Vater heiratet ... eine 31 Jahre Jüngere

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Franzi2014
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Registriert: 15. August 2014 13:27

Vater heiratet ... eine 31 Jahre Jüngere

Beitrag von Franzi2014 »

Hallo zusammen,

ich bin schon sehr lange, eigentlich so lange ich denken kann, ein Scheidungskind.

Meine Eltern trennten sich, als ich in der Grundschule war. Leider verliefen sowohl die Trennung, als auch die Scheidung alles andere als "schön": Von Prügeleien seitens meines Vaters (gegenüber meiner Mutter), über die Frage vor Gericht an uns Kinder, zu wem wir denn "lieber wollen", über die "Aufteilung" der Kinder (Bruder zum Vater, ich zu Mama), bis hin zu einem Rosenkrieg der bis heute nicht ganz beendet ist.
Hinzu kommt, dass ich an schöne und glückliche Momente mit meinem Vater nicht erinnern kann. Im Gegenteil: Ich stand daneben, als er meine Mutter vermöbelt hat, als das Taxi kam, das sie ins Krankenhaus brachte, als sie morgens mit verklebtem Gesicht am Küchentisch saß und nur aus einem Strohhalm trinken konnte. Mein Vater war nie für mich da. Er vergaß öfters, mich an der Schule/Verein etc. abzuholen, meinen Geburtstag sowieso, an den Papa-Wochenenden habe ich mehr mit meinem Bruder die Zeit verbracht als mit ihm.
Als ich älter wurde, habe ich eine Therapie gemacht (mit 16 Jahren) und hatte längere Zeit fast keinen Kontakt zu meinem Vater. Irgendwann aber dachte ich mir "Komm, du hast nur diesen einen...". Ich besuchte ihn im Krankenhaus nach seiner Prostata-OP, kümmerte mich, wollte es besser machen. Wir kamen uns näher, ich dachte, er hätte einiges verstanden.
Als er aus dem Krankenhaus raus kam, war er wieder ganz der Alte. Kein Zeichen der Besserung. Trotzdem hielt ich den Kontakt, nicht zuletzt auch, weil ich seit über 3 Jahren einen Freund habe und mit Hinblick auf unsere Zukunft das Ganze nicht noch verkomplizieren möchte.
Mein Vater hat nun seit knapp 2 Jahren eine neue Freundin, meine Mutter hat vor 2 Jahren ihren langjährigen Freund geheiratet. Mir ging es gut mit der Situation, ich dachte, mein Vater und ich hätten langsam eine Basis gefunden, nicht zuletzt auch durch die neue Freundin.

Bis zum Mittwoch vor einer Woche. Mein Vater rief an, "sitzt du?". "R. und ich heiraten!"
Bumm, das saß erstmal. Kam für mich aus heiterem Himmel, aber da ich an sich nichts gegen seine Neue habe, gratulierte ich höflich und fragte nach dem Termin. Der kommt auch schneller als erwartet, nämlich diese Woche schon. Anscheinend wollen die beiden keine Zeit verlieren... Ich fragte, was denn seine Schwestern davon halten - denn schließlich ist es seine dritte Ehe und seine Neue 31 Jahre jünger (und damit als älter als seine Tochter aus erster Ehe und nur unerheblich älter als mein großer Bruder). Er sagte, er habe es niemandem gesagt, da er sich nicht wieder rechtfertigen müssen will - für den eben erwähnten Altersunterschied. Und auch nicht vor uns, dabei habe ich nur zu Anfang der Beziehung den riesigen Altersunterschied angesprochen, danach jedoch nicht weiter thematisiert, da es mir eigentlich egal ist, was er macht. Meinen Bruder hingegen trifft das Ganze glaub ich nochmal härter und es tut mir weh, dass er leidet.
Getroffen hat MICH dann aber doch, dass er meinen Bruder und mich auch nicht bei der Hochzeit dabei haben will.
Da habe ich mich schon gefragt, was ich geglaubt habe mir die letzten Jahre mit ihm aufgebaut zu haben. Will man an solch einem Tag nicht diejenigen, die einem am wichtigsten sind, die einen am nächsten stehen, dabei haben?! Die eigenen Kinder, wenn man schon zu der ersten Tochter keinen Kontakt hat?!
Ich war total enttäuscht und hab geheult, warum, weiß ich gar nicht so richtig und geärgert hats mich auch. Immerhin WEIß ich, dass ich von ihm nichts mehr erwarten kann - aber trotzdem fand ich diese erneute totale Ablehnung erschreckend.

