Illusionen und Dankbarkeit

Allgemeines Scheidungskinder Forum - Dies ist eine virtuelle Selbsthilfegruppe für Kinder und Eltern in allen Fragen rund um Trennung und deren Folgen.
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FairyQueene

Illusionen und Dankbarkeit

Beitrag von FairyQueene »

Hi,

da ich Bolz’ Fred nicht mit meinem eigenen Quark zutexten möchte, fange ich hier nochmal extra an, weil mir die Problematik nicht unbekannt vorkommt.

Geschichte 1:
Der Liebste zieht bei uns ein und denkt, toll, ein Junge (damals 9), mit dem kann ich ja zusammen was machen, ihm was zeigen usw. Superidee, klappt natürlich nicht. Der Vater ist der Größte, der Neue wird allenfalls geduldet, noch dazu als Rivale um Liebe und Zuwendung der Mutter erlebt (und alle Erklärungen über Unterschiede zwischen Kinderliebe und Erwachsenenliebe gehen in den Wind - das Kind ist durch die Trennung fix und fertig und klammert an der Mutter). Nicht Hallo und Tschüs sagen sind an der Tagesordnung (das fand ich aber immer nachvollziehbar, besonders, wenn der Vater danebensteht, und Kinder sind bei diesen Ritualen sowieso nie vorne dran - da war ich auch bei anderen Kindern nie beleidigt). Der Typ ist eben auch noch so da. Das Zusammenleben ist anstrengend, wenn das Kind da ist, am schlimmsten sind die Urlaube. Das Kind ist dauernd Thema. Der Liebste könnte jetzt natürlich sagen, ich mache alle Angebote und kriege nichts zurück, ich mag dieses Kind nicht. Stattdessen merkt er, dass er überzogene Erwartungen hatte, was ihn entlastet, aber die Situation zunächst auch nicht verbessert.

Besser wird es erst, als mein Sohn ganz zu uns zieht, und sich richtig auf den "Neuen" einlässt. Für normale Elterndienstleistungen kriegt der Stiefvater zwar noch immer keinen Applaus, wohl aber für Dinge, die er besser kann als Mama: Computerwrickeln, Jungsfilme gucken, auf dem Teppich bleiben, wenn was schiefläuft. Und ja, wir hatten gerade einen schönen Urlaub, den ersten, wo der Stiefkram keine Rolle gespielt hat. Nach 4 Jahren.

Und neulich höre ich zufällig, wie jemand meinen Sohn fragt: Was für Berufe haben denn deine Eltern? Und er sagt: Meine Mama macht X, mein Vater Y, und mein Stiefvater Z.

Geschichte 2:
Der Vater hat eine neue Freundin, was vom Sohn zunächst enthusiastisch begrüßt wird, weil er sich Sorgen um den Vater macht. Dann zieht der Vater wegen der Freundin in eine andere Stadt. Im neuen Haus hat der Sohn auch ein Zimmer; er betrachtet es als zweites Zuhause. Zur Einweihungsfeier darf er aber nicht kommen, weil dort Kinder nicht erwünscht sind. (Bei einem Sonntagsfrühstück, nicht bei einer Koksparty.)
Die Freundin findet, dass der Sohn an den Papawochenenden zu wenig tut, und zu wenig danke sagt. Sie sagt aber nicht "hier läuft das so" oder "ich möchte, dass du das und das tust, ich tu ja auch was für dich", sondern wartet, bis der Papa aus dem Zimmer ist, und sagt dann: "Dein armer Papa tut so viel für dich, und du hilfst ihm noch nicht mal beim Abtrocknen?!"
Seitdem überzieht der Sohn dort heftig, und neulich hat sie zu ihm gesagt: "Du brauchst dich doch nicht für jede Scheibe Brot zu bedanken, die ich dir gebe." Ach nööö? – Eingeforderte Dankbarkeit ist ein zweischneidiges Schwert. Mein Sohn scheint da zeitweise eine Art brav funktionierendes Zweit-Ich anzulegen, denn offen rebellieren darf er natürlich nicht. Ich habe ja den original faulen Sack lieber, aber ihr mag das anders gehen ...

