Zwangsgedanken und -handlungen

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Sternenfischer
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Zwangsgedanken und -handlungen

Beitrag von Sternenfischer »

Hallo Ihr Lieben,

ich habe ne Weile nicht geschrieben, nicht kommentiert...nur still mitgelesen.
Bei mir haben sich in den letzten Monaten die Ereignisse überschlagen.
Ich mache mir große Sorgen um meine Tochter (10 Jahre). Sie leidet seit längerem an Zwangsgedanken und Zwangshandlungen. Das Ganze kam schleichend, schleppend...und hat dann plötzlich mit voller Wucht zugeschlagen.
Nun...es ist schwierig für mich, das zu erklären. Vielleicht zum Einblick ein paar Beispiele:
Die Maus muss alles zurecht rücken. Abends vor dem Zubettgehen, alles muss fast zentimetergenau auf dem Nachtisch liegen. Bevor sie ins Bett geht, muss sie aus dem Fenster schauen und sehen (kontrollieren), ob das Auto der Nachbarin unten steht. Sie wäscht ihre Hände mit Seife, bis diese völlig aufgescheuert sind. Zähneputzen ähnlich.
Beim Anziehen wird fünfmal der Pulli aus und angezogen, weil sie denkt, sie hat ihn falsch herum an. Die Tür wird zig Mal kontrolliert, ob sie abgeschlossen ist oder nicht. Bei Hausaufgaben fängt sie immer wieder von vorne an, weil sie denkt (wohlgemerkt: Sie denkt es. Es ist nicht so!), alles wäre falsch. Wenn sie nicht weiterkommt, beißt sie sich in die Finger.
Es ist schlimm. Und es kostet mich so unsagbar viele Nerven.
Es gab Tage in den letzten Wochen, da konnte ich nur weinen.
Doch vielleicht habe ich das auch gebraucht. Ich fühlte mich schrecklich hilflos in dieser Situation. Als Mama daneben zu stehen, nicht helfen zu können (egal, was man tut!), ist ein schreckliches Gefühl.
Nun bin ich vor einigen Wochen zu einer Beratungsstelle gegangen, die wiederum gleich gesagt haben, dass eine Verhaltenstherapie für meine Maus das beste wäre. Auf diese Therapie wurde meine Kleine nun auch vorbereitet. Ich war zweimal schon mit ihr zusammen in der Beratungsstelle. Es hat sie eine Menge Kraft gekostet, Überwindung, mitzugehen. Sie schämt sich für ihre Zwänge.
Nun habe ich dank der Beratungsstelle eine Therapeutin gefunden, bei der ich zunächst einmal in der nächsten Woche einen Termin habe. Und dann hoffe ich, dass meine Kleine da leichter hingehen kann, dass ihr geholfen werden kann...

Woher die Zwänge plötzlich kamen...ich vermute, sie waren schon länger in ihr. Und nun der Wechsel auf eine weiterführende Schule, letztes Jahr die Geburt ihrer kleinen Halbschwester (seitens Papa aus)...all das hat sie aus der Bahn geworfen. Manchmal glaube ich, sie sucht mehr denn je ihren Platz im Leben!

Bitte drückt mir die Daumen, dass alles einen guten Lauf nimmt...
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Ansa
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Re: Zwangsgedanken und -handlungen

Beitrag von Ansa »

Liebe Sternenfischer,

ich kann mich gut in Dich hinein versetzen, da meine Jüngste (heute 11) auch derartige Anzeichen von Zwangshandlungen zeigte. Händewaschen war in jedem Fall dabei, keine Türklinken mehr anfassen und ähnliche Muster.

Eine Therapie ist in jedem Fall eine gute und vor allem richtige Lösung.

Zwangshandlungen, jedenfalls glaube ich das, vermitteln einem Kind eine Art von Sicherheit. Sicherheit, die es irgendwo verloren hat oder die im Laufe der Veränderungen unter gegangen ist. An dieser Stelle kannst Du auf Dich schauen, wo könnte Deine Maus Sicherheit vermissen? Bei mir lag es daran, das ich, aus Mitgefühl ihr gegenüber zu nachgiebig war. Ich ließ unsere Grenzen aufweichen und das vermittelte meiner Tochter, das ich unsicher und unzuverlässig bin. Das vergrößerte ihre eigenen Ängste. Wobei dies Problem nur bei meiner Jüngsten auftrat. Insoweit konnte ich selbst ganz viel tun, die Grenzen setzen und klar verteidigen (auch gegen ihre Tränen, was mir schwer fiel) und indem ich vermehrt auf ihre positiven Eigenschaften einging und diese erwähnte. Ich sprach mit ihr und wir suchten, gegen sehr intensives Nägelkauen, eine andere Lösung. Sie brauchte etwas zum fummeln und ich schenkte ihr ein Armband mit einzelnen Perlen, das konnte sie verdrehen, knoten, binden, lösen, durch die Hand gleiten lassen. Ich nahm ihr Bedürfnis ihre Finger zu beschäftigen ernst und wahr und zeigte ihr eine andere Möglichkeit als sich selbst zu verletzen. Dies Ernst nehmen kann sehr wichtig sein. Nicht, "lass das" oder "oh menno, was soll denn das," sondern "ich kann verstehen, das Du da was brauchst. Was meinst Du ginge noch, außer Deinen Fingern?"

