Ein ungeklärtes Problem in sich

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FreeAislin
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Ein ungeklärtes Problem in sich

Beitrag von FreeAislin »

Hola...

jetzt bin ich wieder mal hier gelandet, weil mich etwas innerlich bewegt. Ich habe gelernt offen über seine eigenen Gefühle zu schreiben, was ich hiermit auch tue. Ich bin auch erwachsen geworden, trotzdem trommelt mein inneres Kind gegen meine Seelenfenster. Jetzt öffne ich das Fenster und lass es sprechen.

Was bewegt mich zur Zeit so sehr? Erstmal zum Anfang dieser Geschichte, bevor ich zu meinem eigentlichen Problem komme. Ein kurzer Ausschnitt, so wie meine Mutter mir erzählte: 1985, da war ich 4 oder 5 ließ sich meine Mutter von meinem Vater scheiden. Danach zog ich mit meiner Mutter in ihre Heimatstadt zu meinen Großeltern. In dieser Zeitspanne gab es sehr viele Veränderungen. Viele Umzüge, neue Partner meiner Mutter, viele Reisen. Alles halb so schlimm. Doch es gibt auch eine negative Seite. Mein Vater wollte mich schon nach der Geburt ins Heim geben, weil ich als Mädchen auf die Welt kam, nicht als Junge. Später sperrte er mich ständig in die enge Besenkammer unter Treppe, weil ich ihn so sehr nervte. Als ich 14 war traf ich ihn zufällig im Gehörlosenzentrum. Er strahlte über das ganze Gesicht und sagte ständig: Ich bin dein Vater. Mich verwirrte es und lehnte ihn ab. Zu diesem Zeitpunkt hasste ich ihn sehr.

Den Hass zu meinem Vater habe ich nach weiteren Jahren schreittweise überwunden, doch es bleiben noch ein paar Spuren in mir zurück. Narben, die immer wieder wehtun. Mittlerweile habe ich meinem Vater verziehen. Schließlich kann ich ihn zum Teil verstehen, was seine Unzufriedenheit damals anbelangt.

Heute bin ich auch verheiratet. Alles wunderbar, doch ein kleiner Teil drängt mich immer wieder in die Ecke. Die Angst vor Kritik, damit verknüpft die Angst vor Ablehnung. Ich sage mir immer wieder: Hab keine Angst vor Kritik, sie kann dich weiterbringen und lernst daraus. Und doch, wenn es zwischen mir und meiner Partnerin Streitereien gibt, dann sehe ich mich immer als Ursache dafür. Ich kann sie verstehen, wenn sie sauer ist und einfach nur ihren Gefühlen freien Lauf lässt. Danach können wir ruhig miteinander reden. Doch in mir bleibt das Gefpühl zurück: Akzeptiert sie mich, so wie ich bin? Zum Zeitpunkt des Streits fühle ich mich ganz stark in die Ecke gedrängt, weil ich wieder Fehler gemacht habe, weil ich sie wieder wegen meiner Unachtsamkeiten verärgert habe. Nach mehreren Streits haben wir uns immer wieder versöhnt. Es liegt auch zum Teil auch an unseren zu unterschiedlichen Persönlichkeiten. Sie ist eher schnell aufbrausend und ungeduldig, zielstrebig, und ich bin eher der ruhigere Typ, aber auch ein sehr lebensbejahender Mensch. Sie ist der wichtigest Mensch in meinem Leben, denn wir stehen uns sehr nah, was ich auch sehr stark fühle. Doch heute nach einem erneuten Streit, ihr Fass ist wieder zum Überlaufen gebracht, dachte ich nur: Immer wieder kommen wir zum gleichen Punkt und ich kann nicht mehr. Ich denke an Trennung, öfters wurde es angesprochen. Warum kann ich mich nicht mit Kraft dagegen stellen? Ich sagte ihr, ich bin ein Mensch mit Fehlern und kein perfekter.Sie ist mein Lebensmittelpunkt und wir haben so vieles geschafft. Ich schätze ihre Stärken und sehe über ihre Schwächen hinweg. Warum kann ich mich nicht mit Kraft dagegen stellen? Ich sagte ihr, ich bin ein Mensch mit Fehlern und kein perfekter. Schwuppdiwupp reise ich in die Vergangenheit: Hängen diese Gefühle mit meiner Vergangenheit zusammen? Lange Zeit konnte ich sehr schwer Schwächen zeigen, weil das damals so passiert war. Doch ich sage mir: Das ist Vergangenheit, sie ist vorbei. Doch genau diese Narben brennen. Die meiste Zeit mit ihr ist wunderbar, ich gehe mit ihr über Höhen und Tiefen. Sie ist meine Reisebegleiterin durch das Leben. Doch trage ich mit mir immer noch ein Gepäck mit mir rum, dass ich loslassen möchte und es an mir klebt und mich wie ein Boomerang verfolgt, wenn ich loslasse.

Kennt das jmd. von euch auch?