Ich muss immer an Mutter Kempowski denken: "Ich arbeite und arbeite, bis mir das Blut unter den Fingernägeln hervorspritzt, und ihr? Was tut ihr?!"
Da wäre doch eine Regelung, wer was tut, ohne Beleidigtheiten und emotionale Erpressung, eine echte Erleichterung.

Mir scheint, Stiefeltern ohne Kinder haben festere Vorstellungen davon, wie Kinder einzuspannen sind und sich zu benehmen haben. Weil wir Eltern laxe Idioten sind, die sich interessante Körperteile für ihre missratene Brut aufreißen? Oder weil sie von Erwachsenenmaßstäben ausgehen?

Hm. Für Meinungen und Erfahrungen bin ich dankbar.

Herzlich grüßt
Fairy aus dem Resturlaub
Bolz
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Registriert: 11. September 2009 08:02

Re: Illusionen und Dankbarkeit

Beitrag von Bolz »

Hallo Du,

dann erlaube ich mir mal als Erste zu antworten weil ich ja grade im Thema bin ,)

Da kommen glaube ich mehrere Faktoren zusammen. Als erstes haben die leiblichen Eltern und alle andern Personen sicher eine getrennte Wahrnehmung von den Dingen. Es gibt da so einen schönen Spruch: Wenn man jemanden liebt, kann er einem heiße Suppe über den Schoß schütten, wenn nicht, kann es schon stören, wie er den Löffel hält... Sicher ist man als Elter viel öfter bereit ein Auge zuzudrücken, als als nicht Elter. Wenn man also als Beziehungsperson etwas für jemanden tut, erwartet man vielleicht auch manchmal eine wie auch immer geartete Gegenleistung, als Elternteil vielleicht nicht unbedingt. Sicher würdest Du für Dein Kind auch viele Dinge tun, die Du für ein anderes Kind nicht tun würdest, oder ?

Dazu kommt bei mir, dass es für mich auch sicherlich ein Punkt ist, dass das Kind nicht bei uns lebt, sondern immer nur Tageweise bei uns ist. Wenn man gemeinsam im Haushalt lebt, dann werden sicherlich auch Regeln festgelegt, an die sich alle zu halten haben. In unserem Fall ist das aber so, das das Kind hauptsächlich so erzogen wird, wie die Mutter das für richtig hält und damit sind einige Dinge ganz anders, wie ich das machen würde, wie mir das wichtig wäre und wie ich auch selbst erzogen worden bin. Für ein paar Tage ist es aber auch schwierig die eigenen Wichtigkeiten weiterzugeben und ein Scheidungskind hat ja immer auch noch die besondere Situation, dass es relativ einfach möglich ist, sich dem zu entziehen. Sprich: Wenn es beim Papa ( in unserem Fall ) zu unangenehm ist, dann komme ich einfach nicht mehr. Das ist in "normalen" Familien ja nicht so. Das birgt ein großes Frustpotential bei den nur tageweise zusammenlebenden Personen, die sich hier in einer recht hilflosen Situation befinden.

Und als dritten Punkt finde ich aus eigenem Erleben, dass der Stiefelternteil einen großen Sack "Faust in der Tasche" mitbringen muss, denn man muss jede Menge Kompromisse machen, die man vorher gar nicht absehen kann. Dafür eine gewisse Gegenleistung zu erwarten ( sei es Dankbarkeit, Freundlichkeit oder einfach nur Frieden ) halte ich nicht für überzogen. Sicher muss man als Erwachsener einen gewissen Langmut einem Kind gegenüber walten lassen, aber ein nur Geben und ein nur Nehmen funktioniert zumindest in meinem Gerechtigkeitsverständnis nunmal schlecht.

