Naja!

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Muckelmaus
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Re: Naja!

Beitrag von Muckelmaus »

Gerda postete
Wenn wir phantasieren, wir wären alle die neugeborenen Babys, die wir einmal waren, klein, nackt, hilflos, wären alle in einem Raum - haben die Babys einen Wert? Sie arbeiten nicht, sie leisten nichts, sie beginnen, lieben zu lernen und lächeln mit 6 Wochen ihre Bezugspersonen an. Haben sie Wert? Für wen?
Guten Morgen ihr Lieben alle und besonders guten Morgen Frank!

Ich muß Gerda ein klein wenig widersprechen :)

Zunächst einmal finde ich das Bild von all den neugeborenen Babys sehr schön und anschaulich.
Aber - sie leisten, zumindest in meinen Augen, sehr wohl schon etwas.
Sie zeigen uns, dass wir fähig sind zu lieben - bedingungslos. Wem sind nicht schon die Tränen gekommen und wer wurde nicht schon von dieser bedingungslosen Liebe überwältigt, wenn er ans Bettchen seines Kindes tritt und es lächelt, einfach weil man da ist, weil man es ansieht, berührt, streichelt? Welcher Mama und welchem Papa ging es nicht schon so?
Diese kleinen Wesen zeigen uns, was Liebe ist.
Ich habe das Glück, all das jetzt noch einmal erleben zu dürfen und ich geniesse es in vollen Zügen.

Lieber Frank - stell dir vor, du bist so ein neugeborenes Baby im Bettchen (für dich ist das im Moment deine Couch). Fühlst du die Liebe deiner Birgit, deiner Kinder? Lächelst du sie nicht an und bist dankbar dafür, dass du weiter mit ihnen leben darfst.
Nutze diese Chance, die das Leben oder die Gott dir geschenkt hat. Fühle deine Liebe, habe Geduld mit dir und dem Leben und lächle.

Fühl dich gedrückt
Muckel

Ein Kind betritt deine Wohnung und macht in den folgenden zwanzig Jahren so viel Lärm, dass du es kaum aushalten kannst. Dann geht das Kind weg und lässt das Haus stumm zurück, dass Du denkst, du wirst verrückt.
v. John Andrew Holmes, amerik. Publizist
Igel
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Re: Naja!

Beitrag von Igel »

Lieber Frank,

zu der Wertfrage möchte ich dich bitten folgende Übung zu machen. Stell dir bitte vor ich hätte einen Unfall. Wir haben eine stark befahrene Strasse genau vor der Haustür und es kann leicht sein, dass mich irgendwann einmal ein Auto erfasst. Gut. Nun nimm bitte an ich hätte den Unfall überlebt und käme nach Wochen im Krankenhaus nach Hause .... querschnittsgelähmt.

Frank, was würdest du mir dann sagen? Was würdest du denken? Dass ich nichts mehr wert bin? Echt?????

Es wäre viel "eindeutiger" als bei dir. Ich müsste rund um die Uhr versorgt werden, könnte nie wieder arbeiten und tatsächlich kaum etwas tun ausser "herum zu sitzen". Deiner Aussage nach wäre ich dann vollkommen wertlos.

Jetzt kann ich mir aber echt beim besten Willen nicht vorstellen, dass du so etwas zu mir sagen oder über mich denken würdest. Das geht in mein Hirn einfach nicht hinein. Wenn dem aber nicht so ist ... weshalb solltest DU dann weniger wert sein?

Denk doch mal drüber nach wodurch du deinen Wert definierst. Lass dabei die finanziellen Notwendigkeiten weg, kein Mensch lebt von Luft alleine, das ist schon klar. Aber der Wert eines Menschen definiert sich ja auch nicht über die Höhe seines Gehaltes ... Was ist es dann das dich zuvor wertvoll machte und jetzt nicht mehr oder weniger? Wenn du die Antwort gefunden hast, reiss sie aus und sieh sie dir von allen Seiten gut an. Das ist nämlich die Wurzel des Übels das dich momentan auffrisst. Wir können dann, wenn du möchtest, alle gemeinsam überlegen was mit dieser Wurzel zu tun ist.

