Brauche Abstand zum Vater - Kontakt (erstmal) abbrechen

Allgemeines Scheidungskinder Forum - Dies ist eine virtuelle Selbsthilfegruppe für Kinder und Eltern in allen Fragen rund um Trennung und deren Folgen.
Antworten
Mayerle
Eintagsfliege
Eintagsfliege
Beiträge: 2
Registriert: 16. Juli 2013 02:38

Brauche Abstand zum Vater - Kontakt (erstmal) abbrechen

Beitrag von Mayerle »

Hallo liebes Forum,

Ich hab schon ein paar Beitraege gelesen, um Rat fuer mich zu finden. Meine Geschichte hab ich aber bisher noch nicht erzaehlt und ich hab noch nie so richtig nach Rat gefragt – bis heute...

Ich bin 27, verheiratet und lebe momentan im Ausland. Ich hatte eine super glueckliche Kindheit und ein super Verhaeltnis mit meinem Vater und meiner Mutter. Mein Vater war immer mein Fels in der Brandung. Egal was ich fuer Probleme und Sorgen hatte, er war immer da und wir haben immer eine Loesung gefunden.
Vor 9 Monaten hat mich mein Vater kontaktiert und mir gesagt, dass er in der Ehe nicht mehr so gluecklich ist. Klar haben meine Eltern mal gestritten un d es gab Hoehen und Tiefen, aber es war nie so dramatisch, dass ich dachte meine Eltern wuerden sich trennen. Nachdem er mich kontaktiert hatte, hab ich viel mit ihm telefoniert und versucht ihm zu helfen, hab auch mit Mama gesprochen was los ist und versucht zwischen den beiden zu vermitteln. Es klang anfangs alles noch ziemlich harmlos. Natuerlich war einer meiner ersten Gedanken auch, ob Papa eine neue Frau kennen gelernt hat und ich hab ihn am Telefon damit konfrontiert, was er vehement abgestritten hat und meinte: „Natuerlich denkt das wieder gleich jeder.“ Ich hab ihm geraten mehr mit Mama zu reden um die Probleme zu loesen, aufeinander zuzugehen und hab auch Eheberatung empfohlen, was er total bloed fand. Er braucht doch keine Psychodoktor. Je mehr ich das alles Revue passieren lassse, desto mehr erkenne ich, dass er eigentlich gar nicht versucht hat an der Ehe zu arbeiten und die Ehe zu retten. Mama war natuerlich fix und alle und konnte die Welt nicht mehr verstehen. Alles kam so aus dem nichts...
Am Ende kam dann doch die Katze aus dem Sack und es ging alles ganz schnell: Papa hat eine andere, war schon mit ihr in der Kiste und er will die Ehe mit Mama erstmal beenden. Kein Wort von Scheidung! Er ist dann innerhalb von 2 Wochen aus unserem schoenen Haeuschen ausgezogen und wohnt seitdem bei „Ihr“ in der Naehe in einer kleinen Mietswohnung.
Per E-Mail hat er mir damals mitgeteilt, dass er mich belogen hatte und es doch eine andere Frau gibt. Ich hab mich so verletzt gefuehlt, betrogen und verarscht. Ich hab fast einen Monat lang vor der Trennung aus der Ferne (7 Stunden Zeitverschiebung) alles gegeben, hab Tag und Nacht nur noch telefoniert und E-mail geschrieben hab um Papa Rat zu geben, Mama Rat zu geben und meine Schwester zu beruhigen, dass das alles bestimmt nur eine Phase sei. Alles fuer die Katz! Trotz alledem dachte ich, das ich mit meinem Vater wieder normal umgehen kann und alles Zeit braucht, bis ich den ersten Schock ueberwinde und sich unser Verhaeltnis wieder normalisiert.
Vor Weihnachten haben meine Schwester und ich dann schon gemerkt, dass „Sie“ nun oberste Prioritaet hat. Unser Vater hat die Beziehung zu den Toechtern vernachlaessigt und v.a. meine Schwester hat darunter sehr gelitten. Auch hier hab ich wieder vermittelt und Weihnachten gab es ein klaerendes Gespraecht mit dem Versprechen der Besserung und die Welt war wieder einigermassen in Ordnung. Wir haben unserem Vater klar gemacht, dass wir Zeit benoetigen uns an die neue Situation zu gewoehnen und auch, bis wir mit „Ihr“ klar kommen. Bisher wurden wir mit ihr noch nie persoenlich konfrontiert, wir wissen aber wer sie ist.
Trotz all den Gespraechen und den Annaeherungsversuchen an Weihnachten als ich in Deutschland war ging alles mehr und mehr den Bach runter. Waehrend unseren Telefonaten am Wochenende hat er mir immer unter die Nase gerieben, was er mit ihr tolles unternimmt und wie gut es ihm geht. Mich hat er nie gefragt, wie es mir geht. Unsere Gespraeche wurden immer oberflaechlicher und er hat sich mehr und mehr geandert. Seine komplette Welteinstellung ist nun um 180 Grad gedreht und all den Prinzipien, die er immer hatte ist er auch nicht mehr treu. Was er sonst gut fand ist jetzt schlecht und umgedreht und er kann ganz selbstverstaendliche Sachen nicht verstehen, wie wenn er in einer Traumwelt lebt und alles um ihn herum nicht mehr existiert.