Lg
Bolz
MarliJo

Re: Illusionen und Dankbarkeit

Beitrag von MarliJo »

Hi Fairy, hallo Bolz.

Schön und einfach hautnah geschrieben, Fairy !

Ein Feedback an dich und deinen Letzten Satz, liebe Bolz, nur ganz kurz, da ich auf dem Sprung bin.
Ist dir schon der Gedanke gekommen, dass die Tochter (nicht nur Altersbedingt) schlicht nicht so viel geben kann, weil die Mutter ihr durch ihr Verhalten einfach etwas sehr wichtiges nimmt - nämlich die Freiheit, sich von dir bedingungslos angenommen fühlen zu dürfen,...sich fallen lassen und sich wohlfühlen zu dürfen ?
Wenn du dazu von deiner Seite der Tochter noch den gefühlten Eindruck vermittelst, dass sie dir (trotz aller Umstände) entgegenkommen muss, damit du sie annehmen und ein wenig mehr in dein Herz schliessen kannst, wird sie dass genauso als Druck empfinden, wie der, den die Mutter aufbaut, denke ich - und sie wird sich irgendwie verhalten...nur nicht Kindgerecht oder wahrscheinlich auch nicht "erwartungsgemäß" (siehe Fairy Beispiel mit der "Dankbarkeit" ihres Sohnes.)

Was würdest du dir wünschen, wenn du dir etwas wünschen dürftest ?

LG MarliJo
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Ansa
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Re: Illusionen und Dankbarkeit

Beitrag von Ansa »

Moin Ihr Lieben,

ich glaube dies könnte ein wichtiger Thread werden, weil es nichtu nbedingt um unsere Kinder geht, sondern um uns selbst..... "sei mal Dankbar..." wie oft habe ich als Kind diesen Satz gehört oder vielmehr klang er zumeist so "Du bist so furchtbar undankbar!" Und ich habe diesen Satz gehasst, trotzdem glaube ich, das er irgendwie in jedem von uns schlummert..... und als ich meine eigenen Kinder bekam habe ich mir geschworen "Diesen Satz hören sie niemals von mir!" und ich bin dem nicht gerecht geworden, ich nenne es oft anders "Du hast es so gut?" oder auch "schau doch einmal auf das, was Du hast." Aber ich weiß auch, das ist nicht fair, dann Dankbarkeit sollte kein Kind empfinden dürfen und müssen und wie könnte es das auch tun?

Es wird in eine Familie geboren ohne gefragt zu werden und muss nehmen was kommt, Armut oder Reichtum, Liebe oder Brutalität, Anteilnahme oder Ablehnung, das Umfeld in dem es sich wieder findet ist seine Normalität und Kinder aus "intakten" (an dieser Stelle Nicht-Trennungskinder) nehmen ihr Umfeld als gegeben. Viele Jahre glaube sie so sei das eben - erst in der Pubertät beginnen sie die Dinge anders zu sehen. Trennungskinder werden da raus gerissen, plötzlich ist ihr Umfeld, ihre Normalität, ihr Leben weg und egal wie sehr sie das nicht wollen (wer wollte das schon) sie müssen es hinnehmen. Sie müssen Trennung, Alltagsverlust eines Elternteils, vielleicht Verlust von zu Hause, von sozialem Umfeld, von Freunden und Verwandten annehmen. Sie lernen das Familie nicht er Hort der Sicherheit ist, vielleicht so schlimm wie bei meinen Kindern? Zwei Seiten eines Ganzen stehen sich Gegenüber, Großeltern ergreifen Partei, machen Mama schlecht, kommen sie nicht mehr besuchen, fordern zweite Feiern ein und geben ihnen ein schlechtes Gewissen, wenn sie das nicht wollen, "aber wir wollen mit Dir feiern!" (nur zu unseren Bedingungen, nicht in Deinem Zuhause sondern bei uns!" Das steht hinter so einer Forderung und das Kind spürt diese auch, kann sie aber nicht unbedingt erfassen - es lernt "sie mögen mein zu Hause nicht und schließt daraus "sie mögen auch micht nicht, so wie ich bin." und es fühlt sich schlecht, weil Erwachsene das auslösen! Und, ich finde das ist ein Unrecht dem Kind gegenüber.)

