Unterschiede

Der Treffpunk für Alleinerziehende und Patchworkfamilien. Hier können Erfahrungen und Sorgen ausgetauscht werden.
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röschen
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Unterschiede

Beitrag von röschen »

Ihr Lieben,

ich möchte mal eure Gedanken zu dem Thema Unterschiede von Scheidungskindern zu Kindern aus intakten Familien hören.

Für die, die mich und meine Familiensituation noch nicht kennen. Ich habe einen 21jährigen Stiefsohn, eine 18jährige Tochter aus erster Ehe und einen 12jährigen gemeinsamen Sohn. Wir leben bereits seit 16 Jahren als Patchworkfamilie.

Glaubte ich noch zu Anfang, alles laufe einigermassen normal ab (zumindest bei unserem Großen war das Verhältnis zur Mutter im Großen und ganzen in Ordnung) sehe ich heute beim Erwachsenwerden doch ein paar Unterschiede, die es, wären sie in intakten Familienverhältnisses aufgewachsen sicher so nicht eingetreten. Oder doch?

Aber mal zur Begründung: Unser Großer war in der Schule immer recht faul. Nach zweimaligem Wiederholen hat er mit 18 seinen WErkrealschulabschluss gemacht und mit viel Glück nach viel zu späten Bewerbungen glücklicherweise doch eine Lehrstelle bekommen. Nachdem er im ersten Jahr die Berufsschule geschwänzt hatte, gab ihm seine Ausbildungsstelle nach Gesprächen mit der Mutter eine 2. Chance, bot ihm eine "leichtere" Schule an. Trotzdem hat er diese Chance nicht genutzt, auch diese Schule nicht besucht und nach 1 1/2 Jahren ohne jemanden zu fragen seine Lehrstelle gekündigt. Im nachhinein haben wir erfahren, dass man ihm das seitens der Firma nahgelegt hat, eben weil er die Schule wieder geschwänzt hatte.

Hat seine Mutter damals noch getobt, ihr Lebensgefährte getönt ihn nun zum Verdienen des Lebensunterhalts in seiner Dachdeckerfirma einzuspannen bis er eine weitere Idee hätte, wurde dies von beiden nicht umgesetzt. Von uns bekommt er finanziell keine Unterstützung. Mein Mann würde ihm, da er es bis heute nicht geschafft hat sich auch nur den kleinsten Aushilfsjob zu suchen, geschweige denn sich Gedanken um eine neue Lehrstelle zu machen ("ich hab da vielleicht was in Aussicht..."), nichts geben. Da die Mutter und ihr Lebensgefährte dies jedoch nicht um-, bzw. durchsetzen, geht es ihm nach wie vor recht gut und Bemühungen scheinen nicht so notwendig angesehen zu werden, wie wir uns das wünschten
Den Führerschein hat er, obwohl er vor 3! Jahren anfing bis heute nicht durchgezogen. Keine Konsequenzen...Mama oder ihr Freund fahren ihn überallhin. Mittlerweile auch seine inzwischen 18jährige Freundin.

Bei meiner Tochter ist das, wie ich in meinem anderen Thread berichtet habe, ähnlich. Nichts wird konsequent durchgezogen. Kommt man mit den Konsequenzen der einen Partei nicht zurecht oder sind die nicht genehm, gibt es ja doch immer noch eine andere Seite. Im Fall meiner Tochter schon immer einfach diese gegen mich auf ihre Seite zu ziehen.

Ein Freund von uns, Vater einer 19jährigen Tochter macht gerade ähnliche Erfahrungen. Kein Schulabschluss, keinen Führerschein. Große Ziele aber keine konsequente Durchführung und immer eine Ausrede parat.

Anders in unserem Umfeld, wenn Eltern an einem Strang ziehen, noch zusammen sind und gemeinsam erziehen. Diese können Anforderungen ganz anders und viel konsequenter durchziehen. Mit Erfolg.

Ist das Glück oder eventuell doch der Unterschied zu den Kindern, deren Eltern getrennt sind. Haben diese bessere "Ausweichmöglichkeiten" vor unangenehmen Konsequenzen oder Forderungen?

Ich denke viel darüber nach in letzter Zeit.