Und, ich habe wenig Aufhebens von ihren Handlungen gemacht, so wenig wie nötig..... denn es beginnt hier ein anderer Kreislauf. Aufmerksamkeit brauchen alle Kinder und an keiner Stelle gelingt ihnen das so gut, wie wenn sie etwas finden, das uns Eltern Sorgen macht. Jeder sprach sie darauf an, das sie dauernd die Hände wusch und dadurch wurde das auf andere Art und Weise interessant. Jeder maulte, weil sie irgendetwas ordnete.... und je weniger Aufhebens sie bekam, desto weniger wichtig wurden diese Dinge in unserem Leben. Das eine griff ins andere, Aufmerksamkeit aufgrund "negativer" Verhaltensweisen. Da war ein fröhliches "Hey, heute musstest Du gar nicht dies oder jenes tun, hast Du toll gemacht" von mir dagegen wichtiger. Denn grad positives (oder besseres) Verhalten wird ja selten benannt und tut soooo gut.

Ich habe dann auch aktiv versucht, ihr andere Wege aufzuzeigen. Die Therapeutin begleitete sie dahin gehend, das sie ein Recht auf ihre Wut habe, das sie weinen dürfe und das sie wütend sein dürfe, auch auf mich oder auf Papa.... was sie sich selbst ja untersagt hatte. Keinem Kummer machen..... war ihre Devise. Heute führt sie ein "Drei-schöne-Dinge-Tagebuch", das hab ich ihr ans Herz gelegt, damit sie am Ende des Tages nicht an das denkt, was nicht so gut oder nicht so schön war, sondern damit sie sich bewusst macht, es gibt auch schöne Dinge in ihrem Leben. Sie schreibt dies Buch in ihrem Bett, kann Bilder dazu malen, Aufkleber hinein tun und es ist ihr sehr wichtig geworden. Abends, wenn der Tag zu Ende geht, sucht sie ganz bewusst, nach dem, was schön war, heute.

Unsere Probleme sind fast ganz verschwunden, das Tagebuch nimmt sie sehr ernst und es ist ihr wichtig und ihre Zwänge sind kaum noch spürbar, nur wenn bei uns mal der Bär steppt, dann kehren leichte Anflüge davon zurück. Dann merke ich, das es ihr nicht gut geht und kann dagegen steuern.

Vielleicht hilft Dir der ein oder andere Gedanke oder auch die ein oder andere Idee?

Liebe Grüße
NIana
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Sternenfischer
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Re: Zwangsgedanken und -handlungen

Beitrag von Sternenfischer »

Liebe Niana,

vielen Dank für deine Antwort und deine Gedanken zu diesem Thema.

Ich habe mich in einigem wiedererkennen können und gespürt, dass ich da schon sehr ähnliche Gedanken habe wie du - nur fehlt es mir momentan wohl etwas an der Umsetzungskraft (wobei ich hier auch schon gelernt habe).

Gestern nun sollte ich ja den ersten Termin bei der Kindertherapeutin haben. Hatte mir dafür extra vormittags von der Arbeit freigenommen. Leider bekam ich zwei Stunden vor Termin eine Absage, da die Kindertherapeutin krank war. Das versetzte mir erst wieder mal einen Schlag, weil ich ja regelrecht auf diesen Termin hingefiebert habe. Ich wollte einfach nur ein paar Tipps, wie ICH mich verhalten kann/soll, damit es für L. einfacher wird. War dann wohl nichts und ich war erst mal wieder frustriert, was aber auch irgendwann dann wieder umgeschlagen hat, ganz nach meiner Devise: Alles hat seine Zeit. Nun habe ich leider erst Ende November einen ersten Termin und vermutlich werde ich in diesem Jahr gar nicht mehr groß anfangen können mit L., dass sie zu dieser Kindertherapeutin kann.

Aber so öffnen sich mir auch neue Wege. Fest steht auf jeden Fall, dass Zwangsgedanken/Zwanghandlungen dem Grundbedürfnis nach Sicherheit zu Grunde liegen. Das weiß ich. Und hier schaue ich auch ganz genau auf mich, weil ich weiß, dass ich meinem Kind im Kleinkindalter sehr viel Unsicherheit vermittelt habe (durch die damalige Trennung/Scheidung). Leider ist es heute schwierig, weil L. wenig Positives aufnimmt. Sie meint ständig, alles richtig machen zu müssen...sie traut sich nicht, "Nein" zu sagen, weil sie Angst hat, dadurch jemanden zu verletzen, sie möchte alles und jeden mögen...sie nimmt sich selbst zurück und schluckt zuviel. Und ich denke, hier kann eben nur eine Therapeutin auch an sie rankommen. Die Mama kann zwar viel sagen, raten und Vorschläge machen, aber so wirklich glauben...na ja, das ist so ne Sache. Schließlich will Mama ja nur, dass "es" aufhört. Verstehst du, was ich meine?

Ihr muss gesagt werden, dass sie ein Recht hat auf ALLES. Freude, Wut, Glück, Schmerz, Lachen und Tränen. Alles hat seinen Platz im Leben. Und sie läßt nach außen nur das Glück zu, nicht die Trauer. Und so denke ich in vielem, will sie durch ihre Angste und Zwänge sich selbst ein Stück Sicherheit geben. Und dann äußert sich das eben in dieser Art.

Die letzten Tage waren sehr unterschiedlich. Mal war fast 2-3 Tage gar nichts, dann kam es wieder geballt. Aber sie versucht auch, selbst Wege zu finden (hier wurde bereits ein bisschen dran gearbeitet mit der Beratungsstelle zusammen) und das finde ich klasse. Ich versuche auch, sie in noch so kleinen Dingen zu loben, zu stärken.