Kinder stellen nicht in Frage was ihnen passiert, sie verweigern sich, sie wehren sich, sie kapseln sich ab, sie suchen eigene Strategien und sie hören in ihrer Umwelt unterschiedliche Meinungen..... und probieren das ein oder das andere auch einfach mal aus. Gastig sein kann spannend sein, gibt Macht und macht doch unglücklich..... aber das erfahren sie erst viel viel später.

Was haben wir für Illusionen? Vielleicht kann ich nicht mitreden, ich habe keine Stiefkinder, mein Liebster hat keine Kinder und ich kann natürlich nicht empfinden, was er fühlt oder das was ihr als Partnerin eines Vaters fühlt. Ich kann für mich nur sagen, welches Verhalten ich wählen würde und was ich akzeptabel finde und was eher nicht. Authentiztät ist für mich das non plus Ultra. Meine Kinder würden ihren Vater mehr achten, wäre er irgendwie verlässlich..... ich bedauere das es anders ist, denn sie leiden darunter. Mein Liebster hat nie versucht ihnen den Vater zu ersetzen, er war immer er selbst, manchmal zu Tode betrübt, manchmal hilflos, manchmal wütend, aber immer er selbst und ich glaube, dafür lieben sie ihn.

Weil es in meiner Familie üblich ist, sich so etwas zu sagen, hört er es auch....... manchmal selbst, manchmal von anderen. Meine Große vor langer Zeit "Du, das sind meine Eltern und das ist mein Vater!" Nie hat sie das zu uns gesagt, wir haben es von anderen gehört, aber tief in unsere Herzen geschlossen. Das ist das Lob für das wir die Dinge hier bewegen und es fällt 100 mal seltener als alle Dinge die nicht stimmig sind und über die man meckern könnte und kann.

Dankbarkeit ist für mich eine Illusion, für was? Dafür dass das Leben völlig anders ist, als erwünscht? Dafür das ich mit anderen Menschen klar kommen muss, die ich gar nicht wollte? Solange Kinder jung sind, können sie doch gar nicht erfassen, was sich ihnen bietet. Was weiß ein Kind von der Erweiterung der Möglichkeiten? Wie soll es sehen, das es daraus wundervolle und wichtige Dinge lernen kann und wird? Leider bekommen wir das, was wir säen erst dann zu spüren, wenn unsere Kinder Erwachsene werden, vielleicht auch erst, wenn sie Eltern werden und sich mal fragen "Wie war das denn bei mir früher?" Ich hab eine Bekannte, die in einem Kinderheim arbeitet, in dem Kinder, die nicht mehr zu Hause leben können, untergebracht werden. Sie erzählte mir von einer 15jährigen, die man ihnen zuwies und an die niemand in den folgenden drei Jahren heran kam, egal was für Mühe man sich gab, sie war bockig, unzugänglich und schwierig. An ihrem 18. Geburtstag packte sie ihren Sachen, sagte nichts und verschwand - vier Jahre später schrieb sie einen Brief und bedankte sich für die schöne Zeit und das sie ohne diese, nicht wüsste, wie schön Leben sein kann..... Irgendetwas muss sie damals zutiefst verstört haben und irgendetwas hat sie später einmal bewegt und ihr gezeigt, was sie in diesem Heim erfahren hat, das es wertvoll wart, das niemand sie aufgegeben hat, das irgendwer dort an sie geglaubt hat....