LG Röschen
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Ansa
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Re: Unterschiede

Beitrag von Ansa »

Liebes Röschen,
Anders in unserem Umfeld, wenn Eltern an einem Strang ziehen, noch zusammen sind und gemeinsam erziehen. Diese können Anforderungen ganz anders und viel konsequenter durchziehen. Mit Erfolg.

Ist das Glück oder eventuell doch der Unterschied zu den Kindern, deren Eltern getrennt sind. Haben diese bessere "Ausweichmöglichkeiten" vor unangenehmen Konsequenzen oder Forderungen?
Ja, das ist tatsächlich so. Wenn Eltern sich uneinig sind, tanzen die Kinder auf dem Tisch - aber, das Gleiche kann durchaus in "intakten" Familien passieren..... es kommt auf die Einstellung der Eltern ihrem Kind gegenüber an. Mein Ex z.b. zieht persönlichen Nutzen aus der Abhängigkeit seiner Töchter, er fühlt sich großartig, wenn er sie unterstützt, sie müssen dankbar sein und das schenkt ihm gute Gefühle. Wollte er sie viele Jahre lang klein haben (erinnerst Du Dich daran?) mag er sie nun abhängig...... also, ist Selbstständigkeit nicht unbedingt sein Interesse.

Und manche Ehepaare, die nur noch wegen der Kinder zusammen sind, oder deren einzige Lebensmittelpunkt ihre Kinder sind, die handhaben das exakt genauso. Sie "unterstützen" ihre Kinder für ein ganz eigenes persönliches Ziel, aber nicht um sie selbstständig werden zu lassen.

Und auch ja, die Wahlmöglichkeiten die Trennungskinder so haben, die fördern zwar durchaus das ein oder andere Mal das Erleben, aber sie bieten auch Möglichkeiten, die Nichttrennungskinder nicht haben. Welche Wahl hätte Deine Tochter gehabt, lebtest Du noch mit ihrem Vater zusammen? Käme ein Kind aus einer intakten Ehe auf die Idee, wenn der Vater wegen Arbeitslosigkeit von Hamburg nach München ziehen müsste, auf die Idee "ich bleib hier?" Vermutlich nie - denn "hier" wäre ja keiner mehr..... Trennungskinder scheuen sich mitunter nicht, dann das JuA einzuschalten und sich zur Wehr zu setzen.

Das ist leider so, aber nicht nur in Trennungsfamlien, dort aber öfter.

Liebe Grüße
Ansa
Sei zärtlich mit den Kindern, mitfühlend mit den Alten, nimm Anteil an denen, die sich anstrengen, sei sanftmütig mit den Schwachen und geduldig mit den Starken; denn eines Tages wirst Du dies alles gewesen sein. (nach C.W. Carver)
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Muckelmaus
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Re: Unterschiede

Beitrag von Muckelmaus »

Guten Morgen liebe röschen, liebe Ansa!

Ich glaube durchaus, dass es Unterschiede gibt, zwischen Trennungskindern und Kindern aus "intakten" Familien.
Aber ich denke auch, dass viele Verhaltensweisen, die unsere Kinder zeigen, auch in deren Umfeld und deren Charakter begründet liegen.

Natürlich fällt es Trennungskindern oftmals leichter, die Eltern gegeneinander auszuspielen (ich weiß grad nicht, wie ich es besser ausdrücken soll), zumal, wenn das Verhältnis zwischen den Eltern angespannt ist. Aber versuchen das nicht auch alle anderen?

Hmmm - vielleicht liegt aber die evtl. mangelnde Konsequenz von Eltern im unbewusst immer (noch) vorhandenen schlechten Gewissen, dem Kind kein "intaktes" Heim geboten zu haben, es einer Trennung/Scheidung ausgesetzt zu haben. Da wird dann oftmals vergessen, dass Eltern, die dauernd streiten oder aber Eltern, die sich gar nichts mehr zu sagen haben, auch nicht wirklich gut sind für ein Kind.

Anscheinend muss ich mir zu diesem Thema mal Gedanken machen ...

Liebe Grüße
Muckel

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FairyQueene

Re: Unterschiede

Beitrag von FairyQueene »

Hi,

vielleicht ist es so, daß Kinder in getrennten Familien mehr Chancen haben, aus dem Ruder zu laufen.