Von ganzem Herzen alles Liebe :umarmen:
Igel
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wunschkind
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Re: Naja!

Beitrag von wunschkind »

Lieber Frank!

Ich bin grad auf den Thread gestoßen, indem ich gelesen hab, daß es dir nicht gut geht, und du selber Probleme hast, umso mehr freut es mich, daß du dir trotzdem Gedanken über die Probleme "der Anderen" machst und hilfst.
Das ist mir sehr viel "wert."
Ich bin zwar erst 27 (bzw. in 4 Tagen 28 Jahre :( ), aber ich mußte bzw. sollte in meinem Leben auch schon 2x die Erfahrung machen, wie schnell das Leben vorbei sein kann, und ich doch noch alles glimpflich überstanden hab.
Hab aus diesen Ehrfahrungen aber sehr viel gelernt, und denke es hat mein jetziges Leben schon sehr verändert (auch positiv).
Ich bin zwar "nur" 3 Monate rumgelegen und konnte nix machen, aber in der Zeit fühlte ich mich auch hilflos und ohne meinen Partner und meine Familie hätte ich bestimmt noch mehr darunter gelitten.
Du mußt dich jetzt wirklich schonen, für DICH und DEINE FAMILIE. Die brauchen dich und deine Liebe, egal ob du auf der Couch liegen mußt oder arbeiten gehst.
Genieß die vermehrte Zeit die dir mit ihnen geschenkt wird.

Ich wünsch dir alles, alles Gute
Laß dich mal drücken! :umarmen:
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Re: Naja!

Beitrag von FSapiatz »

...- ojeh, na da hab ich ja mal wieder was „losgetreten“...

Hallo, Ihr alle miteinander...! =)

>>bitte in der Reihenfolge meiner Antworten KEINE Wertung oder Gewichtung sehen, okay?!<<

@Igel
Du hast mich hart getroffen mit der Aufgabe, die Du mir gestellt hast. Ich hoffe, Du weißt, dass meine Antwort eindeutig „Nein“ wäre, natürlich wärst Du immer noch der gleiche (nicht mehr derselbe) Mensch und genauso wertvoll, wie zuvor... !
Was ich meinte – und meine – bezieht sich wahrlich nur auf mich und meinen „schwammigen Kadaver“ – ich sehe mich in eine derart defensive Position gedrängt, dass ich mich „minderwertig“ fühle. Meine Frau muss sich den Rücken krumm schuften, Kinder vom Training abholen, selbst die Einkäufe, welche ich immer machte (Getränke, schwere Sachen...) kann ich nicht tätigen...

Ich würde nie einen anderen Menschen „bewerten“, was seinen Wert als Mensch betrifft. Allerdings muss ich dabei eingestehen, dass mir „Glatzen mit Springer-Stiefeln und Bomber-Jacken“ schon suspekt sind. Selbst, wenn sie sich dann als ZEN-Anhänger, Heilige oder Pazifisten entblößten ....

Ich werde weiter an der Suche nach der Wurzel arbeiten, die Du angesprochen hast.

Ich habe sogar heute (bei meiner Th.) etwas Neues erkannt: ich lebe im Moment (der schon fast 4 Wochen andauert) und habe erkannt, dass ich fürchterliche Angst vor dem Sterben habe – das heißt im Umkehrschluss doch, dass mir mein Leben sehr viel wert sein MUSS, sonst hätte ich ja nicht so eine Angst, los zu lassen... .

@Gerda

Erst einmal finde ich die Vorstellung richtig witzig und spritzig, wie Ihr Euch an so ein WoMo ran macht und da herum schraubt und dann Europa erobert... :D

Deine Worte rühren etwas in meinem Innersten an. Wie definiert sich „Wert“?!