Trennungskinder geben sich sehr sehr oft die Schuld an dem, was passiert ist und viele von ihnen benehmen sich einfach schlecht, weil sie glauben, es würde eh nichts ändern..... oder sie bestätigen durch negatives Verhalten den eigenen negativen Eindruck von sich selbst. Und wenn man das unbedingt will, dann kann man das ganz schön einfordern. Negative Aufmerksamkeit..... und wehe wehe, wenn dann noch der eine Elternteil unglücklich ist, wenn es beim anderen mal schön war.... der Druck ist immens.

Was aber macht das mit uns? Warum schweben solche Begriffe wie "Dankbarkeit" und "Gut haben" so bei uns im Kopf herum? Wer fordert das denn ein? Oder ist es etwas, das auch von uns gefordert worden ist und das wir selbst persönlich noch nie hinterfragt haben? Empfinden wir das unseren eigenen Eltern gegenüber? Hören wir das, wenn Eltern sich mal beklagen? "Ach, wir haben unser ganzes Leben nach den Kindern richten müssen" sagte meien Schwiegermutter vor einiger Zeit und seuftze "wir hätten so gern andere Dinge getan in unserem Leben." Okay hab ich gedacht, aber erst fünf Kinder bekommen (okay, sie drei und er zwei) und dann glauben, man könne ein eigenes Leben führen - das passt nicht ganz. Aber da war der Vorwurf zu hören "Ohne Euch......" und mein Liebster hat ihn auch vernommen. Hatte er denn eine Wahl? Ich glaub, darüber müssen wir nachdenken, über uns und unsere Einstellung zur Dankbarkeit.

Wenn ich ein Kind bekomme und dieses ist noch klein und ich mache Haushalt, Garten, Einkauf, Wäsche und all das, was Familie ausmacht - ist das Normalität, wieso sollte mein Kind das hinterfragen? Wieso sollte es hinterfragen, wenn Papas Liebste das macht? Es kommt noch nicht mal auf die Idee, das es ihr vielleicht etwas ausmacht, anstatt für 4 für 7 zu kochen? Meine Kinder haben den Mehraufwand nie gesehen, weil es bei uns nie Worte darum gab, wenn man 3 oder 5 Personen mehr da waren...... sie haben nicht gesehen, was es für sie bedeutet hat, drei Betten mehr vorzubereiten und mehr Wäsche zu haben...... ob nun 4 Tassen gespült werden müssen oder 7? Nehmen Kinder das wahr? Nehmen sie wahr, das wir Zeit mit ihnen verbringen, in denen wir lieber etwas anderes tun würden? Oder ist das für sie einfach Normalität? Meine Kinder fragen sich nie was ich mache, wenn sie nicht da sind. Wir können ihnen dabei helfen, indem wir, wenn sie alt genug sind, darüber reden, mit ihnen.

Warum, frag ich mich, hat sie nie gefragt oder mit ihnen geredet? Warum hat sie nicht gesagt "wisst ihr, es ist nicht so einfach für mich für Euch zu kochen, ich weiß gar nicht was ihr mögt?" Ich bin sicher sie hätten ihr manches erzählt. So hat sie gekocht was sie gern mag und das war eine ganz andere Küche als die meine...... es war zu erwarten, das meine Kinder maulen. Warum ist sie nicht auf die Idee gekommen zu fragen "hej, wie macht Mama das denn?" Das frage ich die Kinder, für die ich als Tagesmutter gekocht habe oft. Und wenn ich dann sag "also, so wie Mama kann ich das nicht (Mamas kochen immer am Besten - das ist gewohnter Geschmack, völlig Normal und absolut nichts persönliches) lass uns mal sehen, ob man es trotzdem essen kann?" Das klappt eigentlich immer, warum also nahm Papas Liebste es persönlich wenn es nicht schmeckte? Ich sag "Ja, mag sein, aber was anderes gibt`s jetzt nicht!" Da haben meine Tageskinder auch gemault und gezetert und sich bei Mama beklagt...... aber das hatte keine Folgen. Hätte es die für Papas Liebste gehabt? Vermutlich nicht, wäre Papa sinnvoll damit umgegangen. Ich hab sogar behauptet "Du, ich kann gar nicht so gut kochen wie Mama, aber irgendetwas müssen wir ja essen....." später haben sie meine Gerichte gekannt und geschätzt. Aber ich war nie persönlich betroffen, warum also sind wir das, wenn wir Partnerinnen eines Vaters sind? Warum fasst uns das so an? Ich glaub, das ist ein spannender Gedanke.

