*es ist alles wieder aufgewühlt*

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Nykita
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*es ist alles wieder aufgewühlt*

Beitrag von Nykita »

Erstmal möchte ich alle grüßen, denn dies ist mein erster Thread hier.
Eigentlich dachte ich, dass ich nach meiner Therapie und nach so vielen Jahren alles im Griff hätte.
Und doch wird man immer eines Besseren belehrt, und meist genau dann, wenn man es am wenigsten erwartet.

Mein Vater verließ die Familie als ich 12 war. Eigentlich ging der Krieg in der Familie schon viel länger. Ich kann mich an ein harmonisches Miteinander kaum mehr erinnern.
Nachdem mein Vater weg war, brach meine Welt zusammen. Ich kämpfte um den Kontakt und durfte nicht mehr Kind sein, denn beide Eltern benutzten mich und meinen Bruder (2 J. jünger) als Instrumente in ihrem Kampf. Eigentlich ging es nur um sie beiden.

Ich war das verhasste Kind, das den Kontakt zum Vater suchte. Der hakte sich aus, war nicht mehr greifbar und dazu kam der offene Hass der Mutter und des Bruders gegen mich.

Ich zog mit 19 endgültig von zu Hause (ein Zuhause war es nicht mehr) aus und musste früh auf eigenen Beinen stehen.
Nach 6 Jahren habe ich meinen Vater letztes Jahr wiedergesehen. Nicht er ist auf mich zugegangen, nein, ich habe ihm geschrieben. Ich hatte nach Therapie und langer Angststörungs-Krankheit einfach das Verlangen, die Sache nun ruhen zu lassen. Dafür musste ich es schaffen, ihm zu verzeihen was geschah. Dass er uns verlassen hatte, dass er mich in keinster Weise wertschätzte, dass ich nie wirkliche Freunde hatte, dass einfach alles im Leben schief gelaufen war. Und ich habe hart an mir gearbeitet und hatte diesen Frieden in mir gefunden.
Auf meinen Brief kam 4 Tage später eine Antwort und wir hatten wieder Kontakt.
Ein Jahr lang, ohne dass es meine Mutter oder mein Bruder (die hier mit mir in der gleichen Stadt leben) wussten.
Es war eine gute Zeit und doch hatte ich das Gefühl, sie zu hintergehen und wollte endlich reinen Tisch machen. Ich fing mit meiner Mutter an. Erzählte ihr, dass ich Kontakt zu Papa hätte. Wieder die verhassten Blicke, wieder das ablehnende Verhalten mir gegenüber. Aber es war auszuhalten.

Vor 2 Wochen bekam es auch mein Bruder mit. Mittlerweile 23 und eigentlich reifer als damals. Aber als wir dann am Freitag einen "Familienrat" abhielten (welch eine Farce, denn eine Familie ist nicht existent) kamen all die Schmerzen wieder hoch und mir wurde zu verstehen gegeben, dass ich immer noch der Abschaum von damals sei.
Mein Bruder versuchte, mich vor die Entscheidung zu stellen: Entweder er oder unser Vater.
ALs ich dann meinte, wenn er dies von mir verlangte, würde ich mich von allen abwenden, glaubte er mir kein Wort und verurteilte mich wieder.... Ich würde immer noch nach Aufmerksamkeit haschen, immer noch darauf warten, dass unser Vater endlich stolz auf mich sein wäre, immer noch hoffen, dass wieder Harmonie entstünde.
Das hat mich tief verletzt, denn ich bin mittlerweile 26 Jahre alt, ein eigenständiger Mensch, und keine 12 mehr.

Tja, nach dieser "Aussprache" habe ich meine Mutter noch einmal gesehen... wieder die Blicke, die ich noch so gut in Erinnerung habe und wieder all die Schmerzen von damals.

Und dann kommt ein ganz neues Gefühl dazu: Ich habe die Hoffnung verloren, jemals wieder ein gutes Verhältnis zu allen 3en zu haben. Ich fühle mich herabgesetzt und verabscheut.
Ich kann so nicht leben. Damals als ich meine Angststörung und all die Panikattacken hatte, da saß ich bereits vor meinem "Trunk", der mich binnen 3 Stunden ins Jenseits befördert hätte. Doch ich tat es nicht, setzte wieder ab als ich die Flüssigkeit bereits im Mund hatte.
Und seitdem lebe ich - ich will leben, und ich liebe und zwar alle 3. Denn sie sind meine Familie.

