz offen ging sie jeden Tag zu ihrem Liebhaber und kam abends nach Hause zurück und legte sich ins Ehebett. Als mein Vater in eins der leerstehenden Kinderzimmer einzog um nicht mehr mit ihr in einem Bett zu schlafen, reagierte sie völlig hysterisch. Ihr Liebhaber hätte bis zum letzten tag als seine Frau dann auszog mit dieser noch in einem Bett geschlafen. Da könnte er das schließlich doch auch. Was ich dazu wohl meine. Ich habe gedacht ich bin im falschen Film. Jeden Moment müsste ich aufwachen und das alles wäre nur ein böser Traum. Bis heute bin ich nur leider nicht aufgewacht....
Meine Mutter suchte dann nach einer Wohnung für sich und ihren Liebhaber. Zwischenzeitlich wurde meine Tochter geboren und ich hoffte das die beiden sich deshalb ein bisschen zusammen reißen würden. Oder zumindest das sie mich ein wenig raushalten würden. Fehlanzeige.

Noch im Krankenhaus rief mich eines nachmittags mein Vater aufgelöst an und bat mich meine Mutter auf dem Handy zurück zu rufen. Sie hätte versucht uns zu erreichen (wir waren aber bei einer Untersuchung) und weil wir nicht dran gingen rief sie dann meinen Vater an und meinte er hätte Stimmung gegen sie gemacht und deshalb würden wir nicht mit ihr reden wollen.
Ich konnte es gar nicht fassen das vor wenigen Tagen ihr erstes Enkelkind geboren wurde und sie glaubt das unsere Welt sich nur um sie dreht. Da war ich so unfassbar wütend wie noch nie in meinem Leben zuvor.

Auch später im Wochenbett als ich schon wieder zu Hause war ging es mit vielen Vorfällen dieser Art so weiter. Kurz vor Weihnachten zog sie dann aus. Und ich hoffte das es nun ruhiger werden würde. Das wir ihr beim Umzug nicht halfen, hält sie mir heute noch vor.

In den Tagen nach ihrem Auszug ging es meinem Vater sehr schlecht. Er weinte sehr viel und trank auch zuviel. Immer wieder sagte er, dass er ihr den Rückweg nicht verbauen will und dass er ihr auch noch einmal verzeihen könnte. Er hoffte immer das sie zurück käme. Jeder Bekannte und Verwandte sagte dann zu mir: aber kümmere dich jetzt gut um deinen Vater. Ganz so als ob ich nun die Rolle meiner Mutter übernehmen müsste. Ich hab mich dadurch wahnsinnig unter Druck gesetzt gefühlt und meine innere Wut wuchs immer weiter.
An Weihnachten selbst tat meine Mutter so, als ob sich nichts geändert hatte. Sie kam und kochte für die Familie als ob es so sein müsste.
Als sie schließlich merkte wie mich das belastet und bedrückt fragte sie ob sie lieber nicht mehr herkommen solle.
Ich konnte nur antworten das sie es sich aber sehr leicht macht.

Nach ein paar Wochen hatte mein Vater dann Kontakt zu der Exfrau unseres Nachbarn und die beiden schütteten sich gegenseitig ihr Herz aus. Dabei kamen sie sich näher und kamen dann auch irgendwann zusammen. Was meine Situation noch absurder machte als bisher.
Ich kann es natürlich irgendwie nachvollziehen und war auch froh das mein Vater jemanden hatte der ihm Halt gab. Allerdings war es für meine Mutter der Aufruf zum Rosenkrieg.
Sie meinte, dann kann seine Liebe ja nicht so groß gewesen sein. Und überhaupt hätte sie 30 Jahre lang nur gelitten weil sie ihm seinen Seitensprung wohl nie wirklich verziehen hätte. Zu mir sagte sie, wenn ich kein Verständnis für sie hätte, dann hätte sie mit uns Kindern eben 30 Jahre lang alles falsch gemacht. Und ich sitze da, höre mir das an und bin völlig sprachlos und fühle mich dabei hilflos wie ein kleines Kind.

