Aggressives Verhalten des Sohnes

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Ranunkel
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Aggressives Verhalten des Sohnes

Beitrag von Ranunkel »

Guten Abend zusammen!

Endlich habe ich mich dazu entschlossen, meine Geschichte hier zu veröffentlichen und Euch um Rat bzw. Meinungen zu bitten. Ich (40) lebe seit Herbst getrennt von meinem Ex-Mann und habe mir mit meinem Sohn (9) eine Wohnung genommen. Bald darauf hat sich eine ähnliche Entwicklung bei einem guten Freund abgezeichnet. Er hat sich ebenfalls von seiner Frau getrennt, die nun mit dem gemeinsamen Sohn (8) zusammenlebt. Tja, und wie das nun so ist im Leben, haben wir zueinander gefunden, waren aber jeweils nicht der Grund am Scheitern der Ehen!! Das ist für mich ganz wichtig. Der Einfachheit halber haben wir uns relativ schnell dazu entschlossen, dass er zu uns zieht. Mein Sohn hatte zunächst auch kein Problem damit, bis sein Vater davon erfuhr. Das paradoxe ist nun, dass sich mein Ex-Mann und die Ex-Frau meines Partners zusammengetan haben, mit dem Ergebnis, dass unschöne Dinge, die auch nicht der Wahrheit entsprechen, über meinen neuen Partner verbreitet werden. Das hat natürlich mein Sohn bei den Besuchen bei seinem Vater (der Vater möchte ihn jedes Wochenende haben!) auch mitbekommen und war dann gegenüber meinem Freund nicht mehr so positiv gestimmt! Er forderte von mir, dass mein Freund wieder auszieht und hat diese Forderung mit respektlosen und aggressiven Verhalten mir gegenüber unterstrichen. Er hat richtige Wutanfälle und Zornesausbrüche, die ich von ihm vorher nicht gekannt habe, gefolgt von Versprechungen, er würde wieder "normal" mit mir umgehen, wenn mein Freund endlich "weg" ist. Wir haben mit Gesprächen versucht, das Ganze mit ihm zu regeln, haben uns Rat bei Beratungsstellen geholt und letztendlich haben wir für meinen Sohn eine psychologische Therapie beantragt (auch, um die Trennung zu verarbeiten), auf deren Zusage wir noch warten (vorab hat der Therapeut das Verhalten meines Sohnes als "ödipale Phase" bezeichnet). Mittlerweile ist mein Freund ausgezogen, quasi zum "Selbstschutz", um keine Angriffsfläche mehr zu bieten und somit auch mich zu entlasten. Nun fordert mein Sohn aber die komplette Beendigung der Beziehung und wirft mir vor, seine Familie und damit sein Leben zerstört zu haben.
Der Therapeut äußerte uns gegenüber noch die Möglichkeit, dass mein Sohn ja zum Vater ziehen könnte, um mich als Mutter aus der Schusslinie zu nehmen.Er hat diesbezüglich Gespräche mit meinem Ex-Mann geführt und ihn wohl davon überzeugt. Mein Sohn soll also zum Sommer (aus schulischen, beruflichen und wohnlichen Gründen geht es nicht eher) zum Vater ziehen. Der Vater meint, er hätte den Sohn wohl eher "im Griff" als ich und hätte ein besseres Vertrauensverhältnis zu ihm. Er hat mit ihm auch schon darüber gesprochen und mein Sohn möchte nun auch zum Papa.

Da ich mittlerweile nervlich ziemlich am Ende bin und eigentlich auch nicht mehr "normal" (also geduldig, ohne Schimpfen, verständnisvoll) mit meinem Sohn umgehen kann, habe ich nichts dagegen, wenn er zu seinem Vater geht. Das Ganze hat allerdings für mich zur Folge, dass auch ich mich wieder wohnlich und event. auch beruflich verändern muss und mein Sohn dann nicht von heute auf morgen sagen kann, er möchte wieder zu mir. Zwar habe ich ihm schon gesagt, dass er jederzeit wieder zur mir zurück kann, aber das geht dann wahrscheinlich nicht sofort. Hat denn irgendjemand von Euch schon ähnliche Erfahrungen gemacht? Wie war's denn, als das Kind zum anderen Elternteil gezogen ist? Bewirkt vielleicht die Distanz dann eher eine Akzeptanz des neuen Partners? Ist man dann eine "Rabenmutter", wenn man das Kind ziehen lässt, das immer wieder sagt,"dafür kannst du dich bei deinem Freund bedanken!"? Besteht überhaupt die Möglichkeit, wieder ein intaktes "Mutter-Sohn"-Verhältnis aufzubauen?