4 Wochen spaeter war ich wieder in Deutschland. In seiner Wohnung wurde ich dann mit einem Bild von „Ihr“ konfrontiert und Zettelchen am Kuehlschrank, wie sehr sie sich auf die harmonische und liebevolle Beziehung mit ihm freut. Da ich beruflich in Deutschland war hatte ich nicht viel Zeit, wollte ihn aber natuerlich an meinem Abreisetag nochmal treffen. Ich hatte viel Zeit eingeplant, er hatte aber nur 2 Stunden Zeit, weil er VORHER mit ihr spazieren laufen und NACHHER mit ihr zum Abendessen musste. Und ich wurde halt irgendwie so dazwischen gequetscht, wie wenn ich eigentlich gar niht wichtig bin und er sich halt nur trifft, weil es denn sein muss. Das ist alles nur ein kleiner Auszug. Er hat sich noch viel mehr solche Aktionen geleistet. Ich hab ihm dann nach meinem Rueckflug eine E-Mail mit meinen Gefuehlen geschickt – nicht boese, rein sachlich. Ich hab alles reingepackt, was fuer mich unverstaendlich ist und dass er auch nicht mehr der Mensch ist, den ich kenne. Die Mail war eher wie ein Hilfeschrei von mir, dass ich meinen Vater nicht verlieren will und ich den alten Papa wieder haben will. Der Papa, der Zeit hat, mit dem man reden und lachen kann. Mir ist es doch am Ende egal welche Partnerin er hat, solange er sich selbst treu bleibt. Ich hab ihm gesagt, dass ich darunter leide, dass unsere Beziehung zueinander so schlecht ist. Eine Reaktion blieb aber aus und all meine Fragen unbeantwortet. Alles was zurueck kam war eine Mail, dass er nicht auf meine Mail eingeht, da ich ihn ja eh nicht verstehen wuerde und es nur wieder zu Missverstaendnissen fuehren wuerde. Seitdem telefonieren wir halt rein sporadisch jedes Wochenende. Ich dachte ich muss das halt so akzeptieren und es so hinnehmen, dass mein Vater sich veraendert hat und hab das ganze Thema seitdem auch nicht mehr angesprochen. Versuche mich mit der Situation abzufinden und meine Ansprueche an ihn herunter zu schrauben.
Er tut so als wenn nichts gewesen waere und sagt auch am Telefon, dass er mich lieb hat und er freut sich auf den naechsten Besuch, wenn er mich in die Arme nehmen und druecken kann.
Ich erzaehl immer weniger von mir und merke, wie der Abstand zwischen uns immer groesser wird. Ich aerer mich tierisch, wenn er am Telefon erzaehlt wie gut es ihm geht und dass privat bei ihm alles OK ist. Manchmal kommt auch absoluter Bloedsinn von ihm. Beispiel: 2 gute Bekannte wurden von ihren Frauen verlasssen, und er erzaehlt mir, wie leid ihm die armen Maenner tun und dass er sich mit ihnen auf ein Biert treffen will zum reden. HALLO!!! Vor 9 Monaten hat er meine Mutter verlassen, ohne Mitleid und Gefuehle. Da war er derjenige, der wegen einer Anderen auf und davon ist... Anderes Beispiel: Meine Mutter hatte vor kurzem eine OP und ihr ging es nicht gut. Er wusste das und hat noch nicht mal nach ihr gefragt. Ich kenn ihn so gefuehlslos nicht und fuer mich ist das unverstaendlich. Nach 28 Jahren Ehe, ohne Gewalt, kann einem der Partner doch nicht einfach so egal sein. Generell verhaelt er sich meiner Mutter gegenueber absolut unakzeptabel. Er hat sich sogar beschwert, dass sie nach 5 Monaten (endlich! nachdem ich ewig auf sie einreden musste) die Schloesser am Haus ausgetauscht hat. Das ist doch selbstverstaendlich. Ich haette das noch am gleichen Tag gemacht! Aber sie hatte gedacht er kommt zurueck und wollte ihm Zeit geben... Anstelle, dass er am Telefon mit ihr bespricht wenn es um Versicherungen usw. geht schreibt er nur noch Mails und kann ueberhaupt nicht mehr mit ihr reden, obwohl sie ihm gar nichts getan hat. Zu den Freunden hat er keinen Kontakt mehr, beschwert sich aber, dass die sich nicht melden usw. usw. usw.
Worauf ich eigentlich nach dem ganzen BlaBla hinaus wollte:
Ich komm momentan mit seinem Verhalten nicht klar. Er ist nicht der Mensch, den ich kenne. Ich bin verletzt, wuetend, sauer, verzweifelt, aufgewuehlt, frustriert, veraergert, enttaeuscht, komm ueberhaupt nicht an ihn ran und anscheinend merkt er gar nicht, was fuer eine schlechte Beziehung wir momentan haben. Er tut ja so wie wenn alles Normal waere. Ich hab sonst ueber alles mit ihm geredet. Er muss doch merken, dass es momentan vorne und hinten nicht passt! V.a. hab ich mehrmals persoenlich, per Mail oder am Telefon den Schritt auf ihn zugemacht, und er scheint es nicht zu realisieren.
Als ich mit einer Freundin gesprochen habe ist mir ueber die Lippen gerutscht: „ Mein Vater ist so ein Arschloch.“ Ich bin vor mir selbst erschrocken und hatte sogar ein schlechtes Gewissen. Aber so ist es momentan.
Am Wochenende flieg ich wieder nach Deutschland und mir graut davor! Ich hab eigentlich keine Lust meinen Vater zu treffen. Ich kann nicht so tun, wie wenn alles in Ordnung ist. Momentan belastet mich das sehr, v.a. da ich nie gedacht haette, dass es zwischen mir und meinem Vater mal soweit kommen wuerde. Ich weiss nicht was ich noch tun soll, damit er es kapiert. Ich hab so lange gekaempft, fuer die Ehe meiner Eltern, fuer das Verhaeltnis meiner Schwester zu meinem Vater und auch um mein Verhaeltnis zu ihm. Ich kann, mag und will nicht mehr kaempfen.
Auf einem Zettel hab ich jetzt alles aufgeschrieben, was ich momentan nicht akzeptieren und verstehen kann. Ich dachte ich kann ihm das in einem persoenlichen Gespraech am Wochenende alles nochmal sagen. Es muss einfach alles aus mir raus. Als ich mit meinem Zettel am Ende war kam in mir die Frage auf, was ich eigentlich momentan von meinem Vater will und meine Antwort kam so spontan in meinen Kopf: KEINEN KONTAKT.