Meine Mutter kam auch da noch jeden Tag kurz vorbei um, wie sie sagte, ihr Enkelkind zu sehen. Nur endete das regelmäßig in wütenden Streitereien meiner Eltern. Sie stritten sich sogar lautstark in meiner Wohnung während ich mit meinem Baby auf dem Arm weinend auf der Couch saß. Meine Aufforderung die Wohnung zu verlassen ignorierten sie komplett. Und als sich wenige Tage wieder zu irgendeiner Kleinigkeit in ihrem Krieg nach meiner Meinung befragt wurde bin ich völlig ausgerastet.
Ich habe beide angeschrieen und habe ihnen gesagt was für tolle Eltern sie sind und das ich nur ihretwegen ein Psychotherapie in Betracht ziehe.

In all der Zeit hat mein Mann sich das immer alles angehört und mich wieder getröstet und mir Mut gemacht. Aber da war für ihn ein Punkt erreicht an dem er auch unsere kleine Familie gefährdet sah. Er schlug vor das wir uns ein eigenes kleines Haus suchen und ausziehen. Damit wir etwas Abstand und Ruhe gewinnen könnten. Ich nahm den Vorschlag dankbar an. Schon im Sommer 2010 sind wir umgezogen.

Seitdem kommen beide Elternteile nur noch zu Besuch und das ist auch gut so. Meine Mutter ist aber nach wie vor auf dem Egotrip. Seit wir das Haus haben bedrängt sie mich, dass ich ihren neuen Lebensgefährten nun mit einladen müsse. Bei jeder Gelegenheit setzt sie mich damit unter Druck. Mal eher subtil, mal mit Tränen und mal mit Drohungen. Vor ein paar Tagen sagte sie zu mir: Du weißt aber schon das dass jetzt mal aufhört. Ich werde euch nicht ewig alleine besuchen kommen. Sie meint ich und mein großer Bruder wären die einzigen Menschen die sich so verhielten.
Ich möchte mich diesem Mann aber einfach (noch) nicht gegenüber sehen. Ich fühle mich dazu nicht im Stande. Dazu schmerzt mich alles was ich verloren habe einfach zu sehr. Und vor allem für das WIE das alles abgelaufen ist, sind meine Mutter und ER natürlich Hauptverantwortlich. Zumindest sehe ich das so. Sie meint sie trifft keine Schuld, denn damit könne sie nicht leben.

So, es ist sehr, sehr lang geworden. Aber es hat mir doch ein wenig geholfen meiner Wut und Trauer ein wenig Luft zu machen.
Danke fürs Zuhören bzw. Lesen.

LG
tarsshaft
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Re: mit 28 Scheidungskind... brauche dringend ein offenes Ohr

Beitrag von tarsshaft »

hallo lilly1!

willkommen in diesem forum! es tut gut, sich die dinge, die schmerzen, erst einmal von der seele zu schreiben, nicht wahr?! das ist der erste schritt in richtung verarbeiten - und der erste schritt ist ja immer der schwerste. also: sei erst mal stolz, dass du dich mit der wahrheit auseinandersetzt. das können viele ihr ganzes leben nicht.

du bist zwar erwachsen, hast selbst familie, aber natürlich bleibst du bei deinen eltern immer kind. und auf alles, was in zusammenhang mit den eltern bzw. den menschen, die einen erzogen haben, passiert, reagieren wir "wie ein kleines kind". und ebenso fühlen wir uns hilflos "wie ein kind" in situationen, die unsere eltern/erzieher betreffen. als erwachsene müssen wir lernen, diesen automatismus zu durchschauen. ich habe fast 30 jahre gebraucht, um diese automatismen zu erkennen und letztlich auch mein verhalten als erwachsene und meine typischen reaktionsmuster zu durchschauen, die ich im zusammenhang mit mutter, vater oder stiefvater an den tag lege. als ich die muster verstanden hatte, konnte ich anfangen mich abzugrenzen. mein leben bewusst zu trennen von dem meiner mutter, meines vaters, meines stiefvaters. mich nicht mehr verantwortlich zu fühlen für das, was in deren leben schief ging. kurz: mein leben zu leben als erwachsene selbstbestimmte frau und nicht mehr als kleine hilflose tochter.