Nun habe ich aber viel geschrieben. Ich hoffe, das erschlägt Euch nicht. Allen einen schönen Abend und eine gute Nacht!
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Ansa
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Re: Aggressives Verhalten des Sohnes

Beitrag von Ansa »

Willkommen bei uns Ranunkel,

schön, das Du her gefunden hast.

Du hast gut zusammen gefasst, was bei Euch passiert ist. Wenn ich die Dinge so aus der Entfernungbetrachte, dann sind viele Meinungen eingeholt worden und viele Menschen geben ihre Meinung dazu ab. Das muss es nicht unbedingt leichter machen..... eine Therapie für Euren Sohn finde ich ansich gut, das wird ihm sicher helfen.

Ansonsten, zum einen halte ich die Wut des Kindes schlicht für legitim und normal. Da tun sich Dinge, die er mit seinen 9 Jahren nicht übersehen kann, da fallen Worte, die er nicht hätte hören sollen. Da reden Erwachsene, die es besser wissen sollten, über andere und zerstören Vertrauen und ziehen Emotionen herbei, die sie nicht wollen. Da wird gehetzt und das sollte nicht sein, wie stellt sich sein Vater dazu?

Dein Sohn befindet sich in einem Loyalitätskonflikt, seine Wut, der er gegen Deinen Partner gerichtet hat, muss nicht unbedingt diesem gehören, aber in seinen Augen war er vielleicht der Einzige in dieser Konstellation den er hätte los werden können? Möglicherweise war er auf etwas ganz anderes wütend und sah aber seine einzige Möglichkeit in Deinem Partner? Nun ist diese tatsächlich ausgezogen? Hmh..... für Deinen Sohn, egal wie er das jetzt erklärt bekommt, ein großer Erfolg..... ist er erst mal ausgezogen und das ist schon eine große Entscheidung, dann wird das "Auseinanderbringen" nicht mehr ganz so schwer sein? Das ist wohlmöglich das, was er wahr nimmt und woran er arbeitet.

Die ödipale Phase, von der unsere Vehaltensforscher ausgehen und von der der Psychologe spricht, findet wesentlich früher statt, grob gesehen zwischen dem 4 und sechsten Lebensjahrt plusminus einem Jahr, je nach individueller Entwicklung. Ich finde diese Aussage sehr kritisch..... Ödipal bedeutet nämlich auch, die Ablehnung des Vaters. Klassische Aussagen dieser Phase sind "wenn ich groß bin, dann heirate ich Dich, Mama". Ich würde den Ansatz unbedingt noch einmal hinterfragen, bevor die Therapie beginnt. Und ein schlechtes Benehmen Dir gegenüber gehört im Grunde nicht wirklich dazu.

Nun habt Ihr eine Lösung gefunden? Und Euer Sohn wird im Sommer zum Papa ziehen. Du bist damit insoweit einverstanden, das lese ich aus Deinen Worten? Aber ich lese auch, das Du ihn gern bei Dir hättest? Und ihm gesagt hast, er könne jederzeit zurück kommen? Jederzeit zurück kommen ist aber, und das halte ich für ganz wichtig, keine Option die Sicherheit vermittelt, sondern die ihm freistellt, er könne tun, was immer er wolle. Das ist unbedingt zu vermeiden. Stell Dir vor, er zieht zu Papa, wo er ja nicht den Alltag lebt, stellt fest, das er Dich vermisst und will sofort zurück?