Ich bin so erzogen worden (bzw. habe ich mich selber so erzogen), dass ich am Abend eines Tages auf >ETWAS< zurück blicken kann, dass ich geleistet habe.
Seit nunmehr 11 – fast 12 - Jahren sorge ich mit meiner Hände Arbeit und auch der meines Kopfes dafür, dass insgesamt 11 Familien (meine eigene einbegriffen) ein regelmäßiges Einkommen haben.
Ich habe immer dafür gesorgt, dass bei uns zu Hause genug zu Trinken steht, habe dafür gesorgt, dass meiner Frau bei einer Autopanne/leerer Batterie geholfen wurde. Ich habe immer dafür gesorgt, dass die Dinge zu einem verträglichen Ende gebracht wurden.
Und jetzt???
Ich kann nicht mal dafür sorgen, dass ich mittags noch genug Luft in der Lunge haben, um zum Supermarkt um die Ecke und zurück zu kommen... .

Ich denke über Deine Worte nach, das ist schon mal sicher! Die Tiefe des Seins, die Tiefe von Beziehung, die Tiefe von Menschlichkeit... – ob ich es als Chance erkennen werde, weiß ich nicht, aber: mein Körper hat mir signalisiert, dass ich es erkennen sollte!


@Muckelmaus, Felix und Familie

Ich danke Dir für Deine mutmachenden Worte!

Bitte glaube mir: als ich da in dieser fürchterlichen Situation auf der AB war, da stand ich mit einem Bein auf der anderen Seite des Flusses Jordan, aber mein anderes Bein stand bei meiner Familie – meiner Frau und meinen Kindern, meinem Bruder und seiner Familie, meinen Eltern... . Dieses Bein stand fester, als das andere – darum bin ich jetzt hier... . Ja, ich liebe sie alle und ich werde zurück geliebt =) ...

@wunschkind

Schön, dass Du Dich hier so quer durchhangelst, es wird Dir helfen, eine Struktur zu erkennen, eine Struktur, die mehr oder weniger in jeder Trennungsgeschichte steckt.

Und: dass ich hier bin, hilft mir trotz meiner gesundheitlichen Probleme, am Leben (dran) zu bleiben...
Ich habe jederzeit ein offenes Ohr und versuche, andere Schicksale auf mein eigenes zu projizieren, dabei habe ich schon viele Fortschritte gemacht auf der Suche nach mir selbst...

Ich grüße Euch alle ganz lieb und bleibe

Euer Frank
Volker
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Re: Naja!

Beitrag von Volker »

Hallo,

wer sagt denn, dass Geld der einzige Wert ist?
Geld, bzw, die Ziffern auf unseren Bildschirm heute, sind nichts anderes als ein Buchungsvermerk. Sie machen eine Aussage darüber wo sich ein Mensch im Umgang mit seinen Ressourcen befindet. Mehr nicht und auch nicht weniger.

Wenn es kein Geld gäbe, wie würden wir wissen wieviel wir geben und nehmen
Zuletzt geändert von Volker am 7. Dezember 2007 22:09, insgesamt 1-mal geändert.
Volker

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Gerda
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Re: Naja!

Beitrag von Gerda »

