wer "darf" sich aller einmischen

Der Treffpunk für Alleinerziehende und Patchworkfamilien. Hier können Erfahrungen und Sorgen ausgetauscht werden.
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Peterchen
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wer "darf" sich aller einmischen

Beitrag von Peterchen »

Hallo,

also bin grad wieder an einer Frage angelangt, die mich eigentlich von anbeginn an immer und immer wieder beschäftigt - und die wie ich merke, auch das Potential hat - zumindest bei mir pers. "kleine Zwischentiefs" auszulösen - jetzt nichts was die Beziehung direkt belastet, aber doch etwas was mich irrsinnig beschäftigt.

Wer "darf" sich eigentlich in die nennen wir es mal Patchwork Familie "einmischen". Und die Antwort darauf ist gleich logisch ja jeder, der "darf". Nur im Moment fühle ich mich zwar so, dass mir "erlaubt" wurde, mich einzubringen, mich "einzumischen", aber nicht mitzubestimmen, wer das sonst auch noch in welchem Maße darf. Konkret geht es um eine gute Freundin meiner Freundin, und da sagt mir mein "gutes Englein" auf der einen Seite, sich darf sie sich einmischen, und ihren "Erziehungsstil, und sei er auch etwas "mit der Brechstange" anwenden, sie war ja schon da, bevor ich da war, und - ich hoffe es zwar nicht, aber vl. geht sie ja auch davon aus, dass sie auch danach noch da ist. Das "böse Englein" auf der anderen Seite sagt mir "sie ist einfach immer und dauernd da, mischt sich in alle Themen ein, bringt z.T. einen rauhen Umgangston (aber natürlich nicht nur), läßt mir wenig Raum und Gelegenheit um die Familie weiter als bisher kennenzulernen, meinen Platz zu finden, auszuloten, Gespräche zu führen, ohne dass sie einfach immer da ist.

Versteht mich nicht falsch, ich bin selbstreflexiv genug um festzustellen, dass ich vermutlich einfach auch nur eifersüchtig auf sie sein könnte, aber was wenn nicht, andererseits hat sie viel und gutes für die Familie getan - so ganz nach Jesper Juul - ein zusätzlicher Bonus Erwachsener schaded keiner Familie - aber könnt ihr verstehen, dass es dadurch nicht einfacher wird, meine Rolle in der Bonus Familie zu finden und vor allem auch zu leben und anerkannt zu bekommen? Wer hat Erfahrungen mit so einer Situation ... ich weiß eh ... ich muss das klären, darüber reden, aber ich weiß noch nicht, ob ich das kann, wie ich das anstelle, ohne jemanden zu verletzen. Sorry, ich weiß, meine Frage klingt echt doof.

Danke,
Peterchen
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Ansa
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Re: wer "darf" sich aller einmischen

Beitrag von Ansa »

Hej Peterchen,

auch wenn Jesper Juul gute Bücher schreibt und immerhin einige Verkaufszahlen in Deutschland hat, so glauben doch relativ wenig Menschen an sein ganzheitliches Konzept. Für mich war seinerzeit (als ich mit meinen Kindern anders umgehen wollte, als man mit mir umgegangen ist) Rudolf Dreikurs DER Erziehungsexperte und heute, viele Jahre später lese ich immer wieder, das er sehr verkannt ist.

Gleichwertigkeit wie Dreikurs das nennt oder Gleichwürdigkeit wie es Juul betitelt ist etwas, das - auch historisch gesehen - kaum ein Erwachsener umsetzen kann bzw. vermag. Das gibt eben keine stillen folgsamen Kinder, sondern solche mit eigener Meinung, eigenen Gedanken und vor allem auch Kritikfähigkeit - unbequeme Kinder.... spätestens hier, wenn die Kinder uns aufzeigen, wie blöd unsere Anordung grad war, kippen viele Erwachsene wieder um.

Und, leider sehen nicht viele Erwachsene den "neuen" Partner als Bonuspunkt, vielmehr sind überaus viele Menschen der Meinung, a. der hätte nichts zu sagen und b. es ist gemein, das die Kinder mit einem "Neuen" zusammen leben müssen und c. es macht es ihnen auch noch schwerer. Das Bonusmoment ist etwas für stille Stunden oder eigene Momente und manchmal erlangt man die Anerkennung dafür erst Jahre später..... je mehr Außenstehende dazu zu sagen haben, so nette Dinge wie "Ach, der hat Euch nichts zu sagen" oder "das ist ja auch nicht Dein Papa" desto schwerer wird es für die Gesamtheit der Familie. Daran wirst Du Dich wohl gewöhnen müssen.