Die Idee mit dem Tagebuch finde ich eine sehr gute. Vielleicht läßt sich das bei uns auch umsetzen.

Nun werde ich sehen, dass ich die nächsten Wochen mit guten Nerven überstehen kann. Ich mag nicht schimpfen immer wieder...das bin nicht ich. Ich denke, ich selbst muss lernen zwischen Schimpfen und Streng+Konsequentsein zu unterscheiden. Und wie so oft liegt der Schlüssel mal wieder bei den Eltern...

Nochmals danke Niana. Ich werde dich/euch auf dem laufenden halten.

Liebe Grüße
Sternenfischer
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Re: Zwangsgedanken und -handlungen

Beitrag von Sternenfischer »

Wieder sind ein paar Tage vergangen.

Im Moment sind die Hände der Maus ziemlich aufgescheuert. Das ständige Waschen...dann die Kälte dazu draußen...die Haut reißt sprichwörtlich auf. Und ihr Creme zu geben...das kostet unendlich Nerven. Kann sich vielleicht keiner vorstellen, wie das ist bei einem Menschen mit Zwängen. Sie findet Creme eklig. Überhaupt etwas auf der Haut zu haben. Im Moment bin ich froh und dankbar, dass sie abends zumindest einen klitzekleinen Tropfen an Creme auf ihre Hände macht. Das ist zwar nur minimal...mehr als minimal, aber besser als gar nichts. Aber mir tut es in der Seele weh, ihre Hände zu sehen. Und sie sagt selbst, dass es weh tut.

Nächste Woche Donnerstag sind wir bei der Beratungsstelle zusammen. Das ist zwar auch nur wieder eine Stunde, aber besser als gar nichts....
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Ansa
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Re: Zwangsgedanken und -handlungen

Beitrag von Ansa »

Liebe Sternenfischer,

exakt DAS kenne ich von meiner Kleinsten.... auch ihre Hände waren aufgesprungen, jedes Jahr, gegen Herbst wurde es richtig schlimm. Und Creme, ja gern, wenn ich daneben stand und drängte, oder wenn Papa dann los lief und extra gute Cremes kaufte, weil ich mich darum ja nicht kümmerte.....

Es hat am Ende alles nichts geholfen. Anfang vorletzten Jahres fand ich alle ihre "verschwundenen" und "verlorenen" Cremes hinter den Büchern, unbenutzt. Menno war ich damals sauer. Und ich habe begriffen, das es nicht um die Hände geht. Ich habe mich mit ihr hingesetzt und ihr erklärt, das es ihre Hände seien und das sie Schmerzen habe und auch, das in die Risse Bakterien eindringen würden und sich Entzündungen bilden würden. Und das ich ihr zwar Creme geben würde, aber alles andere, sei einfach IHR Problem. Ich sagte nichts mehr, ich sah nicht mehr hin, ich reagierte nicht mehr auf das Waschen. Wenn sie klagte, sagte ich schlicht, "ach schade, das Du keine Creme benutzen magst, ich glaub Dir das es weh tut." Und damit überließ ich ihr die Dinge.....

Dann fand sie eine Freundin, in der Schule und aus war es mit den Cremes und dem Waschen und allem was dazu gehörte. Ihr ganzes Verhalten war also nur ein Symptom, dessen Lösung in anderen Dingen lag. Vielleicht sprichst Du einfach mal ganz offen mit ihr und versuchst, die Verantwortung für ihr Tun auf sie zurück zu übertragen? Wie geht sie damit um, wenn sie beschäftigt ist, oder wenn sie bei Anderen zu Besuch ist? Meine Maus hat intensiv dafür gesorgt, das ihr Händewaschen auch dann statt fand, wenn ich es sah. Ein weiteres Zeichen dafür, das es um Aufmerksamkeit geht. Ach ja, ganz wichtig, ermutigend anerkennen, wenn sie mal nicht unters Wasser rennt. "Heute hats Du Deine Hände gar nicht so oft waschen brauchen, schau mal, sie sehen schon ein bisschen besser aus." Das wirkt Wunder - denn es ist positive Aufmerksamkeit.

Ansonsten, da gibt es eine Creme mit Silberanteilen, nur in Apotheken, die hat uns am allerbesten geholfen.

Liebe Grüße
Niana
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Re: Zwangsgedanken und -handlungen

Beitrag von Sternenfischer »

Liebe Niana,

hab vielen Dank für deine Antwort :bussi:
Es tut gut zu wissen, man ist nicht ganz alleine!