das ist ein langer weg und wenn man die muster erkannt hat, dann geht der weg weiter und man lernt dann, diese muster zu durchbrechen, indem man bestimmte gegebenheiten nicht nur verstehen, sondern auch akzeptieren lernt.

du hast eine gute ausgangsbasis. mein rat: fange an, nach deinem inneren kind zu suchen. es gibt hier im forum viele beiträge dazu. dann wirst du wissen, wie es weitergeht.

alles gute für deinen weg! liebe grüße, tarsshaft
Das Heute leben, das Kommende erwarten, das Vergangene nutzen.
Lilly1
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Re: mit 28 Scheidungskind... brauche dringend ein offenes Ohr

Beitrag von Lilly1 »

Danke für deine aufbauende Antwort Tarsshaft.

Ich versuche mich intensiv mit allen meinen Gefühlen was die Trennung meiner Eltern betrifft auseinander zu setzen. Es ist aber noch sehr schwer für mich.

Momentan fühle ich mich mal wieder so unter Druck gesetzt das ich garnicht weiß wie ich dem noch Stand halten soll.
Gerade heute hatte ich, mal wieder, Streit mit meiner Mutter. Es ging um den ersten Geburtstag meiner Tochter in einigen Tagen.
Sie meint das ich mich entscheiden müsse. Entweder lade ich meine Tante und meinen Onkel ein, die sich wirklich sehr um meine Tochter kümmern. Dann kommt aber meine Mutter nicht. Sie sagt: Wenn dir Tante und Onkel wichtiger sind, dann musst du es nur sagen. Dann hast du ja eine Entscheidung getroffen.
(Sie kommt mit meiner Tante, ihrer Schwester, seit der Trennung nicht mehr klar)
Selbes Thema beu meinem Vater. Wenn er da ist dann bleibt sie halt nicht lang. Und vorallem soll mein Vater alleine kommen. Keinesfalls mit seiner neuen Partnerin. Das findet sie ungerecht, weil ich ihren Partner (trennungsgrund) ja nicht miteinlade.
Ich habe sie gefragt ob sie es gerecht findet das ich im Namen eines 1 jährigen Kindes zwischen Oma und Opa wählen muss. Aber nein, das hat sie ja garnicht verlangt. Sie möchte eigentlich nur ihren Partner mitbringen. Damit er endlich einmal mit der Familie zusammen käme.
Das ich das nicht möchte und vorallem den ersten Geburtstag meiner Tochter nicht mit solchen "Experimenten" gefährden möchte versteht sie nicht.
Letzendlich habe ich den Telefonhörer aufgelegt. Hätte ich wohl schon viel früher tun sollen denn nun lässt mich das Gespräch nicht mehr los.....
SoulOnFire
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Re: mit 28 Scheidungskind... brauche dringend ein offenes Ohr

Beitrag von SoulOnFire »

