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Re: Heimat wo ist das?

Verfasst: 3. Juni 2013 18:14
von Tamara22
Liebe Traum-Tänzerin,

wie schön, dass du näher kommst an dieses Gefühl.
Ich habe lange Unterschiede gemacht zwischen zuhause und daheim.
Mein Zuhause ist hier, das hat mit meiner Familie zu tun, weniger mit dem Ort. Würden wir umziehen, zusammen, würde sich das auch wieder finden das Gefühl nach Hause kommen, da ist jemand, da gehöre ich dazu.
Daheim ist an mein Damals geknüpft, es ist dort wo ich aufgewachsen bin, auch wenn heute alles anders ist die Erinnerungen halten den Ort für mich wach. Aber und das merke ich auch, es sind nur Erinnerungen, es ist Vergangenheit, an die ich heute nicht anknüpfen kann, da gibt es keine Möglichkeit dazu.
Was ich kann ist zu Besuch dort sein, mich kurzzeitig darauf einlassen, dass da Heimat war für eine wichtige Zeit in meiner Kindheit und das ich nicht bleiben konnte...
Es ist ein zweischneidiges Schwert, es ist nicht nur gut es ist auch belastet und das wird sich auch nicht mehr ändern.
Als Gast, im heute, fühle ich mich nicht mehr daheim, das ist das Ding mit dem Gast sein, auf der Durchreise, für kurze Zeit, vllt. ungebeten, vllt, auch mal zuviel...es ist eben vorbei.

Traurig macht mich das, habe da lange nicht mehr drüber nachgedacht.

Was schön ist, ist dass ich dort noch eine sehr liebe Freundin habe, wir finden Kontakt immer, egal wieviel Zeit ins Land geht.
Naja und für meine Kinder und das nehme ich auch wahr und das macht es mir leichter ist das eben das Zuhause von Oma und Opa, die sie besuchen, das ist spannend und anders und macht Spaß und das macht mich glücklich, dass ich da dann dabei sein darf, dass sie es so leicht und unbelastet wahr-nehmen tut mir gut.

LG Tami :umarmen:

Re: Heimat wo ist das?

Verfasst: 2. Juli 2013 23:03
von Lapislazuli
Hallo ihr lieben :winken:

konnte schon lange nicht mehr hier reinschauen doch nun hatte endlich mal wieder Zeit bisschen rum zustöbern da bin ich auf diesen Beitrag aufmerksam geworden :)

Liebe Traumtänzerin, die Unruhe die du verspürst kenne auch ich ganz gut. Ich war auch lange Zeit auf der Suche nach Meiner Heimat. Ganz kurz zu mir: ich bin kein Scheidungskind. Meine Eltern leben zusammen und trotz kleinere Streitigkeiten hin und wieder sehe ich immer die Liebe die sie noch zu einander haben.. Dennoch hat da was an meiner Kindheit an mir gefehlt. Ich weiß nicht ob es daran gelegen hat das meine Eltern schon immer beide Ganztags gearbeitet haben? Oder wegen unserer Migrationshintergrund? Jedenfalls habe ich mich schon als Kind immer sehr alleine gefühlt. Mir hat das Heimatgefühl/ Zugehörigkeitsgefühl immer gefehlt. Das hat mich dazu bewegt sehr jung zu heiraten.
Hört sich im nachhinein blöd an aber für mich stand fest wenn ich MEINE Familie habe, bin ich angekommen.. Aber es war nicht so. Meine Ehe war nicht das richtige für mich. Und immer wenn ich meine Familie besuchen war, war ich hinterher sehr traurig. Ich habe etwas vermisst. Ich dachte in der Zeit oft das die Stadt in der ich geboren bin (also meine Heimatstadt) das ich die jetzt wieder vermisse. So nahm ich an das meine Heimat eben doch diese Stadt ist.

Nach meiner Scheidung habe ich mich eben auch deshalb wieder entschieden in dieser Stadt zu leben. Aber man kann es kaum glauben seit dem Tag an dem ich hier bin habe ich das Gefühl eine Strafe abzusetzen.. Ich fühle mich nicht wohl. Obwohl ich als verheiratete Frau mich unzählige Male hier gesehnt habe ist es nun unerträglich für mich. Denn es ist wie es Tami schon gesagt hat nur Erinnerungen, keine Zustände an die man wieder anknüpfen kann.