Weißt du, das Seltsame an der ganzen Zwangsgeschichte ist ja, dass meine Tochter das sonst nirgendwo macht. Also zumindest nicht so, dass es auffällt. Weder das Händewaschen noch sonst irgendetwas. Und zuhause macht sie es meistens auch so, dass ich es gar nicht bemerke. (Also nicht bewußt bemerke). Ich denke schon, dass der Schlüssel zu ihrem Verhalten auch ein Stück weit bei mir selbst liegt. In all den vergangenen Jahren.
Was halt auch immer noch ist, dass sie alles versucht, vor ihrem Papa "geheim" zu halten. Da gibt es kein Vertrauen. Sie will ihm nichts anvertrauen. Das ist auch immer wieder mal Thema in der Beratungsstelle - doch mittlerweile bin ich nun zusammen mit der Heilpädagogin bei der Vereinbarung angekommen, dass wir ihren Wunsch nun respektieren. Denn bis jetzt war es, dass wir über ihren Wunsch hinweg entschieden haben und ihrem Papa Dinge mitgeteilt haben, die sie eigentlich nicht wollte. Seitens Papa ist da allerdings wenig wie gar keine Reaktion gekommen (was ich auch als Problem sehe), aber er sollte halt informiert sein.
Was die Schule und ihre Freunde betrifft...hm...sie hat Freunde. Keine Frage. Mehr als genug. Ich schätze mal, dass sie hier mehr als genug Aufmerksamkeit bekommt.
Auch ich nehme mir so viel Zeit wie möglich für sie. Bin nachmittags da, wenn es um Hausaufgaben etc. geht.
Und so beschäftigt mich eben immer wieder ganz intensiv die Frage: Was fehlt dem Mädchen?
Ja...ich weiß, da gibt es vieles. Doch es sind Dinge, die wir nicht ändern können. Da müsste viel Veränderung seitens Papa passieren, doch da tut sich halt nix.
So muss die Veränderung bei L. passieren. Sie muss lernen: So wie ich bin, bin ich okay! Egal, was andere von mir denken (oder auch dann, wenn sich mein Papa nicht um mich kümmert). Ich hoffe einfach, dass die bevorstehende Therapie uns/ihr helfen kann.

Ich werde alles dafür tun!

Lieben Dank für deine Offenheit und deine Worte.

Sternenfischer
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Re: Zwangsgedanken und -handlungen

Beitrag von Ansa »

Liebe Sternenfischer,

nein, das finde ich so gar nicht seltsam..... das war bei meiner Maus nämlich genauso. Woanders oder wenn bei uns jemand anders aufgepasst hat, hat sie das auch nicht gemacht. Und nein, ich denke schon, das Du es zu Hause mit bekommst. Du wirst das Wasser laufen hören, die Badezimmertür ebenfalls. Und sie weiß (unbewusst) das Du es weißt.

Du hast ein schlechtes Gewissen, das spürt sie und das spiegelt sich vermutlich in Deinem Verhalten ihr gegenüber. Vielleicht ähnlich wie bei mir? Das Du ihr mehr erlaubst, als Du ihr erlauben würdest, wenn Du denken würdest, alles wäre gut so wie es ist? Wenn es keinerlei Alternative gab, dann war doch die Trennung nichts, was vermeidbar gewesen wäre? Dann ist doch alles, was passiert, eine logische Folge und am Ende richtig und gut. Das muss aber nicht nur Deine Tochter glauben, sondern auch Du selbst. Und nur dann kannst Du es spiegeln, überzeugt - und das gibt ihr die Sicherheit die sie braucht.

Mitleid bewirkt das Gegenteil, weil es Kinder verunsichert. Ich hab immer gedacht, meine Kleine hat es soooo schwer und war nachsichtig und nahm mir noch mehr Zeit und war nochmehr da. Sie aber forderte immer mehr, nichts war ihr genug..... mehr ist da keine Lösung, denn am Ende wirkt man zu nachgiebig und schwach. Was haben wir uns dann, als ich mein Verhalten umstellte, gezofft. Aber am Ende hatte ich ein zufriedenes Kind, trotz dem Zoff.

Ich weiß nicht worum es bei den Dingen, die der Papa wissen soll, wirklich geht. Wenn es grundlegende Dinge sind, dann muss ihr das nicht gefallen, aber der Papa hat ein Recht darauf zu wissen, was passiert. Wenn es "Kleinigkeiten" sind, dann wäre ihr Ärger zu verstehen. Du musst abwägen, wer welches Recht in diesem Fall hat und ganz klare Grenzen ziehen. Papa muss wissen, das Versetzungen gefährdet sind, das eine Klassenfahrt ansteht, aber er muss nicht wissen, mit wem sie spielt - es sei denn, sie erzählt es ihm.

Und, leider habt Ihr keinen Einfluss auf den Papa, da hilft aber auch kein "ach das tut mir so leid...." sondern eher ein festes "Ja, das ist sehr schwer für Dich und ich ärgere mich auch ab und an, aber, was können wir tun?" Oder "so ist der Pap halt, schaun wir mal, was wir da machen können." Der Unteschied ist gering, aber in den letzteren Sätzen liegt eine gewisse Annahme vom Papa und seiner Art und ein "Was kannst Du tun?" Damit stärkst Du sie, weil sie spürt, das sie nicht hinnehmen muss, sondern das sie damit umgehen lernen darf.

Mach Dich frei, das ihr etwas fehlt..... schau mal was sie alles hat. Eine liebvolle Mama, Freunde die sie gern hat, sie ist eingebunden in Schule und Umgebung.... sie hat einen Papa, gut der ist eben so. Aber er wäre das auch, würde er noch bei Euch leben. Vielleicht kannst Du öfter mal ein herzhaftes "ach was haben wir es doch gut!" einfließen lassen? Das ihr signalisiert, es gibt Gutes um mich herum. Weißt was ich meine? Ich glaub, dies schlechte Gewissen macht vielen Trennungseltern echt zu schaffen. Ich konnte mich da auch nicht von frei machen, aber ich war mir sicher, hätte ich meine Ehe aufrecht gehalten, dann wäre ich unter gegangen - davon hätte am Ende niemand etwas gehabt. So haben meine Kinder aktiv gelernt, man kann Entscheidungen ändern und es gibt viele Wege damit umzugehen. Ich hab ihnen vorgelebt, das es Alternativen gibt und das man sein Leben verändern darf. Am Ende lernen sie, das derartige Krisen kein Weltuntergang sind, sondern eine neue Chance.