Liebe Lilly1,

ich glaube, dass du die Schlüsselsituationen in deinem Erstpost sehr gut getroffen hast! Dazu möchte ich gar nicht viel mehr sagen, als dass ich sehe, dass es mir beim Lesen weh tut, wenn ich sehe, wie eine Mutter versucht die Verantwortung für das eigene Handeln abzugeben und im Gegenzug Schuldgefühle versucht zu verbreiten. Anstatt dass sie offen und ehrlich mit euch gesprochen hat, hat sie es untergraben und verboten. Das finde ich katastrophal - auch wenn deine Mutter sicher aus guten Gründen so handelt und sich nicht traut offen zu sein.
Bei jeder Gelegenheit setzt sie mich damit unter Druck. Mal eher subtil, mal mit Tränen und mal mit Drohungen.
Ich würde behaupten, dass nicht deine Mutter dir Druck machst, sondern dass deine Mutter etwas tut und du darauf reagierst, indem du dir Druck machst. Nicht bewusst, sondern ganz automatisch. Das ist auch erstmal in Ordnung und normalweise schreibt man dann "die macht mir druck" und dass andere für alles verantwortlich sind, hat deine Mutter dir ja scheinbar so vor gelebt. Ich bin davon überzeugt, dass wir unsere Gefühle selbst verantworten. Das lässt viel mehr Spielraum für die eigene Freiheit. Dass diese Muster automatisch ablaufen, ist wichtig und auch gut, weil es genau das ist, was du gelernt hast und du ein normaler Mensch bist, der auf die Ereignisse, die du nun mal erlebt hast, so reagiert. Wenn ich mir eingestehe, dass ich es aber selbst bin, der heute noch nach diesen Mustern handelt und empfindet, dann habe ich dadurch die Entscheidung in der Hand und muss nicht erst meine Mutter von irgendwas überzeugen, hoffen, dass sie endlich versteht und im Endeffekt selbst leiden. Eigentlich braucht sie nicht verstehen, sondern ich will verstehen. Ich glaube, dass auch deine Intuition im Grunde gut ist. Von dem was du schreibst.. da würde ich mich erst mal genau so ärgern und enttäuscht sein!
Genauso ist im Gegenzug deine Mutter auch selbst verantwortlich und sowas: "Ihr habt meine große Liebe zerstört." kann sie zwar sagen, ändert aber nichts an ihrer eigenen Verantwortung. Deswegen ist sie auch so sauer, weil sie es selbst ausbaden muss.

In deinem letzten Post hast du ganz viel darüber geschrieben, was deine Mutter, dein Vater, Tante, Onkel ... wollen und nicht wollen. Du denkst für sie alle mit, was dich natürlich ehrt, aber ich frage mich, was es mit dir macht? Ich frage mich, was willst du? Ich kenne dieses Gefühl von "Druck.. und das Gefühl, dass man irgendwie ja schon weiß was man will und es auch gesagt hat, aber trotzdem glaubt, dass man kein Recht dazu hätte, dass dann auch durchzusetzen oder wenn man es tut, dass man sich dann schlecht (Schuld/Gewissen) fühlen müsste. In deinem ersten Post hast du ein wenig davon geschrieben, was du möchtest. Was würde denn passieren, wenn du nur genau die Leute einlädst, die du einladen möchtest? Welche Gedanken und Gefühle kommen dann in dir auf?

Aus deinem ersten post lese ich vielleicht Antworten wie: "Meine Mutter würde dann weinen oder drohen". Und was passiert mit dir, wenn du dieses Verhalten deiner Mutter siehst? und Welches Verhalten würdest du dir von einer idealen perfekten Mutter wünschen? Findest du das Verhalten deiner wirklichen Mutter richtig? Warum musst du dein Verhalten anpassen und nicht sie?

Wenn es dir schwer fällt die Fragen zu beantworten, ist es vielleicht sinnvoll, dass du einfach mal schaust was in dir passiert, wenn du solche Fragen liest. Wenn du dann traurig wirst, würde ich mir wünschen, dass du uns das schreibst und vielleicht kannst du ja ein wenig weinen und Trost finden? Es ist nämlich sehr ärgerlich und enttäuschend, wenn man in solch schwierigen Verhältnissen einen Kindergeburtstag feiern möchte!

Viele Grüße
SoulOnFire
Lilly1
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Registriert: 8. November 2010 14:23

Re: mit 28 Scheidungskind... brauche dringend ein offenes Ohr

Beitrag von Lilly1 »