GVLG aus Mexiko
Tamara22
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Re: Ein ungeklärtes Problem in sich

Beitrag von Tamara22 »

Hallo FreeAislin,

auf deine letzte Frage könnte ich einfach mit ja antworten, kenne ich.
Nur dass das meine Geschichte ist und ich den Eindruck habe, dass du für deine Geschichte so etwas wie ein "happy End" suchst, etwas das die Vergangenheit abschliesst, dir Frieden damit gönnt. Und da hilft es möglicherweise nicht, wenn ich einfach ja sage...
Hm, ich sehe, dass du schon viele Schritte für dich gegegangen bist und nun an einer Weggabel stehst, die du scheinbar kennst, an der du wiederholt warst und bist und an der du möchtest, dass du einen anderen Weg einschlagen kannst, als den, den du bisher genommen hast. Und eine Karte, hm, die findet sich wohl nicht so schnell, vielleicht ist sie für diesen Teil der Reise auch noch nicht geschrieben worden, vielleicht bist du derjenige, der diese Karte für sich selbst schreiben wird, wer weiß.
Einige Stelle hier kennst du ja schon, von anderen scheinst du eine Ahnung zu haben, sie verlocken und du magst da gern noch hinreisen.
Und du schreibst, dass du eine Reisebegleitung hast auf deinem Weg, das ist schön und macht das Ganze noch spannender :)
Veilleicht hat eine Reisebegleitung auch eine Karte, oder versucht grade eine zu zeichnen, von diesem Gelände in dem ihn euch bewegt un bewegt habt.
Und scheinbar habt ihr da verschiedene Idee, was auf so eine Karte gehören könnte und was auf keinen Fall drauf soll.
Und Gepäck habt ihr dabei, beide nehme ich an, denn diese Reise wird ja eine Weile dauern, denke ich *lächel*.
Ich habe gelesen, dass dir ein Teil deines Gepäcks zu schwer ist und du denkst, dass du es auf dieser Reise nicht brauchen wirst.
Hast du eine Idee, wie ihr beide euch da austauschen könnt, wohin die Reise wohl gehen soll und was dafür nötig sein wird? Um dann zu sehen, was davon an dieser Stelle des Weges abgegeben werden darf?
Deine Reisebegleitung kann dein Gepäck ja nicht für dich tragen, sie hat ja ihr eigenes und vielleicht wiegt das auch schon genug.
Vielleicht hat sie ja eine Idee für dich, was davon momentan nicht benötigt wird und was sie in ihrem Gepäck hat,. das dir vielleicht weiterhelfen kann, wenn du etwas brauchst.
Vielleicht gibt es Dinge, die ihr beide tragt, die einer von euch dann schon mal loslassen kann, weil ihr darum wißt, dass es da noch ein Notfalltäschchen gibt, auf das ihr zurückgreifen könnt...

Ich glaube, wenn sich zwei zu einer Reise zusammen tun, dann kommt da ganz schön viel Gepäck zusammen, von dem manchmal garnicht so klar ist, was damit geschehen soll, was davon so wichtig ist, dass es mitgetragen werden soll und von wem und ob vielleicht ein Teil davon zusammen getragen werden kann...Varianten gibt es da viele.
gepäck zurücklassen, damit der Weg nach vorne leichter wird geht glaube ich dann, wenn klar ist was gebraucht wird und was schon da ist, nochmal genau nachgeschaut, vielleicht eine Liste gemacht, vermerkt, was da ist, was vielleicht noch fehlt, was nicht dringend benötigt wird, was auch unterwegs noch besorgt werden könnte, wenn es das braucht...

Das Gepäck neu packen, zusammen, so dass es für beide tragbar ist, leichter wird für den Einzelnen und Sinn macht auf der Reise.
Das wünsche ich dir und deiner Reisebegleiterin :)
Tami
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FreeAislin
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Re: Ein ungeklärtes Problem in sich

Beitrag von FreeAislin »

Hallo Tami,

vielen Dank für deine aufmunternden Worte, das baut mich echt auf. Ja, du bringst es auf den Punkt, dass ich immer wieder an dieser Weggabelung ankomme und mich frage, ob ich allein weitergehe oder weiter den Weg mit meiner Reisebegleiterin beschreiten will. Gestern fiel mir die Antwort vor meine Füße. Egal, wie groß das Problem ist oder egal wie hoch der Berg, wie weit der Gipfel noch ist, so möchte ich mich meinen Gefühlen stellen und zu ihr halten. Gestern wurde das Gepäck leichter, weil gestern mal die Karte begutachtet wurde und alles kam zur Sprache. Mir ist bewusst, das Gepäck, dass ich mit mir trage, ist ganz viel Liebe. Auf dem Weg kann ich ganz viel davon verschenken. Ich sage ja zum Leben und ich hoffe, dass ist für meine Begleiterin auch ansteckend weiter unseren Weg zu gehen, ohne zu hohe Erwartungen zu haben. Mit den anderen Teilen des Gepäcks lerne ich gerade es als ein Geschenk zu betrachten. Ein Geschenk, dass ich selbst formen und ändern kann. Manchmal zeigt es sein grässliches Gesicht und ich bekomme Angst, fühle mich schwach, aber ich sehe diesem direkt ins Gesicht. Der Weg geht weiter auch über hohe Berge.

Wünsch dir alles Gute

FreeAislin
Tamara22
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Re: Ein ungeklärtes Problem in sich

Beitrag von Tamara22 »

Guten Morgen,

ihr habt euch gemeinsam die Karte angeschaut, das ist schön.
Und es klingt so, als hättet ihr Ideen wie das gemeinsam aussehen kann, die Berge erklimmen und durch dei Täler gehen...
Und da steckt ganz viel Liebe drin, ja und es ist schön das zu lesen und da sehe ich, dass du das auch spüren kannst und das ist das Wichtigste.
Ein JA zum Leben ist ein Ja zu dir. Ich glaube das braucht es immer wieder und grade dann wenn dieses grässliche Gesicht Angst macht.
Grade dann mit allem Mut und aller Liebe die im Inneren ist...das wünsche ich dir und deiner Wegbegleiterin :)

Und dass die Sonne oben auf der Bergen scheint über den Wolken...
Tami
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