Mein Verhältnis zu meinen Eltern hat sich geändert. ich kann die Menschen die ich aus der Kindheit kenne kaum sehen, es tut mir nicht gut. Eine Zeit lang war es für mich unerträglich gewesen, ich hatte das Gefühl keine Luft bekommen zu können (Depressionen). Irgendwann hat sich das dann auch wieder gelegt. Aber für mich stand es fest es gibt keine Heimat für mich. Meine Seele hat keinen Ruheplatz..
Bis :) ich dann eines Tages in die Türkei ging. Plötzlich hatte ich ein absolutes Glücksgefühl, Sehnsucht, Freude es war alles zusammen. Was allerdings echt komisch war da ich mit diesem Land eigentlich nur Urlaubserinnerungen habe.
Als ich dann mit meinen jetzigen Freund zusammen gekommen bin ( er wohnt in Istanbul) da wusste ich ich bin daheim :)

Aber es war nicht nur er als Mensch der mir dieses Gefühl gegeben hat angekommen zu sein, es war auch nicht das Land sondern die Lebensweise der Menschen dort. Ich habe mit der Zeit gemerkt das ich mich in all den Jahren sehr einsam gefühlt habe. Manchmal gibt es so Momente zum Beispiel wenn ich an einer Sonnencreme rieche an dem ich Sehnsucht und Daheimgefühl erlebe. ich kann nun ziemlich genau sagen das es daran liegt das Sonnencremeduft mich an die gemeinsame Zeit mit meinen Eltern im Urlaub erinnert. Eine zeit in der ich meine Eltern und ihre Aufmerksamkeit voll genossen hatte.. solche Momente hatte ich leider trotz "intakter" Familie nur selten gehabt. Und bei meinem Freund ist das so, er lebt sehr nah zu seiner Familie. Nicht nur von der tatsächlichen Entfernung sondern auch emotional sind die sich sehr nah.
Ich bewundere das.
Keiner wird keinem zuviel. Sie sind immer füreinander da. Ich möchte jetzt damit aber nicht sagen das alle Türken so sind in der Türkei. Ich denke auch da ist seine Famile eine Ausnahme. Aber als ich das erste mal dort zu Besuch war und so eine inniges Familienleben miterleben durfte war das einfach herrlich.
Als ich da dann das erste mal übernachtet hatte, blieb die ganze Nacht wegen dem warmen Wetter das Fenster offen. Und so konnte ich bis ich einschlief hören wie in diesem riesen Wohngegend und Hochgebäuden die Menschen sich unterhielten, Fernsehn sahen, Baby hin und wieder weinten, der morgendliche Gebetsruf usw.. Ich hatte mich auch in der Nacht nicht alleine gefühlt.
Istanbul ist eine sehr lebendige Stadt. Ich bin mir bewusst das das auch nicht jedermanns Sache ist Tag ein Tag aus ständig "Lärm" ausgesetzt zu sein. Auch mein Freund kann diese Hochgefühle die ich da erlebe nicht so recht verstehen.
Aber als ich hier wieder zurück war ging es mir so schlecht. Seit dem Tag an bleibt bei mir immer die gesamte Nacht skype offen. ich schlafe mit den Geräuschen aus dem Istanbul und fühle mich richtig geborgen :)

So jetzt wollte ich es kurz machen habe aber sehr weit ausgeholt :(
Was ich hier veranschaulichen wollte ist folgendes: Heimat ist für mich der Platz auf Erden an dem ich mich geborgen fühle. Dieser Platz muss nicht immer ein tatsächlicher Ort sein. Es ist vielmehr der Zustand an dem man diesen Gefühl entwicklen kann. Bei mir ist es eben wenn ich mich nicht alleine fühle. wenn ich weiß ich habe Menschen um mich. ich muss es immer wieder spüren das ich mit meinen Sohn nicht alleine bin sonst gerate ich in Depressionen. Dieses nicht alleine sein Gefühl bekomme ich eben am ehesten in Istanbul. Und so habe ich nun Istanbul zu meiner Heimat gewählt. ;) wenn ich dann dort wohne und es mir irgendwann doch zuviel wird sage ich nochmal bescheit ;)
ich hoffe das konnte dem einen oder anderen ein bisschen inspirieren bei der Heimatwahl.

Ps: Hin und wieder passiert es wieder das es Augenblicke gibt die in mir etwas auslösen bzw bewegen, aber dann vernehme ich es bewusst nicht mehr als eine schmerzvolle Sehnsucht sondern versuche mit vollen Zügen dieses Glücksgefühl das von einer Erinnerung aus Kindheitstagen bestehen muss, zu genießen solange ich es verspüren kann.