Wenn du wüßtest, lieber Frank,
was wir mit dem Womo alles gemacht haben. Geschraubt ist noch das wenigste. Einmal fiel in Spanien auf einer ganz steilen Straße, eine Riesenschraube aus dem Motor auf die Strasse, gerade als wir ausstiegen. Es war die Befestigung der Lichtmaschine. Ansonsten gab es nichts zu schrauben - aber anderes: Wir haben erst von oben alles, was wir im Baumarkt gefunden haben zum Dächer isolieren ausprobiert - Flachdachfolie mit Spezialkleber, silbernes Dachisolierband, "Fillcoat", Silikon normal, Silikon für Schwimmbäder. Dann haben wir von innen mit einer Rasierklinge die Deckenfolie angeritzt, da floß Wasser raus! Also haben wir von innen alles runtergerissen - Folie, vermoderte Holzkonstruktionen und Isolierung und haben alles neu gemacht von innen - wo man nur noch das dünne geflickte Dach sah........also neue Holzkonstruktion, neue Isolierung, neue Verkleidung... Später hat es nur noch tröpfchenweise in den Schrank mit den Gewürzen geregnet, das haben wir vollkommen gelassen 10.000 km mitgemacht. Wir haben von 150 Euro pro Person/Monat plus Sprit gelebt und allerhand über das Leben herausgefunden. Vor allem, wie tief es sitzt, dass man nur etwas wert ist, wenn man arbeitet. So eine Reise ist alles andere als ein langer Urlaub. Das ist viel innere Arbeit - vor allem an solchen dingen wie dem eigenen Wert. Und deshalb weiß ich, wie du am Rad drehen mußt im Moment - so wie ich vermute.

Was bei dir schwer wiegt, ist, dass es für die meisten Menschen eine ziemliche Krise bedeutet, wenn sie so schwer krank sind, wie du. Wenn die ganzen körperlichen Ressourcen nicht mehr vorhanden sind, für den Moment. Es sind höchste Anforderung an Selbstwert, Selbstliebe und Selbstwirksamkeit und wenn du unter anderen Gesichtspunkten guckst, dann sind das auch Höchstleistungen, halt auf anderer Ebene. Und denk mal daran, wie du vielleicht in ein oder zwei Jahren auf diese Zeit zurückguckst und was du dann wohl anderen in so einer Situation sagen würdest. Du bist ja, was Scheidungskinder angeht, ein wahrer Mutmacher und Heimleuchter und ich wette, dann bist du das auch für Kranke und anders Schwache, denen du dann - einfühlsam wie Frank ist - Mut machst, ihre Situation anzunehmen. Also, du schaffst andere Werte gerade, auch mit der Wertkrise und der Krise über deinen Körper, der im Moment andere Signale gibt, als du hören willst.

LG
Gerda
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Re: Naja!

Beitrag von FSapiatz »

Liebe Gerda! =)

Zu behaupten, dass ich beim Lesen Deiner/Eurer WoMo-Story gegrinst hätte, wäre wohl die Untertreibung des Jahrhunderts, ich habe schallend gelacht :D :D :D ! Und ganz ehrlich: ich bin wahrlich Camping-getestet, habe einen Großteil meiner Freizeit im Freien im Zelt oder einer Boofe (kennst Du das?) verbracht... – Aber: über 10.000 km im WoMo zu ertragen – und noch dazu mit stoischer Ruhe – während es auf meine Gewürze regnet, neeee, dass hätte ich (als Mann vom Bau) wohl nicht ertragen... :D !


Aber zum ernsten Teil unseres Austausches:

Du sagst

>> Es sind höchste Anforderung an Selbstwert, Selbstliebe und Selbstwirksamkeit und wenn du unter anderen Gesichtspunkten guckst, dann sind das auch Höchstleistungen, halt auf anderer Ebene.<< .

Ich sehe (m)ein Problem:

eine Woche, nachdem mich meine Th. in „die Freiheit“ entlässt, kollabiere ich und trete fast ab.

Im Rahmen dieser Th. habe ich begonnen, mich wieder selber zu mögen, ein Prozess hatte BEGONNEN, aber eben nicht noch nicht zu einem endgültigen Ergebnis geführt... Statt dessen hat mein Körper reagiert. Meine Th. hat damals nach einem guten halben Jahr (von insg. 2 Jahren) etwas gesagt, was mir sehr zu denken gegeben hat – sie sprach von „gesteigerter Autoaggression“ – etwas in mir will mich umbringen. Ich deute das als Reaktion auf (immer noch) unverarbeitete Kindheitserlebnisse, die mich hätten lieber sterben lassen wollen, als die „ganze Schei..“ weiter mit zu machen...