Nun war ich gestern bei den beiden zu Hause, da sie Geburtstag hatte. Ich war höflich, aber reserviert - mein Bruder ebenso.
Als ich mich verabschieden wollte, sagte sie "Dann bis Donnerstag!". Ich "Wieso? Ihr wollt doch niemanden dabei haben?!" Da war sie ganz erstaunt und fragte meinen Vater, was er denn erzählt hat. Sie wollte anscheinend, dass mein Vater uns verklickert, dass es weder ein gemeinsames Essen noch eine Party geben wird (als wäre mir das nicht eh klar, mein Vater ist ein "Sparfuchs") - aber gleichzeitig sollte er uns durch die Blume sagen, dass wir die beiden natürlich gerne am Standesamt überraschen können. Sie hatte Tränen in den Augen, sagte, dass sie "nicht die böse Stiefmutter" sein will, dass wir ja "alles seien, was er habe" (ICH sicherlich nicht) und dass wir NATÜRLICH dabei sein sollen. Mein Vater hingegen stand nur da und nickte, sagte mir, ich hätte "da was missverstanden". Wie immer. Zum Glück sagte mein Bruder, dass er das aber auch so verstanden habe, dass wir nicht eingeladen seien und dass es da auch nicht viel zu missverstehen gab.
Nunja, so sind wir beide also doch eingeladen.

Aber ich weiß nicht so recht. Es fühlt sich an, als würde sie uns zwar dabei haben wollen, mein Vater aber nicht. Er hat zwar gesagt, dass wir "selbstverständlich" kommen sollen, aber es fühlt sich nicht so an. Das kam gezwungen rüber.
Ich weiß nun nicht, was ich tun soll.
Eigentlich habe ich nach dem ganzen Hin- und Her keine Lust, mir diese betont "lockere und ohne viel Aufhebens vollzogene" Hochzeit anzusehen, zumal ich es einfach lächerlich finde. Ich dachte immer, ich sei sehr tolerant - sowohl Freunden als auch Eltern gegenüber, aber merke nun, dass ich es schon verwerflich finde, mit fast 70 eine Mitte/Ende Dreißigjährige Litauerin zu heiraten. Engstirnig, ich weiß. Aber wer jetzt über mich richten will der sollte dies nur tun, wenn er auch mal in der Lage war oder ist. Es IST nämlich etwas anderes, wenn das den eigenen Vater betrifft. Dabei mache ich mir nicht mal Sorgen, dass sie ihn nur ausnutzt oder sonst was und ich gönne ihnen auch, dass sie glücklich sind.
Aber als ich am Samstag auf dem Geburtstag der Freundin meines Bruders war und mein Vater plus Freundin auch anwesend war und JEDEM auf die Nase binden musste, dass sie ja bald heiraten (wobei ich mir auch dachte - die eigenen Schwestern sollen es nicht wissen, aber vor den Anwesenden macht er einen auf toller Hecht?!), war mir das schon mehr als unangenehm. Wahrscheinlich, weil er sich so unangenehm aufplustert und immer der Lauteste sein muss, wenn er redet...

Tut mir leid für´s Vollgesülze, aber das musste mal raus. :) Ich hoffe, ihr könnt mir einen Rat geben was ich bezüglich der Trauung tun soll.



Lieben Gruß,
Franzi (27 Jahre alt)
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Ansa
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Re: Vater heiratet ... eine 31 Jahre Jüngere

Beitrag von Ansa »

Willkommen bei uns Franzi,

beim Lesen Deiner Geschichte rieselte es grad kalt meinen Rücken herunter - denn als mein Vater nach dem Tod meiner Mutter (ich komme aus einer sog. intakten Familie - die aber auch kein Paradies war) heiratete, wurden wir Geschwister zwar informiert, waren aber nicht erwünscht und auch ich habe später erfahren, das die Neue von meinem Vater davon nichts gewusst hat - bei meinem Vater ging es schief, die Ehe wurde wenige Zeit darauf anulliert - ich war damals sehr gekränkt und tief verletzt.