Dann fällt mir noch was dazu ein. Mein Sohn ist ja nun leider ein Scheidungskind. Und während der Trennungsjahr zu seinem Vater habe ich gesehen wie er sich immer wieder an die Zeit als Familie zurück gedacht hat. Sehnsucht und Schmerz hatte diese winzig kleine Seele. Und das hat mich wiederum zum verzweifeln gebracht. Dann bei meinem Klinikaufenthalt sagte mir die Therapeutin das Kind denkt sich immer wieder an das vergangene, weil es das einzig schöne ist was es kennt. Er bräuchte neue schöne Erinnerungen. Ich habe danach sehr viele kleine und große Unternehmungen mit ihn gemacht und auch gerne mit ihn mich unterhalten. Dabei fiel mir auf dass es ihn sehr gut tut wenn ich aus seiner babyzeit von mir und ihm erzähle. Erinnerungen bei denen der Konflikt mit seinem Vater nicht präsent sind. Zum Beispiel meine Schwangerschaft. Er findet es so toll wenn ich darüber erzähle. Oder wenn ich ihn erzähle wie er als Baby war und dass mein Bauch quasi seine erste Wohnung war ;) Ich kann mich an sehr vieles noch komplett erinnern und da freut er sich sehr darüber das mir diese Sachen die nur über ihn sind, so wichtig sind und ich diese Erinnerungen bewahre. Mittlerweile zeigt er es immer wieder das in seinen Augen meine wärme seine heimat ist. wenn er traurig ist will er sich zum Beispiel unter meinen pullover verstecken. und dann sagt er auch das er wieder ein baby ist und in meinem bauch lebt :) sicher ist das keine dauerlösung aber es ist sehr angenehm zu sehen das er sich bei mir so geborgen fühlt. ich hoffe von ganzem herzen das ich bei meinem Sohn dieses Gefühl immer beibehalten kann so dass er über all auf der Welt und in jeder Situation sich bei mir zuhause und geborgen fühlt.

Ich entschuldige mich bei allen für diesen kleinen Roman :( ich wünsche mir sehr das meine Erfahrungen in dieser Hinsicht einen kleinen Denkanstoß gegeben hat.

Wünsche allen noch eine schöne Nacht.

Re: Heimat wo ist das?

Verfasst: 3. Juli 2013 10:54
von siebenzwerge
Liebe lapislazuli,

zu Tränen gerührt war ich als ich deine wunderschöne Geschichte las (sie war mir persönlich übrigens gar nicht zu
lang....im Gegenteil...)
ich bin im Moment auf "Heimatsuche" und ich habe in meinem Thread
"Wollen endlich zur Ruhe kommen und einen Neuanfang wagen"
auch zum Ausdruck gebracht wie ich mich fühle.
Vielleicht schaust du ja mal rein.

Liebe Grüße
siebenzwerge

Re: Heimat wo ist das?

Verfasst: 3. Juli 2013 11:07
von siebenzwerge
ich nochmal,

gerade lese ich in deinem Thread
"neues Glück dem Kind zuliebe aufgeben"
und ich lese dabei für mich
wichtige Dinge heraus, da ich im Moment auch vorhabe "umzuziehen"
und dabei endlich wieder glücklich zu werden
und mir ähnliche Sorgen mache
im Bezug auf meine Kinder usw., wie du damals.
Das hilft mir sehr.....

liebe Grüße
siebenzwerge

Re: Heimat wo ist das?

Verfasst: 11. Dezember 2015 12:34
von Vanni 94
Hallo,
eine Heimat zu haben ist für mich ein Luxus und ich bin froh behaupten zu können das ich eine Habe.

Doch der Gast im eigenen leben zu seinen. Das kenne auch ich nur zu gut. Nach Hause zu kommen
, sagt man weil am an einen Ort kommt an dem sich grade die eigenen Sachen befinden und man dort grade lebt. Aber Heimat ist für mich bei meiner Mutter in unserer Wohnung, in der ich Lebe und aufgewachsen bin. Gleichzeitig ist Meine Mutter meine Heimat, sie ist für mich da und ich für sie. Seit der Trennung vor vielen Jahren ist unser Verhältnis enger und Stärker als das was ich jeh zu meinem Vater hatte oder haben werde. Er ist noch immer ein teil meines Lebens, aber er hat nichts mit einem Heimat Gefühl zutun.

Ich habe mich nie heimatlos gefült, ich hatte das Gefühl ich sollte zu viele Heiraten haben ohne mich dort wirklich heimisch zu fühlen. Die Unterordnung meiner selbst unter die Funktionsweise einer andern Familie hat in mir einen Rückzug ausgelöst.
Nichts sehen, Nichts hören, Nichts sagen.Der Wunsch unsichtbar zu sein war in dieser Zeit sehr groß.

Wie man das Gefühl von Heimat entwickelt, weiß ich nicht. Aber ichglaube es geht dab i um einen Ort oder eine Person die für mich Geborgenheit ausstrahlen

LG. Vanni