Ich hab ähnliche Gedanken gehabt, als ich jetzt eine Freundin meiner Tochter mit in Schweden hatte. Plötzlich ertappte ich mich bei Gedanken wie "Was denkt sie jetzt von mir?" Oder auch "was, wenn ihr mein Essen nicht schmeckt?" Und noch frag ich mich, wieso denke ich darüber überhaupt nach? Nicht das es darum geht, das sie sich wohl fühlt, das auch - aber das ist nicht alles, da bin ich mir sicher.

Euch erst einmal liebe Grüße
Ansa
Sei zärtlich mit den Kindern, mitfühlend mit den Alten, nimm Anteil an denen, die sich anstrengen, sei sanftmütig mit den Schwachen und geduldig mit den Starken; denn eines Tages wirst Du dies alles gewesen sein. (nach C.W. Carver)
FairyQueene

Re: Illusionen und Dankbarkeit

Beitrag von FairyQueene »

Ihr Lieben,

ja, vielen Dank, ich finde, das sind viele wichtige und gute Gedanken. Alles, was Ansa schreibt, kann ich unterschreiben. Wofür soll mir mein Kind dankbar sein? Daß ich es großziehe? Das ist doch selbstverständlich. (Und ich denke, wenn sie erwachsen sind, schätzen sie es doch, nachträglich. Bei mir war das so.)

Für Stiefeltern ist das wohl anders. Ich hoffe, sie müssen nicht immerzu die "Faust in der Tasche" haben. Aber da ich keine Stiefkinder habe, weiß ich nicht, wie sich das anfühlt. Auf jeden Fall hat mich die Diskussion hier zu noch mehr Achtsamkeit im Umgang mit dem Liebsten (und Stiefvater) angeregt (damit meine ich nicht Vorsicht, sondern Wertschätzung).

Herzlich grüßt
Fairy
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Re: Illusionen und Dankbarkeit

Beitrag von Ansa »

Liebe Maxi,

aus Deiner Sicht heraus ist das sicher alles sehr verständlich... ich spüre eine Menge Gram hinter Deinen Worten? Oder täusche ich mich da?

Natürlich steht Dein Mann an erster Stelle bei Dir, keine Frage, ich denke, das ist auch gut so - aber, es ist eine Folge seines Verhaltens, das er jetzt manipulierbar ist oder gar leidet. Denn die Trennung von Ehefrau und Kind (das ja immer betroffen ist, wobei ich glaube, das Kinder da einfach Kollateralschäden (sorry) sind), da war er zumindest mitbeteiligt, mitsamt allen Folgen - auch den vorher nicht bekannten. Ich weiß nicht, muss man seinen eigenen Ärger da nicht manchmal überprüfen ob er berechtigt oder fair ist?