Je mehr ich darueber nachdenke umso sicherer bin ich mir. Mein Vater und ich brauchen Abstand. Wir sind momentan sowieso schon so weit voneinander entfernt (oertlich und auch emotional in unserer Vater-Tochter Beziehung) und ich hab das Gefuehl, dass ich mich immer weiter von ihm entferne. Ich will den Kontakt ja nicht abbrechen, sonder nur auf Eis legen. Ich hoffe, wenn er kapiert wie ernst es momentan ist kommt er von alleine auf mich zu und wir koennen nochmal von vorne anfangen und an unserer Beziehung arbeiten. Ich will ihn ja nicht verlieren, aber so kann ich nicht weiter machen. Jemand hat mir mal gesagt, man versteht und realsiert erst, was man im hatte, wenn man ganz unten ist und nichts mehr hat. Das klingt jetzt vielleicht hart, aber vielleicht braucht mein Vater, der immer ein Familienmensch war, genau das – keine Familie.
Ich denke es ist momentan die einzige Loesung, denn all das Reden, schreiben usw. hat ja nichts gebracht und mit der momentanen Situation geht es mir nicht gut. Ich weiss, dass im ersten Moment bestimmt ich diejenige bin, die leiden wird. Aber momentan, wo wir Kontakt haben leide ich auch.