Aber ein großes "JA" zu Deinem, sie muss lernen, "so wie ich bin, bin ich in Ordnung." Das aber kannst Du ihr zeigen, täglich - indem Du Dein Augenmerk auf positive Dinge lenkst und diese ansprichst. Und indem Du ihr das vorlebst, von Dir aus, denn auch Du bist so, wie Du bist, in Ordnung.

Liebe Grüße
Niana
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Re: Zwangsgedanken und -handlungen

Beitrag von Sternenfischer »

Liebe Niana,
(ein Hallo auch an alle Mitlesenden),

ich habe deinen Post bereits heute morgen im Büro gelesen - uns seitdem lässt er mich nicht mehr los. In mir sind hunderte von Gedanken und mir ist, als hätte sich in mir auch ein Knoten gelöst.

Ich will versuchen, meine Gedanken zu ordnen.

Ja, ich habe oft ein schlechtes Gewissen. Obwohl nicht einmal ich selbst es war, die die Beziehung beendete (na ja...vielleicht dann doch). Mein Mann verliebte sich in eine andere Frau - und als er nach fast einem Jahr zurück wollte zu uns, hatte für mich ein neuer Weg begonnen. Nur mein Kind und ich. Keine neue Beziehung. Aber mir war klar, ich wollte diesen Mann nicht mehr zurück. Zu unterschiedlich die Welten, in denen wir lebten. Und ich hatte nach all dem Kummer und Schmerz endlich wieder dieses Gefühl in mir, ich selbst sein zu können.
Wenn mein Ex-Mann heute unsere Tochter abholt, an jedem 2. Samstag im Monat, dann hat er seine kleine Tochter dabei, L.'s Halbschwester. Und da ist nichts mehr - weder Haß noch Wut noch sonstwas. Es sind viele Jahre vergangen und ich möchte, dass es meiner Tochter gut geht. Mit all dem, was war, habe ich abgeschlossen.
Und dennoch ist oft dieses schlechte Gewissen da: Mein Kind hat nicht den Papa, den seine 2. Tochter nun hat. All das, was er der Kleinen gibt, kann er L. nicht mehr geben. Und dann resultiert dieses schlechte Gewissen daraus, dass ich meiner Tochter etwas weggenommen habe. Dabei bin ich ja eigentlich wirklich blöde, weil ich mir den Schuh anziehe, der ihm gehörte. Das ist mir nun ganz deutlich klar geworden durch deine Worte.

Oh ja...ich sage meinem Kind oft, was für ein glückliches Leben wir heute haben. Auch sage ich ihr: "Der Papa ist halt wie er ist. Das können wir nicht ändern." Und ich versuche mit ihr Lösungen zu finden, dass sie in ihrer Traurigkeit nicht ertrinkt. Das klappt soweit auch ganz gut.

Was mich ärgert ist die Tatsache, das meinen Ex-Mann diese ganze Geschichte mit den Zwängen (wie so vieles vorher auch schon) gar nicht berührt. Zumindest merke ich nichts davon. Ich informiere ihn (obwohl meine Tochter das nicht will!) und gebe ihm somit die Gelegenheit, dass er Unterstützung leisten kann - doch da kommt null komma null. Und so wie er sich L. früher gegenüber verhalten hat, reagiert sie nun auf ihn. Bei kleinsten Konflikten mit ihr ist er einfach zur Tür raus, hat sich nicht verabschiedet. Ist einfach gegangen. Hat die Verantwortung weggeschoben...eine Kommunikation mit ihm ist nicht möglich und so sehe ich heute diesen Teil auch bei L. Sie schiebt die Verantwortung auf mich ab. Ist ja auch irgendwo okay. Ich bin die Mutter. Aber es gibt schon Tage, an denen ich mich frage: Wo nutzt sie es nun aus? Wo ist es ehrlich gemeint?

Weißt du, dass was mich momentan stört ist die Tatsache, dass ich das Gefühl habe, ich mache gar nichts mehr richtig. Wenn ich sie ermahne - oder sie auch unterstützend begleite bei ihren Zwängen, dann heißt es: "Lass mich das doch alleine machen. Ich bin schon selbst groß." Wenn ich mich aber dann heraus halte, sie einfach machen lasse, dann bricht sie irgendwann in Tränen aus. Und wenn ich dann mit ihr rede, warum und weshalb, dann heißt es: "Du kümmerst dich überhaupt nicht mehr um mich." Was also soll ich tun?