Dies, "dann geh ich eben zu Papa" hat für alle Beteiligten ein sehr hohes "Erpresserungspotential". Grade Trennungskinder versuchen oftmals mit dieser Drohung, Dinge zu erreichen, die sie unbedingt durchsetzen wollen. Ich kenne das von meinen Mädchen, ich hab ihnen etwas verboten, sie waren sauer und schon fiel der Satz "Dann geh ich halt zu Papa....." Wir haben dann ausgemacht, das sie, wenn sie zu Papa gehen, ganz gehen, mindestens ein ganzes Schuljahr (bei uns war eine Entfernung von gut 60 km und 2 Stunden Fahrzeit über Land, verbunden also mit Schulwechsel, Freundeswechsel und allem drum und dran) gehen müssen und das sie all ihre Sachen mitnehmen müssen. Ein Auszug ist eine ernste Sache, kein Ausflug, das muss ganz deutlich sein. Er ist verbunden mit finanziellen Veränderungen, wie Kindergeld und Unterhalt und all das will wohl bedacht werden.

Wie siehst Du das, hat er zu Papa ein besseres Vertrauensverhältnis oder bekommt er dort nur eher, was er will? Wie ist sein Verhältnis zu Papas Lebensgefährtin? Mögen sich die Beiden, denn sie wird es sein, die sich um ihn kümmert? Oder könnte der Anreiz einen Bruder zu haben vielleicht so reizvoll sein? (Manchmal ist das ein ganz wesentlicher Punkt, grade da beide fast gleichaltrig sind?).

Hmh, wenn Dein Sohn Dir vorwirft, "Du kannst Dich bei Deinem Freund bedanken" dann ist das ein Schritt in die falsche Richtung. Er weckt in Dir Schuldgefühle? Du solltest mit ihm reden, ganz in Ruhe, und ihm deutlich machen, dass das was da passiert nichts mir Deinem Freund zu tun hat sondern einfach eine Reaktion ist, auf sein Verhalten. Denn das ist unangemessen. Das wird schwierig sein, denn der Prozess ist bereits arg fortgeschritten. Du darfst ihm sagen, das Du nicht willst, das er geht, aber das Papa und Du das so entschieden habt. Nicht er, in keinem Fall darf er das Gefühl bekommen, das es seine Entscheidung ist, denn das wird in ihm noch mehr Schuldgefühle auslösen. Jede Entscheidung gegen für den einen Elternteil ist eine Entscheidung gegen den anderen Elternteil. Das fördert Schuldgefühle und führt zu einem Loyalitätskonflikt.

In so einem Fall solltest Du diese Aussage nicht stehen lassen und schon gar nicht akzeptieren. Du kannst ihm sagen, "ich habe da etwas falsch gemacht", aber trotzdem die Grenze ziehen, zwischen Erwachsenem und Kind. Ansonsten fände iches klug, das Du Deinen Sohn unbedingt auch mal an Wochenenden bei Dir hast. Das ist im Alltag die einzige Zeit, in der man mal gemeinsam verschnaufen kann, etwas Schönes miteinander tun kann und seine Unbefangenheit wieder entdecken kann. Zudem habe ich festgestellt, das der zweiwöchentliche Wechsel für Kinder viel beruhigender ist, als das ständige hin und her, zumal wenn es da Schwierigkeiten in Richtung Beeinflussung gibt. Und die gibt es, sie sind so stark, das Dein Sohn kaum mehr weiß, wo er hingehört.

Wäre es denn möglich das Dein Sohn in den Osterferien einmal für länger zu Papa geht um Ruhe in die Situation zu bringen? Da kann er schauen, wie es im Alltag ist und Du kannst ein wenig zur Ruhe kommen?

Erst einmal viele Grüße
Niana
Sei zärtlich mit den Kindern, mitfühlend mit den Alten, nimm Anteil an denen, die sich anstrengen, sei sanftmütig mit den Schwachen und geduldig mit den Starken; denn eines Tages wirst Du dies alles gewesen sein. (nach C.W. Carver)
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Muckelmaus
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Re: Aggressives Verhalten des Sohnes

Beitrag von Muckelmaus »

Hallo Ranunkel!