Ich koennte noch Stunden ueber die Details weiter schreiben. Das ist jetzt ein Haufen Text, viel Blabla und bestimmt teilweise auch sehr verwirrend, aber es hat gut getan, das alles mal los zu werden.

Vielleicht hat ja irgend jemand noch einen guten Rat fuer mich oder ist/war in der gleichen Situation und kann mir seine Erfahrungen berichten, damit ich fuer das kommende Wochenende bereit bin.

Danke fuer’s „Zuhoeren“!
Jamy1990
Forumslehrling
Forumslehrling
Beiträge: 12
Registriert: 16. April 2013 14:16

Re: Brauche Abstand zum Vater - Kontakt (erstmal) abbrechen

Beitrag von Jamy1990 »

Liebe Mayerle,

dass es mit deinem Vater aktuell so schlimm ist, tut mir sehr Leid für dich.
Ich kann es einigermassen nachvollziehen, weil ich in einer ähnlichen Situation bin. Bei mir ist es die Mutter die wegen irgendwelchen Männern total rum spinnt.

Ich kann dir an dieser Stelle sagen, wenn du dich von deinem Vater löst, wird es für dich definitiv einfacher. Am Anfang sicher nicht, doch mit der Zeit wird es besser.
Ich habe seit mehr als 5 Jahren gar keinen Kontakt mehr zu meinem Vater. Ich wäre der störende Faktor in seiner neuen heilen Familie gewesen. Er brach den Kontakt ab und hat auch nie mehr geantwortet. Für mich ist es defintiv einfacher gar keinen Vater zu haben, als einen der sich einen Dreck um einen kümmert.
Auch die Beziehung mit meiner Mutter ist alles andere als gut, worüber ich aktuell nicht merh traurig bin. Ich hatte irgendwo keine Lust und keine Kraft mehr, dafür zu kämpfen, dass sie sich mir gegenüber mal wie eine Mutter verhält und ihre Kinder mal erster Stelle stehen, keine Kerle mehr.

Wenn du den Kontakt nicht ganz abbrechen willst, dann würde ich dir empfehlen, dass du den Kontakt minimierst, sodass er eben merkt, wie weh es tut, wenn jemand einem den Rücken zu kehrt, den man liebt,

Ich hoffe du kannst deinen Urlaub trotz dem Ärger mit deinem Vater irgendwie geniessen.

GGGGLG

Jamy
Katharina3000
Forumslehrling
Forumslehrling
Beiträge: 10
Registriert: 10. Mai 2013 12:30

Re: Brauche Abstand zum Vater - Kontakt (erstmal) abbrechen

Beitrag von Katharina3000 »

Hallo!

ich habe deinen ganzen Text gelesen und mir kommt das alles sehr bekannt vor. Die Ehe meiner Eltern ging auf diese Art vor knapp 10 Jahren in die Brüche und ich hatte etwa genauso lange keinen Kontakt mit meinem Vater.

Alles in allem muss ich sagen, dass es das nicht wert war. Den Kontakt zu seinen Eltern abzubrechen ist einfach keine Lösung, denn es fehlt immer etwas. Die 10 Jahre gibt uns niemand mehr wieder. Und das ganze Leid, dass ohne Kontakt entsteht, ist größer, als mit der Enttäuschung direkt umzugehen.

Damals wollte und konnte ich auch nicht mehr mit ihm reden und wollte ihn auch nicht sehen, aber aus ein paar Wochen und Monaten werden schnell Jahre und dann meldet man sich auch nicht mehr einfach mal schnell.

Streite dich lieber und wirf ihm alles an den Kopf, wenn ihr euch seht und sprecht, dann wird vielleicht schneller wieder alles besser, als wenn man nicht redet. Denn dadurch ändert sich gar nichts. Es wird sogar eher schlimmer.

LG, Katharina
Antworten