Ich kenne aber auch ein Beispiel aus einer ungetrennten Familie mit drei Kindern, in denen zwei ihren Weg machen und das dritte: Schuleschwänzen, Verheimlichen, von der Schule fliegen, Eltern bemühen sich um Kind, finden mit ihm eine Lehrstelle, irgendwann geht es auch da einfach nicht mehr hin. Usw., Geschichten, die wir hier auch schon gelesen haben und die nicht im Detail wiederholt werden müssen.

Statt dann immer die Schuld bei den Eltern zu suchen, muß man vielleicht auch akzeptieren, daß es Unterschiede zwischen Kindern gibt. Erwachsen werden, für sich selbst sorgen, alles geregelt kriegen, das scheint uns immer eine selbstverständliche Entwicklung zu sein – haben wir ja schließlich auch geschafft. Ich sehe aber so viele Jugendliche in meiner Umgebung, die davon überfordert sind, ohne daß da ein Schuldiger oder "die Verhältnisse" auszumachen wären.

Interessanter fände ich die Frage, wie man diese jungen Menschen wieder ins Boot holen kann. Die Eltern werden, scheint mir, damit oft alleingelassen und kämpfen dann verzweifelt vor sich hin. Insbesondere, wenn das Kind volljährig ist. Hm.

Nachdenkliche Grüße in die Runde
Fairy
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Ansa
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Re: Unterschiede

Beitrag von Ansa »

Liebe Fairy,

wie schön Dich zu lesen.... ,)

Und ja, ich gebe Dir Recht, die Eltern werden mit solchen Kindern ziemlich alleine gelassen......

Während sie sich selbst die Schuld geben und überlegen, was sie falsch gemacht haben könnten (und das nicht mal getan haben müssen) scheibt die Umwelt ihnen diese Schuld auch noch zu, anstatt ihren Anteil an dem Drama wahr zu nehmen.

Und, ich schiebe das teilweise auf den Zeitgeist, es ist momentan einfach total in, allen volljährig werdenden Kindern zu sagen "Hej, niemand mehr hat Dir was zu sagen..... Du bist frei, Du kannst Dein Leben leben, machen was Du willst." Das fängt bei den Banken an, am Morgen des 18. Gburtstages meiner Töchter schalteten sie meine Funktion, das ich auf ihre Konten sehen konnte, aus und erklärten dem Kind, das ich nun weder Einsehen noch Zugriff hätte, wäre ja ihr Geld? Ach ja? Wo kommts denn her? Gut, meine Mädels haben mir eine Vollmacht erteilt, es könnt ja immer mal sein, das sie einen zweiten bräuchten, der ihnen Geld besorgt, oder für sie handelt. Bis hin zur Schule, die sagt "nö, ne Unterschrift Deiner Mutter brauch ich nicht, Du kannst das allein entscheiden" oder Vermietern, die nicht nachfragen "wo kommt denn Dein Geld her...."

Und nur die Eltern stehen da und erklären "also, so ganz ist das ja mal nicht so...." und sie stehen damit reichlich allein. Vor allem, da noch lange nicht alle 18jährigen auch die notwendige Reife haben, um alles für sich zu entscheiden. Nun kann man sie lernen lassen, wenn man die nötige Unterstützung bekommen würde, aber wenn das Kind sich, mal angeommen, auf die Couch legt und nichts tut und sich komplet verweigert und sich die Betroffenen ausnutzen lassen (das gehört schon dazu..... ) dann kann man manches einfach nur geschehen lassen.

Ich finde diesen Trend ebenso unsäglich, wie den Tenor unserer Gesallschaft, das jemand nur Hilfe benötigt, wenn er darum bittet - und diejenigen, die dazu nicht in der Lage sind, die gehen hier im Land sang- und klanglos unter. Ich wünschte mit da mehr Unterscheidungen und mehr Verantwortung in der Gesellschaft.

Liebe Grüße an Dich und Euch
Ansa
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Muckelmaus
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Re: Unterschiede

Beitrag von Muckelmaus »

Applaus, liebe Ansa, für dein Post!

Genau so ist es nämlich.
Kaum sind die Kinder 18 und damit volljährig, entzieht man uns Eltern jede Grundlage des Handelns. Aber die Schuld, wenn ein Kind dann aus dem Ruder läuft, die bekommen wir Eltern sofort von allen Seiten. Weiß ich doch im Moment leider nur zu gut, wovon ich rede .....

Liebe Grüße
Muckel

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