Spätfolgen - Angst, dass eigene Beziehung daran scheitert

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cinderella
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Spätfolgen - Angst, dass eigene Beziehung daran scheitert

Beitrag von cinderella »

Hallo zusammen,

ich bin 35, seit wenigen Monaten in einer frischen Beziehung und seitdem brechen bei mir alte, längst verdrängte und vergessene Gefühle auf, die mit der Trennung meiner Eltern zu tun haben.

Mein Vater hat meine Mutter verlassen, als ich knapp 1 war. Danach hat er sich kaum um mich gekümmert, vor allem nach seiner 2. Heirat hat er den Kontakt komplett eingestellt. Jahre später haben wir uns wiedergesehen und er hat mir gesagt, dass seine Frau ein Problem damit hatte, dass er ein Kind hat und er deshalb den Kontakt abgebrochen hat. Bei mir hat sich damals das Gefühl festgesetzt, dass ich es nicht wert war, um mich zu kämpfen oder sich im Zweifel eben für mich statt für seine neue Partnerin zu entscheiden. Ich war nicht wichtig genug.

Meine eigenen Beziehungen liefen auch immer nach dem gleichen Muster. Männer, die wenig Interesse hatten, denen ich hinterhergelaufen bin und die mir letztendlich das Gefühl bestätigt haben, dass ich es nicht wert bin - weil sie sich wegen anderer Frauen getrennt haben.

Mein jetziger Freund ist ganz anders, er meint es wirklich ernst. Aber ich kann`s nicht glauben. Und das schlimmste, ich bin zu einer richtigen Ziege mutiert. Ich mache ihm Vorwürfe, wenn er länger arbeiten muss und sich deshalb nicht mit mir treffen kann. Oder fange an zu heulen, weil ich mich so unglücklich und abgelehnt fühle (in Wahrheit denke ich dabei aber nicht an ihn, sondern an meinen Vater).

Ich bin sogar eifersüchtig auf seine eigene Tochter! Es ist so abartig und krank, ich benehme mich ähnlich, wie die Neue von meinem Vater. Mein Freund kümmert sich vorbildlich um sein Kind und er würde sie niemals verlassen - aber genau das löst in mir Verlustängste und Minderwertigkeitsgefühle aus. Mein Freund würde sich immer für seine Tochter entscheiden, im Zweifel wäre ich es also wieder nicht wert. Als Tochter war ich es nicht wert und als Partnerin würde ich es auch nicht sein. So fühle ich mich. Immer als 2. Wahl.

Bitte nicht falsch verstehen: Ich würde ihn nie vor die Wahl stellen!!! Im Gegenteil, ich kann mir eine Patchworkfamilie ohne Weiteres vorstellen, gerade weil ich die Situation kenne. Ich weiß auch, dass die Liebe zum Kind nicht mit der Liebe zum Partner vergleichbar ist.

Aber diese Situation löst so vieles bei mir aus, dass ich Angst habe, die Beziehung kaputt zu machen. Weil er das alles ja nicht verstehen kann, also, dass ich im Endeffekt irgendwie traumatisiert bin und wahrscheinlich mehr Zuneigung und Bestätigung brauche, als vielleicht eine andere Frau. Er nimmt mich derzeit wahrscheinlich nur als zickig und kompliziert wahr.

Kennt jemand so eine Situation? Was soll ich denn am besten machen? Mit ihm reden?
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Ansa
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Re: Spätfolgen - Angst, dass eigene Beziehung daran scheitert

Beitrag von Ansa »

Willkommen Cinderella,

hmh, es tut mir leid, all das zu lesen und ich habe das Gefühl, die Wunden sitzen bei Dir sehr tief..... in der ersten Kindheit (zwischen der Gerburt und dem 7. Lebensjahr) entwickelt sich unser Weltbild und es ist vermutlich so, wie Du denkst, Du glaubst - Du seist es nicht wert.... die gute Nachricht ist, Dir fällt Dein eigenes Verhalten auf und das ist der beste Weg in eine positive Veränderung.

Du solltest in jedem Fall mit ihm reden, ganz in Ruhe und mit viel Zeit. Erklären, warum Du so reagierst (Vorwürfe wenn er länger arbeiten muss - als Beispiel) und ihm sagen, das es Dir leid tut - Du aber manchmal nicht anders kannst - Du wirst die richtigen Worte schon finden.

Gleichzeitig würde ich Dir eine Beratung empfehlen, einen Ort an dem Du mit einer neutralen Person über Deine Ängste reden kannst, sie ergründest und die Dir dabei hilft, Alternativen im Verhalten zu finden und zu leben. Irgendwann holen einen die Dinge immer wieder ein. Mir sträuben sich die Haare, wenn Eltern solche Gründe angeben, warum sie ihr Kind verlassen haben.... was glauben sie tun sie da? Und natürlich hat das auch Folgen. Ich verstehe auch die zweite Frau nicht, wie kann man Angst vor einem kleinen Mädchen haben? Aber das Forum ist voll solcher Geschichten und es gibt Wege in ein glücklicheres freies Leben. Es braucht manchmal nur Hilfe von Außen.

Dir erst einmal liebe Grüße
Ansa
Sei zärtlich mit den Kindern, mitfühlend mit den Alten, nimm Anteil an denen, die sich anstrengen, sei sanftmütig mit den Schwachen und geduldig mit den Starken; denn eines Tages wirst Du dies alles gewesen sein. (nach C.W. Carver)
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