Auch von mir ein liebes Willkommen hier im Forum :winken:

Ich habe deinen Post heute früh schon gelesen, musste aber erst einmal meine Gedanken sortieren.

Zunächst mal - ich stimme Niana in allem zu, was sie schreibt.
Aber mir kam noch da noch der ein oder andere Gedanke.

Mir erscheint es merkwürdig, dass der Psychologe mit deinem Exmann bespricht, dass euer Sohn von dir weg zum Vater ziehen soll. Warst du bei diesem Gespräch anwesend oder wurdest du erst im Nachhinein darüber informiert? Wenn du erst später davon unterrichtet wurdest, würde ich mir einen Therapeutenwechsel überlegen. Das sind Entscheidungen, die die Eltern zu treffen haben. Aber das ist nur meine Meinung dazu.

Ich sehe genau wie Niana, dass du einem Umzug deines Sohnes zwar zugestimmt hast, aber im Grunde deines Herzens hättest du ihn gern bei dir. Trotzdem hast du deinem Sohn eine Tür offen gelassen, was ansich ja auch stimmig ist. Er soll ja wissen, dass du immer für ihn da bist und ihn liebst.
Hast du schon einmal daran gedacht, dass du diesem Umzug nur zugestimmt hast, weil du momentan so sehr am Ende bist und dir nur noch Ruhe und Frieden wünschst und nicht weil du der festen Überzeugung bist, dass es der richtige Weg für euren Sohn ist?
Euer Sohn sollte wissen, dass der Umzug nicht so leicht rückgängig zu machen ist, wenn er einmal beim Papa ist.
Weißt du, ich habe meine Mädels (heute 16 und 13) auch bei ihrem Vater gelassen, wenn auch aus ganz anderen Gründen, als es deine sind. Dieser Schritt fiel mir schwer und ich habe ihn bitter bereut. Es kamen Anfeindungen von allen Seiten, nicht zuletzt von meinen Töchtern. Ich kann heute - rückblickend - von Glück sagen, dass ich einen Exmann habe, der nie ein böses Wort über mich verloren hat. Inzwischen wohnen meine Mädels wieder bei mir und ich persönlich würde einen solchen Schritt nicht mehr gehen wollen. Aber ich werde niemals eine Mutter verurteilen, die ihn geht. Sie hat immer ihre Gründe dafür und diese Entscheidung ist so unendlich schwer.
Habt ihr mal überlegt, euren Sohn erst einmal probeweise z. B. in den Ferien beim Papa wohnen zu lassen, damit er dort den Alltag kennenlernt? Vielleicht sieht er dann, dass der Alltag mit Papa auch nicht so rosig ist, wie der mit Mama.

Aber noch eines fiel mir auf.
Du hast dich dem Druck deines Exmannes und deines Sohnes gebeugt und dein Freund ist aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen. Jetzt fordert dich dein Sohn auf, die Beziehung komplett zu beenden und lockt dich wahrscheinlich damit, dass sein Verhältnis zu dir dann wieder so würde, wie vorher.
Was hat dein Sohn also gelernt, als dein Freund auszog? Er hat gelernt, dass er nur genügend Druck aufbauen muß mit seinem Verhalten und schon reagierst du so, wie er es möchte. Also wird er das immer wieder versuchen. Das ist etwas, dass ihm - meiner Meinung nach - nicht zusteht. Sicher, er macht das wohl nicht bewußt, aber er tut es und das kann fatale Folgen haben.
Trennungskinder neigen gern mal zu diesem Verhalten und es gilt, dem Einhalt zu gebieten. Ob dein Freund auszieht oder nicht, ob ihr eure Beziehung beendet oder nicht, sollte nicht die Entscheidung deines Sohnes sein, sondern eure - deines Freundes und dir.

Liebe Grüße und viel Kraft
Muckel

Ein Kind betritt deine Wohnung und macht in den folgenden zwanzig Jahren so viel Lärm, dass du es kaum aushalten kannst. Dann geht das Kind weg und lässt das Haus stumm zurück, dass Du denkst, du wirst verrückt.
v. John Andrew Holmes, amerik. Publizist
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