Nein, nicht jeder darf sich einmischen, aber alle versuchen es...... über nichts kann man so trefflich zanken wie über den Umgang mit Kindern, was der eine Konsequenz nennt ist dem anderen schon Strafe und wenn ich sage "Strafen braucht es nicht" dann stehe ich damit doch sehr allein, selbst in der FH, in der es um soziale Arbeit geht. Ohne Strafe? Nein - da zanken wir, die Dozenten und ich. Folgen ja, logische sowieso, aber Strafen? Konsequenzen und logische Folgen sind für mich keine Strafen, denn sie treten unweigerlich auf, normalerweise ohne mein Zutun. Allerdings, als Erwachsener oder besser Erziehender lege ich die Folgen auch oft fest, das ist meine Aufgabe, Gleichwertigkeit ist keine Gleichheit - aber das verstehen eben auch viele Erwachsene nicht.

Ein rauher Umgangston schadet im Grunde nicht, solange er fair und herzlich ist, er erweitert das Spektrum und das Lernfeld der Kinder. Es bereitet sie darauf vor, das nicht alle leise sind und kann ihnen auch gut tun.

Euch werden nur Gespräche helfen, sachlich und klare Gespäche und unterschätze nicht die Gewöhnung von Kindern an bestimmte Verhaltensweisen, so leicht sind Änderungen da nicht. Auch Gespräche mit der Freundin sollten irgendwann möglich sein, Du kannst sie ja fragen, warum sie die Dinge so tut? Interessiere Dich dafür, sei offen, für die Antworten. Sprich mit Deiner Liebstern, weißt Du, warum ihr diese Freundin so viel bedeutet?

Ich hab mal eine Freundin gehabt, die konnte mein Liebster nicht ausstehen - sie war auch sehr eigen - aber, egal war immer war, sie war es, die stets zur Stelle war, ich konnte mich blind auf sie verlassen - und doch haben wir uns irgendwann getrennt... was ich mitunter bedaure. Und, wer in Notzeiten stets da ist, der hat manchen, schwer nachzuvollziehenden, Bonus.

Liebe Grüße
Ansa
Sei zärtlich mit den Kindern, mitfühlend mit den Alten, nimm Anteil an denen, die sich anstrengen, sei sanftmütig mit den Schwachen und geduldig mit den Starken; denn eines Tages wirst Du dies alles gewesen sein. (nach C.W. Carver)
Peterchen
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Re: wer "darf" sich aller einmischen

Beitrag von Peterchen »

hm ... Ansa, du hast vmtl. Recht, und deine Aussage "... wer in Notzeiten stets da ist, der hat manchen, schwer nachzuvollziehenden, Bonus." trifft es so ziemlich am besten, das hab ich jetzt auch in Gesprächen mit meiner Liebsten herausgefunden, und auch ihr geht das ganze manchmal zu weit. Alles andere wird hier noch ein langes, hartes Stück Arbeit, aber wenn ich Herausforderungen schäuen würde, wäre ich vermutlich jetzt gar nicht mal hier ,)

Zum anderen Thema sage/denke ich, es steht mir nicht bzw. nur in einem sehr begrenztem Rahmen zu mitzubestimmen, wer sich aller einmischen darf, du hast recht, es versuchen nicht nur viele, sondern fast alle. Und was mir dabei halt wichtig ist, ich möchte nicht der 100ste sein, der kommt und sich einmischt, sondern ich möchte Teil der (Patchwork)Familie werden, mir das Privileg verdienen, mit dem zufrieden sein, wie ich gefragt werde dass ich mich einbringen soll und das ganze langsam sich entwickeln lassen. Dabei den Drahtseilakt mit der persönlichen Abgrenzung - mit dem sich selbst und seinen Überzeugungen, Werten und Handlungsweisen treu zu bleiben, fällt mir mit unter noch oft am schwersten.

LG Peterchen
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