Ich möchte Dir widersprechen, bei guten Eltern kommt das Kind nicht auf Rang 1 - das ist für mich unhaltbar und vor allem wird daraus kein eigenständiger Mensch, bei guten Eltern ist das Kind gleichwertig, steht neben Mama und Papa und alle achten auf ihre Bedürfnisse - vielleicht meinst Du es anders, aber ich möchte es verdeutlichen. Meine Kinder stehen nicht vor mir oder sind wichtiger - ganz im Gegenteil - meine Kinder sollen eines Tages aus dem Haus gehen und ein eigenes Leben führen, mein Liebster aber, der soll dann noch da sein - daraus folgt, das ich mich auch um ihn und seine Bedürfnisse kümmern sollte und er um die meinen. Natürlich, wäre ich zu einer Entscheidung gezwungen (dumm er so etwas heraus fordert) dann müsste mein Pflichtbewusstsein siegen, denn meine Kinder können nicht ohne mich leben, er aber schon..... was nicht heißt, das ich so eine Entscheidung jubelnd begrüßen würde, ich würde mich genötigt fühlen und reichlich sauer sein - auf den, der sie fordert. Das es Ungleichgewichte und fünf Grade dabei gibt, die hin und her wogen halte ich für normal, das sollte ich gelungenen Beziehungen immer mal so sein - wichtig nur - das es sich auf Dauer ausgleicht und die Waage hält.

Und das Essen? Okay, ich glaube, es wäre sehr schwer, wenn Du das als Stiefmutter allein durchkämpfst, aber das ist auch so ein Beispiel, wo der Elternteil des Kindes gefordert ist. Papa sollte sich verbitten, das so über Dein Essen gesprochen wird und Papa sollte erziehen und eben sagen "Du musst nichts essen, wenn Du keinen Hunger hast" Papa muss den Respekt Dir gegenüber zeigen und einfordern. Das schreib ich aber oft....... und da viele Väter dazu neigen, lieber still zu sein und sich das Wochenende mit dem Kind nicht zu verderben, werden manche Dinge immer schlimmer, statt besser.... dabei mögen Kinder klare Worte recht gern, wenn sie fair sind.

Als wenn Kinder bei gemeinsamen Eltern nicht über`s Essen fluchen würden und sich im Ton vergreifen..... wenn sie mal keinen Hunger haben, oder es ihnen nicht schmeckt. Das duldet zu Hause auch keiner - von daher, wieso in solchen Momemten? Das ist Unachtsamkeit seinem Partner gegenüber. Die Frage zu fragen "okay, wie macht Mama das, ich würde mich freuen, wenn es Dir schmeckt?" bleibt ja auch eine Idee.

Und im Übrigen, kein Aufhebens davon machen (das hast Du wohl getan, indem Du für Dich gekocht hast) ist auch eine gute Idee - die sich, wenn sie ernst gemeint und authentisch ist, zum Erfolg führt. Hat doch geklappt - alles braucht seine Zeit.

Liebe Grüße an Dich und Euch
Ansa

P.S. ich erlebe es häufig, das meine Kinder offen darüber reden, das sie froh sind, das es meinen Liebsten gibt. Mein Mittelchen sagt "ich hab es viel besser als andere Kinder, ich hab einen Papa und einen allerbesten Freund!" Und meine Große sagte erst Freitag "ich hätte nie gedacht, das, wenn Mama mal einen Mann findet, wir Kinder soviel davon haben - ehrlich, ich hätte nie gedacht, das ich über die Trennung meiner Eltern mal glücklich bin - aber ich bin es, ihr seid toll...." Da musste ich dann doch ein bisschen schniefen. Es hätte alles so anders sein können. Vielleicht aber muss man auch über solche Dinge reden, manches was sie heute glauben, haben sie schon mal irgendwann gehört.... auch vom Liebsten "Du, Dein Papa will ich gar nicht werden - Du hast doch einen netten Papa, aber Dein Freund, der bin ich gern." Auch so nimmt man Spannung aus dem Ganzen.... Ich bin sehr glücklich, das alle meine drei Mädchen so denken.
Sei zärtlich mit den Kindern, mitfühlend mit den Alten, nimm Anteil an denen, die sich anstrengen, sei sanftmütig mit den Schwachen und geduldig mit den Starken; denn eines Tages wirst Du dies alles gewesen sein. (nach C.W. Carver)
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