Es gibt in mir noch ETWAS, an das ich partout nicht heran komme, keine Ahnung, was es ist, keine Ahnung, aus welcher Richtung es kommt, ich weiß nur: ES ist da. Und es ist nicht lieb!

Verstehst Du, was ich meine?

Liebe Grüße vom nachdenklichen

Frank
Volker
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Re: Naja!

Beitrag von Volker »

Hallo frank,

was du beschreibst ist der "Totstellreflex" der in unseren tiefsten Gehirnarealen aus längst vergangener ZEit schlummert. Etwas in dir will sich totstellen um sich vor schlimmerem zu schützen... Dieser Akt ist total "lieb". Weit weinger "lieb" ist die bewertung dieses Reflexes von den reiferen Gehirnarealen: Die können sich nämlich unserer Sprache bedienen und fangen an, dem ganzen GEschehen "sinn" geben zu wollen - gan zautomatisch. Während sich jedes "niedere" Tier wenige Stunden nach dem Totstellreflex einfach wieder entspannt (indem es wie blöd zuckt, mehrere Minuten) fangen wir Menschen wie blöd an, den Sinn "verstehen" zu wollen. Also nochmal in Kürze: Der Reflex iss lieb gemeint, was die Schaltzentrale aber nicht checkt.... Die Energie bleibt so im Körper eingeschlossen und das Hirn zermatert sich almählich...
Lieber Frank, vielleicht ist es Zeit die Energie im Körper mal zu lösen...
Volker

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Re: Naja!

Beitrag von Gerda »

Lieber Frank,

für die fachmännischen Handgriffe eines souveränen Fachmanns vom Bau würde ich in manchen Situationen im Leben viel geben. Aber die paar Tröpfchen, die in den Gewürzkasten regneten, waren nicht der Rede wert, wirklich nicht! Schön, dass du schallend gelacht hast, denn Lachen ist gesund. Da habe ich noch viel auf Lager, was das angeht. Zum Beispiel, wie ich in der ersten Nacht auf Reisen davon aufwachte, dass ich auf dem Bett kniete mit zu einer Schale gefalteten Händen, in die ein dünnes Rinnsal von der Decke regnete und ich schrie "S, gib mir ein Gefäß!!!!" und S gab mir einen Campingtopf. Durch die Fahrräder, die auf dem Gepäckträger befestigt waren, hatte sich irgendwo eine Haaresbreite verzogen, in die es wieder hineinregnete. Auch das Heckfenster war dadurch so verzogen, dass das Wasser durch den Rahmen drängte. S holte am nächsten Tag das Schwimmbadsilikon aus dem Kofferraum, verpasste überall eine weitere dicke Schicht davon und dann war alles wieder dicht. Vorne im Führerinnenhäuschen hängt am Spiegel ein 35 cm langer goldener Engel - Raphaello. Er hat uns viele lachende Blicke eingebracht. Es ist übrigens ein Ford Transit Bj 83, unser Zuhause im heißesten Sommer des Jahrtausends - 2003.

Nachdem ich beim 1. internationalen Frauenoutdoorcamp im Elbsandsteingebirge mitgemacht habe, weiß ich, was boofen ist.

Ich verstehe, dass es da etwas in dir gibt, mit dem du noch nicht so besonders gut vertraut bist und was deine Th Autoaggression nennt. Zwei Dinge verstehe ich nicht: wieso du die Therapie aufgehört hast, wenn da noch so vieles im Unklaren ist. Und warum du es "in die Freiheit entlassen" nennst, wenn du deine Therapie beendest. Für mich ist Therapie keine Unfreiheit, sondern eher die Freiheit, ganz ohne Rücksicht auf mein Gegenüber mir alles im Innern anzugucken, was mein Leben stört, beeinträchtigt, belastet, und dabei noch Unterstützung zu bekommen und Hinweise und Ideen, wie ich es einfacher, geschickter oder zielgerichteter tun kann.