Aber ich sah das Ereignis als Fortsetzung des Verhaltens meines Vaters mir gegenüber und das war schlicht geprägt von Ablehnung und "Du sollst anders sein, als Du bist!" und als dann dazu eine Ablehnung meiner Kinder kam, "erzieh die mal, ich will die nicht hören" und ein Ignorieren jeglicher Einladungen zu unseren Ereignissen (Konfirmationen, meine eigene zweite Hochzeit) da hab ich für mich beschlossen, das ich so einen Vater nicht brauche, auch wenn er der Einzige ist, den ich hab - wenn er mich so gar nicht will - warum auch immer - seine Entscheidung. Da fa<nd natürlich noch mehr statt, wirklich tiefe Verletzungen meiner Mädchen, bevor ich beschloß mich und uns da heraus zu nehmen.

Von daher kann ich Dir einfach nur empfehlen, höre auch Dich und entscheide Dich so, das es sich für Dich allein gut anfühlt. Nicht für jemand anderen oder für andere, sondern nur für Dich. Wenn Du der Typ bist, der sich Vorwürfe macht, wenn er nicht hingeht - dann geh einfach - wenn nicht - überlege Dir einfach, was Dir gut tut.

Liebe Grüße
Ansa
Sei zärtlich mit den Kindern, mitfühlend mit den Alten, nimm Anteil an denen, die sich anstrengen, sei sanftmütig mit den Schwachen und geduldig mit den Starken; denn eines Tages wirst Du dies alles gewesen sein. (nach C.W. Carver)
Franzi2014
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Re: Vater heiratet ... eine 31 Jahre Jüngere

Beitrag von Franzi2014 »

Danke für deine Antwort, Ansa.
Ich hab mich entschlossen, hinzugehen. Das Ganze ging aber schnell vonstatten, nach 15 Min. war gestern alles vorbei und ich bin wieder nach Hause gefahren.
Mein Vater und seine neue Frau waren ganz entsetzt und erstaunt, dass ich beim anschließenden Fototermin nicht mehr mit dabei war, aber a) wusste ich davon nichts und b) hatte ich auch nicht das Bedürfnis, da mitzugehen.
Fands aber irgendwie "witzig", dass aus einem "Ihr seid nicht eingeladen" ein "Sei doch bitte bei dem Fototermin mit dabei!" geworden ist - warum auch immer.

Ich will einfach nicht sein wie mein Vater und bei den wichtigsten Ereignissen im Leben des anderen nicht dabei sein, das würde ich evt. irgendwann mal bereuen und so kann ICH mir wenigstens nichts vorwerfen lassen. Ich war selbst erstaunt, wie das gestern alles von mir abgeprallt ist. Klar ist es komisch, dass es nun eine Frau mehr mit meinem Nachnamen gibt, aber daran werd ich mich wohl gewöhnen (müssen).
Auf meiner Hochzeit irgendwann mal wird er/die beiden jedenfalls nicht eingeladen sein.

Liebe Grüße.
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Ansa
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Re: Vater heiratet ... eine 31 Jahre Jüngere

Beitrag von Ansa »

Guten Morgen Franzi,

gut, das Du für Dich entscheiden konntest und auch gut,das Du Deine Grenze gewahrt hast, nicht zum Fototermin mitgehen.... wenn Du über Dich erstaunt bist, weil Du Abstand wahren konntest, manchmal glaub ich, das ist eine innere Schutzfunktion, die einem so etwas ermöglicht?

Och, und bis zu Deiner Hochzeit ändern sich die Dinge vielleicht ja noch, es muss jetzt noch keine Entscheidung fallen? Ich hab meinen Vater eingeladen und nichts, kein einziges Wort gehört. Aber ich sage auch "Seine Entscheidung" er hätte ja, und meine beiden Geschwister auch (die erwachsen und für sich verantwortlich sind) kommen können..... auch ich sage mir im Stillen das ich mir nichts vorzuwerfen habe. Ich hab alles getan, was ich hab tun können, aber wenn einer (oder hier drei) gar nicht wollen - kann man nichts machen. Weh tut es, mir zumindest, trotzdem.

Ich wünsche Dir alles Gute
Ansa
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