Aber seit diesem Gespräch habe ich keine Hoffnung mehr....
Ich werde mir nichts antun, denn es muss auch anders gehen. Ich habe Ziele im Leben, auf die ich auch ehrgeizig hinarbeite. Aber ich will doch keine Wertschätzung von meinem Vater erhalten. wo war er denn die ganzen Jahre, als ich nicht mehr aus meinem Loch kam? Er war nicht da. Alles, was ich geschafft habe, habe ich weder mithilfe meines Vaters, noch mit der Hilfe meiner Mutter und meines Bruders geschafft. Die hatten dafür kein Ohr.

Und da frage ich mich wirklich, warum ich nicht einfach einen Strich unter die Angelegenheit setzen kann und mir sagen kann, "o.k. du hast alles versucht, nun ist es soweit, Abschied zu nehmen und dein eigenes Leben zu leben."

Ich weiß einfach nicht mehr weiter.... Tränenbäche ergießen sich über mein Gesicht.... wie soll ich da nur rausfinden?

Entschuldigt, dass der Thread jetzt doch so lange geworden ist, aber diese Gefühle liegen so an der Oberfläche und ich habe wirklich niemanden, mit dem ich darüber sprechen kann.

Vielleicht kennt jemand diese Gefühle und kann mir was dazu sagen.

Viele Grüße aus München,
Nykita
Du mußt zu der Veränderung werden, die du in der Welt sehen willst
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Re: *es ist alles wieder aufgewühlt*

Beitrag von Tamara22 »

Hallo Nykita,

ich begrüße dich hier im Forum. Schön dass du direkt so offen von dir erzählst, das verdient alle Achtung. Ich kenne das Phänomen, dass die Vergangenheit mit allen dazugehörigen Gefühlen plötzlich wieder auftaucht. Auf ähnliche Weise bin nich "damals" hier gelandet, dafür hat es Sinn gemacht;-)

Ich will das erstmal so stehen lassen, was du schreibst, weil ich denke, dass das Wichtigste im Moment ist, dass es hier steht, dass du deine Gedanken rausgebracht hast.
Nur einen Gedanken von mir, für den Moment.
Es gibt einen Unterschied zwischen dem inneren Bild der Familie, das ein Kind in sich trägt und dem tatsächlich im Aussen existenten Familiensystem. Das unterscheiden zu lernen ist ein Anfang, denn die Bande, die aus Liebe da sind, die sind so stabil, dass sie zwar im Aussen manchmal am Verhalten nicht erkennbar sind, aber dennoch da und das merkst du auch, wie du geschrieben hast...

Tränen zeigen es manchmal, so viel steckt dahinter. Menschen verhalten sich nicht immer so wie es wünschenswert wäre, doch das Kind liebt weiter und das ist auch gut so. Das ist ein so natürliches Moment, dass es Leben sichert...in diesem Moment vielleicht dein Leben.

Wie schön, dass du dich dafür entschieden hast und ich bin mir sicher, das was du in dir schon lebst, wird auch im Aussen einen Weg zum Leben finden, das dauert zwar manchmal, aber die ersten Schritte hast du ja schon getan...nur Mut:)

Bin gerne da, wenn du dich austauschen magst.
Lieben Gruß Tami
Change it, love it or leave it.
NoFuture
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Re: *es ist alles wieder aufgewühlt*

Beitrag von NoFuture »

hast eine pn :)
Visions of you
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Nykita
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Re: *es ist alles wieder aufgewühlt*

Beitrag von Nykita »

Liebe Tami,
vielen lieben Dank für die liebe Begrüßung!! Vielen Dank!

Ich glaube ich schreibe so offen und so klar, weil ich mir schon jahrelang Gedanken um dieses Thema mache. Eigentlich war alles doch schon so gut geschafft. Eigentlich hatte ich meinen Weg aus der Hölle da doch schon gefunden. Aber dann stehen 2 so eiskalte Menschen vor dir und du hast das Gefühl, nochmal ganz von vorne anfangen zu müssen, weil es so einfach nicht mehr weitergehen kann.

Ich meide meine Mutter seit Freitag. Am Samstag kam sie nochmal kurz (sie meinte sie käme ja nicht uneigennützig vorbei - grins grins ) und ich "durfte" ihr dann ihre Haare tönen...
Wenn ich was erzählt habe, sah sie mich wieder mit diesem bekannten, verhassten, kalten Blick an.
Es ist wieder die alte GEschichte....

man wird sehen, was daraus wird.....

Aber ich habe wenig Hoffnung....es wirbelt mich wieder durch die Lüfte und ich sehe nur noch Verwirrung in mir....

Viele Grüße und vielen Dank für deine Unterstützung!
Nykita
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