So Ihr Lieben,
nun ist sie also getauft und im rechten Glauben.... wir haben sie begleitet und ihr, hoffe ich, deutlich gemacht, das sie uns wichtig ist.
Papa und zu ihrer großen Freude auch Oma, sind gekommen um sie zu begleiten. Zwischen den drei Gottesdiensten gab es dann eine längere Pause und wir waren mit Papa gemeinsam Mittagessen. Das hat allen Kindern unglaublich viel bedeutet..... und verlief dann auch ganz entspannt. Für sie ist so eine "Normalität" ungeheuer wichtig, etwas gemeinsam tun. Wie sagte meine Jüngste "endlich kann ich mal mit meiner ganzen Familie etwas gemeinsam unternehmen, wir gehören doch alle zusammen."
Da merkt man eben, das die Trennung eines Paares, egal wie gut und richtig sie ist, immer Spuren hinterlässt und immer Folgen hat, die man nicht haben möchte und doch leben muss. Aber das gehört einfach dazu.
Oma fuhr nach der direkten Taufe wieder nach Hause und war sichtbar "angepisst" (sorry, das fand ich sehr überzogen, weil ich den Glauben von anderen schon achten möchte) von dem Nonsens, sie äußerte sich dem Liebsten gegenüber ein wenig, aber zurück haltend und mir gegenüber gar nicht..... das Wichtigste war, sie war dabei und mein Kind hat sich sehr gefreut.
Die Familie ihrer Freundin hat uns, ich kann es nicht anders nennen, sehr liebevoll begleitet. Ich mag die Mutter ihrer Freundin auch ausgesprochen gern. Überhaupt mag ich so einiges aus diesem Gemeindeleben sehr gern, nicht zuletzt die Beschäftigung mit Werten und das Leben nach diesen. Obgleich das bei mir eben Grenzen hat. So hat man mich auch öfter angesprochen, das man uns bewundert, eben weil wir sie ihren Weg gehen lassen. Na ja...... das sehe ich geteilt.
Aber der Zusammenhalt ist schön, die Kranken, die nicht kommen können, bekommen einen Mitschnitt des Gottesdienstes, diejenigen die kein Deutsch können, eine Simultanübersetzung und die Jugend besucht die Kranken und Alten und singt mit ihnen gemeinsam. Es wird nicht gelästert oder abfällig geschaut, kein einziger "abwertender" Blick der uns begegnet ist, ganz im Gegenteil, wir haben uns gut angenommen gefühlt.
Und die Freundinnen meiner Tochter sind auch gekommen, sie alle sind sehr aufgeschlossen und ohne Berührungsängste. Das ist auch dem Liebsten sehr positiv aufgefallen. Wir haben jedoch nicht über Glaubensfragen gesprochen, sondern einfach über dies und das..... es war ein angenehmer Tag.
Einzig Papa war gegen Ende ein wenig angefasst, er wollte gern mit zum Abendmahl gehen (wir sind zum Nachmittagsgottesdienst nicht mitgegangen, weil wir unsere Tocher im Kreis ihrer Gemeinde für sich lassen wollten) und durfte nicht, ausdrücklich nur in dieser Gemeinde Getaufte sind erwünscht, sagte man. Hmh - und da ist sie dann wieder, die Frage die sich stellt: würde Jesus das auch so sehen oder hat er gesagt "lasset alle zu mir kommen?" Aber das war für uns an diesem Tag kein Thema.
Ich erzähl mal noch ein wenig zu der Gemeinde. Sie ist russischstämmig, das heißt, beinahe die komplette Generation meines Alters ist noch dort geboren und hat die ersten Jahre dort verbracht. Nachkommen der nach Russland umgesiedelten Menschen, die Katharina die Große einmal geholt hat. Sie alle kennen noch Verfolgung, Demütigung, mangelnde Anerkennung und gewiss auch materielle Armut. Die Kinder im Alter meiner Tocher plus-minus 5 Jahre sind hier geboren.... und manche Alte (also wirklich Alte) sprechen immer noch kein Deutsch. Der Zusammenhalt untereinander ist demzufolge auch ein völlig anderer als das bei uns so üblich ist.
Man hat etwas gemeinsam erlebt, durchlitten und erfahren, selbst hier - dort waren sie keine Russen - hier sind sie keine Deutschen, immer noch nicht, die Kinder sprechen ohne Akzent, die Eltern kaum. Solche Dinge verbinden einfach, das ist überall auf der Welt so.