Lieber SoulonFire,

danke für deine liebe und ausführliche Antwort. Du hats in so vielerlei Hinsicht Recht mit dem was du sagst.
SoulOnFire hat geschrieben:Ich würde behaupten, dass nicht deine Mutter dir Druck machst, sondern dass deine Mutter etwas tut und du darauf reagierst, indem du dir Druck machst. Nicht bewusst, sondern ganz automatisch.
Da ist so viel wahres dran. Aber es ist auch so schwer diese Muster zu durchbrechen.
Mein Mann sagt auch immer das er weiß wie wütend ich dann bin, weil er mich gut kennt aber das man es mir nie ansieht und ich auch nie etwas sage. Ich versuche das meist mit mir auszumachen und eine Lösung zu finden mit der dann alle gut leben können. Alle, außer mir.
SoulOnFire hat geschrieben:In deinem letzten Post hast du ganz viel darüber geschrieben, was deine Mutter, dein Vater, Tante, Onkel ... wollen und nicht wollen. Du denkst für sie alle mit, was dich natürlich ehrt, aber ich frage mich, was es mit dir macht? Ich frage mich, was willst du? Was würde denn passieren, wenn du nur genau die Leute einlädst, die du einladen möchtest? Welche Gedanken und Gefühle kommen dann in dir auf?
In erster Linie macht es mich traurig das ich überhaupt in dieser Situation stecke. Oft auch trotzig. Dann denke ich darüber nach was ich gern möchte und möchte am liebsten allen sagen, dass sie gern dort bleiben können wo der Pfeffer wächst. Ich möchte vor diesen Situationen am liebsten davon laufen. Aber es holt mich ja doch immer wieder ein.
SoulOnFire hat geschrieben:Aus deinem ersten post lese ich vielleicht Antworten wie: "Meine Mutter würde dann weinen oder drohen". Und was passiert mit dir, wenn du dieses Verhalten deiner Mutter siehst? und Welches Verhalten würdest du dir von einer idealen perfekten Mutter wünschen? Findest du das Verhalten deiner wirklichen Mutter richtig? Warum musst du dein Verhalten anpassen und nicht sie?

Wenn es dir schwer fällt die Fragen zu beantworten, ist es vielleicht sinnvoll, dass du einfach mal schaust was in dir passiert, wenn du solche Fragen liest. Wenn du dann traurig wirst, würde ich mir wünschen, dass du uns das schreibst und vielleicht kannst du ja ein wenig weinen und Trost finden? Es ist nämlich sehr ärgerlich und enttäuschend, wenn man in solch schwierigen Verhältnissen einen Kindergeburtstag feiern möchte!
Wenn meine Mutter in solchen Situationen weint um damit irgendetwas durchzusetzen oder Mitleid zu erregen, dann macht mich das wütend. Allerdings sage ich ihr das nie. Ich schlucke es runter. Am liebsten möchte ich ihr entgegen schreien: HÖR AUF! HÖR AUF ZU HEULEN! Denn DU hast keinen GRund.
Aber das tue ich nie. Ich bin statt dessen ganz still und weiß garnicht mehr was ich sagen soll. Mein Mann meint ich müsse ihr zeigen wie ich empfinde aber ich schaffe das meistens nicht. Nur wenn die Situation komplett eskaliert.
Stattdessen fühle ich mich nur hilflos und traurig.
Ich würde mir wünschen das sie sich, zumindest für ihr Enkelkind, etwas zurück nimmt. An diesem Tag sollte es schließlich nicht um sie gehen. Als ich ihr das sagte, meinte sie aber das sie sich immer zurück nimmt und sich ja sowieso keiner darum kümmert wie es ihr so geht. Und wieder macht mich das wütend und so unendlich traurig......
SoulOnFire
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Re: mit 28 Scheidungskind... brauche dringend ein offenes Ohr

Beitrag von SoulOnFire »