Mein Kind hat Angst vor allem und jedem! Und jetzt lasse mich dir bitte schildern, was heute passiert ist. Sie hat immer Montags von 18:00 - 19:00 Uhr Jugendrotkreuz. Im Sommer ist sie da immer mit dem Rad hingefahren. Als nun die Uhr umgestellt wurde, habe ich sie die letzten beide Male hingefahren und auch wieder abgeholt. Heute hatte sie bis um 15:30 Uhr Schule und wollte unbedingt, bevor sie zum Jugendrotkreuz geht noch zu einer Freundin (die auch ins JRK geht). Sie hat ihre wenigen Hausaufgaben gemacht und dann darauf bestanden, dass sie mit dem Rad hinfährt. Ich hatte es ihr verboten, wegen der Dunkelheit. Weil sie Angst hat und ich mir natürlich auch Sorgen mache! (Wohl auch ein wichtiger Punkt! Ich erkenne!) Darauf meinte sie: Warum machst du dir immer Sorgen um mich? Klatsch...das hat gesessen...
denn plötzlich sah ich MICH! Und in meiner Tochter auch mich. Denn sie macht sich ständig Sorgen um mich, wenn ich einkaufen fahre....wenn ich nachts schlafen gehe (ich könnte nicht mehr aufwachen)..etc.
Tja...das Ende vom Lied war: Ich habe sie gehen lassen. Los-gelassen. Natürlich werde ich erst wirklich Ruhe haben, wenn sie um 19:30 Uhr hier zuhause ist, aber vermutlich muss ich an diesen Dingen mehr arbeiten.

Ich sehe immer noch mein kleines Kind...mit ihren vielen Fieberkrämpfen als Baby und Kleinkind, die vielen Krankenhausaufenthalte...dieses Beschützen wollen. Doch anscheinend zeigt mir meine Tochter durch ihre Zwänge auch, dass es Zeit ist für einen neuen Weg. Für neues Vertrauen. Für neue Chancen!

Wie gesagt, die Therapie für L. wird auch eine für mich sein.

Ich danke dir, Niana.

Lieben Gruß von der
Sternenfischerin
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Re: Zwangsgedanken und -handlungen

Beitrag von Sternenfischer »

Kind ist wohlbehalten zuhause angekommen :winken:


Und noch ganz kurz etwas zu meinem Ex-Mann...und meinem Ärger. Wobei...im Grunde ist es kein wirklicher Ärger. Eigentlich ist es MIR recht egal. Bisher hatte ich halt stets versucht, über die Beratungsstelle mir Tipps einzuholen, wie man ihn besser miteinbeziehen kann, ihm vielleicht auch ein Stück Verantwortung in die Hände legen kann. Leider musste ich die letzten Jahre immer wieder erkennen, dass es nichts bringt, jemandem Verantwortung zu übertragen, wenn dieser das nicht will. Inzwischen sieht die Dame von der Beratungsstelle das ähnlich wie ich.
Und wenn ich ehrlich bin: Vielleicht kommt L.'s Ablehnung, dass sie nicht will, dass Papa was von ihrem Leben weiß, auch daher, weil es ihr nicht wichtig ist. Vielleicht fehlt ihr gar nichts (auch wenn ich das oft denke). Vielleicht ist mein Kind glücklich mit allem, wie es ist - und nur ICH denke, es müsste anders sein.

Ich werde sicherlich noch viel darüber nachdenken - und ich spüre, wie gut es ist, sich mitzuteilen, zu schreiben. Denn alleine hierbei kommen ich vielem selbst auf die Spur.

Einen schönen Abend allen Lesenden.
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Re: Zwangsgedanken und -handlungen

Beitrag von Gerda »

Hallo Sternenfischer,

Ich glaube, ich weiß, was du meinst:
Sternenfischer hat geschrieben:Vielleicht fehlt ihr gar nichts (auch wenn ich das oft denke). Vielleicht ist mein Kind glücklich mit allem, wie es ist - und nur ICH denke, es müsste anders sein.
Bei mir ist es jedenfalls so, dass ich bestimmte Vorstellungen davon habe/ hatte, wie eine Eltern - Kindbeziehung aussehen muß und was dazu gehört. So habe ich es als Kind erlebt und so "ist es richtig", hat es seine Ordnung. Alles, was nicht so ist, ist verkehrt. Ich kann mich nicht hineinversetzen in meine Tochter, die so nicht aufgewachsen ist und die das, was sie erlebt, auch so akzeptiert, akzeptieren muß. So sind ihre Eltern, so ist ihr Vater.

Vielleicht ist dein Kind nicht glücklich mit allem. Aber vielleicht hat sie es einfach im Innern akzeptiert, weil sie ein intuitives Wissen oder ein Erfahrungswissen hat, dass es so und nicht anders ist, Dass Papa so ist, wie er ist. Vielleicht fällt ihr das Akzeptieren auch deshalb leichter, weil sie einen "Ersatzpapa" hat, eine Vaterfigur, von der sie vielleicht sogar mehr bekommt, als so manches Kind aus einer sog. "intakten" Familie.

Lieben Gruß
Gerda
"Unser wahres Zuhause ist der gegenwärtige Augenblick. Wenn wir wirklich im gegenwärtigen Augenblick leben, verschwinden unsere Sorgen und Nöte, und wir entdecken das Leben mit all seinen Wundern.“

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Re: Zwangsgedanken und -handlungen

Beitrag von Ansa »

Liebe Sternenfischer,

an dem, was Gerda schreibt, ist durchaus etwas dran. Vielleicht liegt die Lösung am Ende in Dir selbst?

Den Vater einbeziehen - ich habe mir das auch so sehr gewünscht - was hab ich nicht alles versucht, um am Ende zu scheitern. Heute würde er gern wieder.... aber die Kinder nicht mehr. Und so leid mir das Ganze tut, am Ende ist das Verhalten der Kinder ihrem Vater gegenüber, eine logische Folge seines Verhaltens. Er hatte seine Chancen und er versucht es jetzt, nur sind sie mittlerweile zu groß, um sich blenden zu lassen. Sie sehen das ein oder andere, aber sie sehen auch die Folgen und die gefallen ihnen nicht. Beziehungen zu Dritten können wir nicht gestalten.