Als der Älteste erzählte, wie seine Taufe war, nachts vom Vater geweckt "psst komm, heute ist Taufe und sei leise damit uns niemand hört" das war prägend und hat viel in ihm bewegt. Es war verboten und musste unter allen Umständen geheim gehalten werden, was war das für ein Leben, grade für Kinder? Und die Lieder? Keine kirchlichen Melodien.... alles Volksweisen, da konnte man immer sagen "ist ein altes Volkslied meiner Heimat" wenn man erwischt wurde - solche Dinge ziehen sich durch und prägen. Und Menschen, die nirgends zu Hause sind, die halten eben an Traditionen und an überlieferten Ritualen fest, sie haben nichts anderes als das. Obgleich, dadurch haben diese Lieder auch eine Leichtigkeit und Fröhlichkeit, die ich bei unseren kirchlichen "Trauergesaängen" durchaus oft genug vermisse.
Ähnliches habe ich ja auch bei meiner Schwägerin aus der deutschen Gemeinde in Südafrika gehört. Dort ist Tradition nicht die Weitergabe des Feuers, sondern der Asche..... bewahrt auf alle Ewigkeit. Vermutlich würden wir das ebenso machen?!
Wir haben ihr, als Erinnerung an diesen Tag ein Silberarmband geschenkt mit einem klassichen "Glaube-Liebe-Hoffung", auch um ihr deutlich zu machen, das wir ihre Wichtigkeit des Ereignisses anerkennen und achten.
Das Zusammenleben hatte sich grade ein wenig beruhigt - bis letzte Woche - da hab ich sie gebeten, ihren Jugendleiter zu fragen, ob sie für die Reise nach Schweden vielleicht noch einen Platz für die Freundin ihrer Schwester frei hätten (sie sollt noch ein Praktikum machen und kann nicht mit uns fahren und ich suche eine Möglichkeit sie kostengünstig nachzuholen) Da ist sie von jetzt auf gleich, für mich völlig unerwartet, geplatzt! Hat mich angebrüllt und getobt, das wäre ihre Fahrt und sie hätte keinen Bock sich um das Mädel (kennt sie aber auch seit sie klein ist und das Mädel ist 16) zu kümmern, keine Lust, neben ihr zu sitzen, nö - das wäre ihre Fahrt! Ich war so perplex, das ich nichts mehr sagte............. außer, dass das ja weder jemand erwarten noch fordern würde. Das mit dem kümmern, mein ich jetzt.
Als sie mir dann später erklärte, das würde aber die Gemeinde so fordern, also, jemand, der wen mitbringt, der hat sich auch um ihn zu kümmern.......... und das wolle sie nicht. Sagte ich, weil ich einfach nicht wusste, was sie will - aber ich dachte, es geht darum, dazu zu gehören und mitzumachen? Jedenfalls hab ich nicht verstanden was sie will und sie nicht, was ich will. Aber - ich war sooooo sauer, am liebsten hätte ich sie ausgesetzt. *grummel* Da tut man was man kann, für alle Freundinnen der Kinder und dann sowas?
Christiane meinte dazu, sie habe ein Recht darauf das zu wollen und ich keines, das einzufordern..... schön, aber das nächste Mal hab ich gesagt, wenn es um die Organisation ihrer Freundin geht, sei ich draußen. Familie sähe für mich anders aus. Christiane meinte, ich solle nicht bockig sein, aber für mich ist das eher eine Folge.... also, wenn sie nichts für uns tun möchte, muss ihr das ja gefallen, das ebenso zu leben?
Ich bin jedenfalls enttäuscht, auch wenn ich mittlereweile verstehe, das ihr der Status "umsorgt" zu werden (obgleich der nach der Taufe entfallen müsste) ganz wichtig ist. Aber jetzt gehört sie dazu...... und eigentlich... naja, sie wird das schon merken irgendwann.
@ Liebe Loveblume, danke für Deine Gedanken dazu, ich glaub aber nicht, das ich mein Kind am Ende verliere - es ist nur schwer, wenn die Werte und all das, was man sich ein Leben lang erarbeitet hat, einfach so über Bord fallen.
@ Liebe Girlsoccer, ja ich denke, ich sollte mir ein wenig mehr vertrauen - das fällt mir grad schwer.... und ich hoffe, Du hast bald mal Zeit für ein bisschen Erholung.
Euch allen liebe Grüße
Ansa