Lilly1 hat geschrieben:Aber es ist auch so schwer diese Muster zu durchbrechen.
Keine Frage! Das ist schwer. Aber ich bin davon überzeugt, dass du kompetent bist und auch schwere Aufgaben meistern kannst. :) Ich kann auch gut verstehen, wenn du deine Kraft zur Zeit woanders brauchst oder das noch etwas mehr Klarheit braucht. Allein dass du dich hiermit außeinandersetzt ermöglicht es dir in der nächsten Situation schon ein kleines bischen anders zu denken/fühlen ("oh jetzt ist meine Mutter gerade wieder 4 und versucht mich verantwortlich zu machen - Schon niedlich so ein kleines Kind. Kein wunder, dass ich mich jetzt nicht traue zu sagen was Sache ist.. die würde ich damit ja völlig überfordern... aber was ist mit mir? wo bleibe ich? Wer sorgt dafür, wenn nicht meine Mutter? ich? ja!").
Ich versuche das meist mit mir auszumachen und eine Lösung zu finden mit der dann alle gut leben können. Alle, außer mir.
In erster Linie macht es mich traurig das ich überhaupt in dieser Situation stecke. Oft auch trotzig. Dann denke ich darüber nach was ich gern möchte und möchte am liebsten allen sagen, dass sie gern dort bleiben können wo der Pfeffer wächst. Ich möchte vor diesen Situationen am liebsten davon laufen. Aber es holt mich ja doch immer wieder ein.
Was würde passieren (konjunktiv!), wenn du es mal nicht mit dir ausmachen würdest und das in so einer Situation sofort auf den Tisch knallst und das alles nachhaltig rauslässt und durchsetzt? Was macht dir so große Angst, dass du sogar widerbesseren Wissens wegläufst? Ich bin davon überzeugt, dass du das nicht einfach so machst oder dumm bist, sondern dass es dafür einen ganz klaren Grund gibt. Als kleines Kind hast du bestimmt einfach gesagt wenn dir was nicht gepasst hat. Was ist dann passiert?
Wenn meine Mutter in solchen Situationen weint um damit irgendetwas durchzusetzen oder Mitleid zu erregen, dann macht mich das wütend.
Ich glaube, Wut ist immer die zweite Reaktion. Ich glaube, dass davor noch ein anderes Gefühl steht, ehe man wütend wird. Welches könnte das bei dir sein?
Ich bin statt dessen ganz still und weiß garnicht mehr was ich sagen soll.
Genau da sehe ich den Schmerz. SOLL, MUSS usw.. das alles hat da GAR NICHTS verloren, wenn es um DEIN Gefühl geht. Die ganzen "Solls" sind gesellschaftliche Verankerungen und manipulative Erfahrungen, die wohl oder übel jeder erlebt. Manche stärker, manche entspannter. Sie hemmen an dieser Stelle hier so sehr, dass ich jetzt enttäuscht von unserer Gesellschaft bin und wütend werde. Natürlich weißt du nicht was du sagen SOLLST. 1. Das SOLL würde dich herzlich wenig interessieren. Jetzt bist du erstmal wütend!! Punkt! 2. Da gibts nichts besonderes was du nun sagen "musst", denn deine Soziales Umfeld (in welchem du aufgewachsen bist) will ja auch gar nicht, dass du da jetzt was sagst, sondern dass du schön leise klein beigibst. Aber .. du bist wütend. Das musst du ausbaden... da würde ich mir verlassen und alleine vorkommen. Warum solltest du dann auf die Gesellschaft hören und "klein beigeben" wenn sie dich in so schwierigen Situationen alleine lässt?
Was würdest du denn sagen WOLLEN? wenn es einfach nach dir ginge?
Mein Mann meint ich müsse ihr zeigen wie ich empfinde aber ich schaffe das meistens nicht. Nur wenn die Situation komplett eskaliert.
Das freut mich! Ich fände es super, wenn es öfter eskaliert. Was passiert wenn es eskaliert? Was macht das mit dir?
Ich würde mir wünschen das sie sich, zumindest für ihr Enkelkind, etwas zurück nimmt. An diesem Tag sollte es schließlich nicht um sie gehen. Als ich ihr das sagte, meinte sie aber das sie sich immer zurück nimmt und sich ja sowieso keiner darum kümmert wie es ihr so geht.
Du "wünschst", was ich in Ordnung finde. Deine Mutter "fordert". Und wenn diese Forderung nicht erfüllt wird, dann droht sie mit Schuldgefühlen "ihr kümmert euch alle nicht um mich! Seht wie schwach ich bin... wie könnt ihr nur...". Das finde ich manipulativ und nicht familiär und harmonisch. Anstatt dass sie in euch vertraut unterstellt sie euch böse Absichten. Kein Wunder, dass sie sich einsam fühlt.
Und wieder macht mich das wütend und so unendlich traurig......
ja! Es freut mich zu sehen, dass du gesunde Reaktionen auf solche Verhaltensmuster zeigst und diese langsam rauslässt!
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