Im Übrigen, meine Kleinste verhielt sich bei Papa ganz anders als hier zu Hause. Da gab es kein intensives Händewaschen, von daher meinte mein Ex immer, ich würde eh alles falsch machen...... ein weiteres Zeichen, für mich damals, das die Lösung hier im Haus liegt, und es nicht um die Papa-Kind-Beziehung geht, die einem als Lösung aber doch immer soooo nah liegt, das man andere Dinge leicht übersieht.

Das mit dem schlechten Gewissen verstehe ich, nur, was lässt Dich glauben, das L den Papa hat, den Du für Deine Maus gern gehabt hättest? Möglicherweise verhält er sich zu Hause nicht viel anders, als damals bei Dir? Nicht alle Kinder in "intakten" Familien sind glücklich und haben die Dinge, von denen Du die wünschst, das sie da wären. Und ja, ich glaube, Du übernimmst da Verantwortung die nicht Deine ist.

Wenn Deine Maus sagt, lass mich das doch allein tun - dann gib ihr die Chance. Sag ihr, das Du Dich sorgst, das ist in Ordnung und dann sprich mit ihr eine Zeit ab, in der Du Dich nicht mehr darum kümmerst. Kein Blick, kein Wort, kein Luft holen, sondern einfach "ich weiß das DU das schaffst". Vielleicht mal vier Wochen, oder von jetzt bis Weihnachten? Immerhin wäre das eine Idee? Hol sie ins Boot und frag sie, "wie stellst Du Dir das vor? Was meinst Du kannst Du tun?" Kinder haben überraschende Lösungen parat, manchmal nicht das, was man sich vorstellt, aber durchaus oft sehr kompromissfähig. Du kannst sie ja fragen, aber wenn ich nichts sage, dann spüre ich, es geht Dir nicht gut.... hast Du da eine Idee? Vielleicht sprecht ihr nur am Wochenende einmal darüber? Im Übrigen, Rudolf Dreikurs sagt, "der sicherste Weg einem Kind etwas beizubringen, ist, es ihm zu verbieten." Von daher bringen Ermahnungen vermutlich mal so gar nichts...... denn sie sagen ja auch immer "schaffste eh nicht." Nichts, was einem gut tut, einem selbst nicht, und einem Kind auch nicht.

Das soll kein Vorwurf sein, nur eine Idee zum darüber nachdenken. Und ja, Kinder groß ziehen, heißt los lassen, immer immer wieder..... und annehmen, was einem zurück gegeben wird. Kinder können Verantwortung nur lernen, wenn sie Tun dürfen. Ängste gehören dazu, aber sie überwinden, das macht stark. Und den Kindern gegenüber zugeben, das man sich geirrt hat, das macht auch stark - Eure Beziehung.

Liebe Grüße
Niana

P.S. bei uns ändert sich grad das ganze Familiengefüge, mein Mittelchen hat einen Freund, die Große datet...... plötzlich zerfallen die Dinge, die Interessen, die gemeinsamen Dinge, das ist für alle nicht einfach. Plötzlich gibt es keinen gemeinsamen Samstagabend mehr, da muss ich genauso lernen mit umzugehen, wie die Kinder lernen müssen, das ich ab und an, vielleicht nicht weiß, was ich tun soll? Ich hab sie um Geduld gebeten und versucht, ihnen unsere Position zu erklären.... ich weiß eben auch nicht alles, sie sowieso nicht, nun üben wir aneinander und das macht uns stark. Fehler inbegriffen, auf beiden Seiten.
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Re: Zwangsgedanken und -handlungen

Beitrag von Sternenfischer »

Liebe Gerda,

du hast etwas sehr Wichtiges angesprochen: Dieses Familienbild, was jeder von uns in sich trägt.
Was ist Familie für uns? Friede? Freude? Glücklichsein? Harmonie? Wohl hätte das ein jeder von uns gerne -
doch es ist ein Trugschluß. Familie ist Arbeit. Nicht einfach nur: Hier hast du es. Behalte es. Hüte es. Wenn alle Familienmitglieder sich einig sind, dass Respekt und Vertrauen an oberster Stelle steht, ja, dann kann das alles gut gehen...für immer sozusagen.

Ich selbst bin nicht in Harmonie aufgewachsen. Eher das Gegenteil.

Vielleicht habe ich deshalb auch viele Jahre versucht, "Familie" zu leben. Ich habe mich selbst hinten angestellt,
meine Bedürfnisse, meine Talente, meine Gefühle...habe funktioniert für die Aussenwelt. Nicht, dass ich meinen Mann nicht geliebt hätte. Das habe ich. Ganz tief sogar. Doch ich musste feststellen, dass etwas in mir leben wollte, was andere versucht haben zu unterdrücken. Kannst du ein bisschen verstehen, was ich meine?

Vermutlich wollte ich für meine Tochter ein besseres Leben, als ich es hatte als Kind.

Doch verdammt (sorry)...wir haben ein gutes Leben. Ich habe ein wunderbares Kind, wir sind gesund, ich habe eine Wohnung, einen Job, Freunde. Ich muss mir wohl einfach selbst sagen: Es ist okay, wie es ist. Du bist okay wie du bist. Nichts muss sich ändern. WIR sind eine Familie. Wohl eine bessere als manche, wo der Papa noch vor Ort wäre.

Liebe Grüße an dich und eine mauslose Nacht ,)
Sternenfischer
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Re: Zwangsgedanken und -handlungen

Beitrag von Sternenfischer »

Liebe Niana,
Niana hat geschrieben: Vielleicht liegt die Lösung am Ende in Dir selbst?
ich glaube und bin davon überzeugt, dass die Lösung immer in uns selbst liegt. Es wäre einfach, die Verantwortung abzuschieben und darauf zu warten, dass "es irgendwann mal besser wird." Nein, so läuft es nicht. Auch ich muss was dafür tun, dass es anders wird. Immer wieder aufs Neue.

Leider ist es wohl eher so, dass ich mir meist zuviel Verantwortung auflade. Dass ich mich für Dinge verantwortlich fühle, die mich eigentlich nichts angehen müssten. Doch ich habe eine zu weiche Seite an mir :( und das ist leider nicht immer positiv. So weiß ich ganz genau meinen Bereich, an dem ich noch zu arbeiten habe. Und leider ist es eben so, dass gerade Menschen, die einem mal sehr nahe gestanden haben, ganz genau wissen, wo gewisse Punkte sind, die sie weichklopfen und treffen können. So ist es immer wieder ein neues Lernen. Ein Weg, den wohl viele gehen von uns, weil man denkt, man muss es "richtig" machen. Dabei ist Nachgeben keine Lösung.

Nun, dass mein Ex-Mann ein anderer ist als früher...nein, das glaube ich nicht. Er ist zu L. gleich wie zu mir damals. Okay, auf einer anderen Ebene halt - aber die Grundarten sind die gleichen. Vermutlich ist es die eigene Enttäuschung in mir, weil ich denke, L. hätte einen anderen Papa haben sollen, einer, der sich mehr kümmert, der mehr da ist, mehr Anteil nimmt, sie mehr miteinbezieht in sein neues Leben und all das halt. Aber es ist Blödsinn. Ich weiß das. Denn er ist der Papa, den sie hat. Und er ist auch gut wie er ist. Wie gesagt, spüre ich nicht an meinem Kind, dass ihr etwas fehlt...ein Papa, wie sie sich ihn vielleicht anders wünscht. Es ist wohl eher das, was ich selbst assoziere. Was ich als Mutter gerne anders hätte für mein Kind. Die Lösung liegt wohl eher am Akzeptieren. Es ist gut, wie es ist. Hier ist wohl der Schlüssel begraben.

Nun...und wie ja auch an deiner Situation zu erkennen ist, gibt es immer wieder neue Dinge zu bewältigen (oder wohl besser zu lernen?). Unsere Kinder werden immer unsere Kinder bleiben - doch dürfen wir wohl niemals vergessen, dass sie eigene Wesen sind mit eigenen Gedanken und Gefühlen, die auch ihren Weg sich erkämpfen müssen in dieser großen Welt.

Ich mag dir Geduld und Kraft wünschen, Niana - für dieses neue Stück Leben bei euch.

Ich bin mir sicher, du wirst es hinbekommen - egal wie!

Danke für alles.

Liebe Grüße
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Re: Zwangsgedanken und -handlungen

Beitrag von Sternenfischer »

Liebe Lesenden hier :winken:

gestern hatte ich den allerersten Termin bei der Kindertherapeutin. Morgens im Büro war mir irgendwie gar nicht nach diesem Gespräch. Ich war gestreßt, hatte einen Tag vorher einen Zahnarzttermin, ich war vergrippt und hatte so gar keinen Elan für nichts.

Nachmittags dann war ich zur verabredeten Zeit dort. Eine sehr angenehme, ruhige Person. Die Praxis befindet sich in einem ganz normalen Einfamilienhaus, der Besprechungsraum war kindgerecht eingerichtet (Spiele, Bücher, Marionetten), so hatte ich sofort ein wohliges Gefühl in mir. Denn meine Bedenken sind ja, wie sich meine Maus fühlen mag, zu einer Kindertherapeutin zu gehen. Ich habe mit L. über das alles gesprochen - und ich glaube, ihre anfänglichen Bedenken sind zum Teil entschwunden. Ich habe nun am 16.12. einen ersten Termin für sie - und mal sehen, was sie hinterher so erzählen wird.

Durch das Gespräch mit der Kindertherapeutin ist mir klar geworden, dass ICH die Zwangsgedanken und - handlungen von meinem Kind nicht ändern kann. Diese Zwänge geben ihr Sicherheit und nur SIE selbst wird eines Tages hier in der Lage sein, sich diese innere Sicherheit auch anders zu geben - ohne dass sie extreme Dinge machen muss. Das hat mich etwas leichter gemacht (was nicht heißt, dass ich mich aus der Verantwortung ziehe). Es hat mir eher ein bisschen meine Schuldgefühle genommen, weil ich damit sehr zu kämpfen hatte. Auf die Art...ich muss ja irgendwas falsch gemacht haben, dass meine Tochter diese Zwänge hat. Ich habe nicht das Positive gesehen, was wir in den letzten Jahren schon alles gemeistert haben, nicht das Lachen, nicht den Sonnenschein, nicht die Freude.

Ich denke, dies ist erst ein Beginn. Ein Anfang. Eine Tür nur. Doch bin ich zuversichtlich, dass sich weitere Türen öffnen werden. Für meine Tochter alleine - und für uns beide zusammen!

Lieben Gruß an alle,
Sternenfischer
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