Also so richtig verstehen, was du meinst, tue ich nicht.

LG
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Re: Naja!

Beitrag von tarsshaft »

Lieber Frank!

Du schreibst: "Ich habe sogar heute (bei meiner Th.) etwas Neues erkannt: ich lebe im Moment (der schon fast 4 Wochen andauert) und habe erkannt, dass ich fürchterliche Angst vor dem Sterben habe – das heißt im Umkehrschluss doch, dass mir mein Leben sehr viel wert sein MUSS, sonst hätte ich ja nicht so eine Angst, los zu lassen..."

Dein Umkehrschluss ist für mich nicht richtig. Natürlich hast du im Moment sehr große Angst vor dem Sterben, denn es war bei dir ja wohl ziemlich knapp vor kurzem. Dieser Schock wirkt jetzt noch nach und schließlich hängen wir alle am Leben. Aber ich denke, dass dir dein Leben auch schon vor der Krankheit sehr viel wert war. Das ist dir jetzt (wieder) bewusst geworden.
Wie sehr du das Leben liebst, lese ich immer besonders dann bei dir, wenn du von deiner Familie schreibst.

Manchmal scheint es so, als ob wir das, was wir haben, erst dann schätzen, wenn wir es beinahe verloren haben. Das gilt für die Liebe genauso wie für das Leben. Das Leben ist etwas Wundervolles, auch wenn zum Leben der Tod gehört. Hast du schon Simones Thread "Wie stellt ihr euch den Tod vor" gelesen?

Ich war am Wochenende bei meiner Oma. Sie ist 91 Jahre alt. Wir sprechen ab und zu über das Thema, und zwar so, wie wir über jedes andere Thema auch sprechen. Wenn meine Tante das mitbekommt, sieht sie mich entsetzt an und wirft mir dann später vor, wie ich denn mit Oma über "so ein Thema" sprechen könnte. Ich weiß nicht, warum ich "so ein Thema" scheuen soll wie der Teufel das Weihwasser, nur weil es kein schönes Thema ist. Aber es ist nun mal eine Tatsache. Meine Oma ist froh, dass sie mit jemandem darüber reden kann, der nicht sofort entsetzt die Augen aufreißt, denn in ihrem Alter beschäftigt sie sich natürlich sehr stark damit.

Lieber Frank, lebe! Ich weiß, du hast Angst, weil du wie jeder von uns nicht weißt, wann und wie du stirbst. Du weißt nur, dass. Hab keine Angst vor etwas, das du nicht fassen kannst und auf das dir sowieso niemand eine Antwort geben kann! Nimm die Energie, die du in das Angsthaben investiert hast, und lege all diese Kraft in das Leben!

Carpe diem! Es grüßt dich ganz herzlich tarsshaft
Das Heute leben, das Kommende erwarten, das Vergangene nutzen.
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Re: Naja!

Beitrag von FSapiatz »

Hallo, Ihr alle miteinander =) !

@Volker
Sorry, dass ich Dir noch nicht geantwortet habe! Deine Zeilen vom 07.12. konnte ich nicht so richtig beantworten, weil ich nicht glaube, dass es auf diesem (virtuellen) Weg möglich ist, Dir klar machen zu können, WIE WENIG mir Geld bedeutet. Ich musste irgendwann erkennen, dass ich es nun einmal brauche, aber es bedeutet mir nichts.
Was Du da über den Totstell-Reflex schreibst, habe ich in der Form noch nie gehört – klingt interessant... . Kennst Du dazu eventuell Literatur?


@Gerda
Ich finde es total interessant, dass Du das Boofen auch kennst... . Weißt Du noch, in welcher/n Boofe/n Ihr geschlafen habt? Meine Frau und ich sind dann sozusagen mit unseren Kindern sesshaft geworden und haben das Boofen eingeschränkt, (es gab ja dann auch immer mehr Verbote) und haben uns ein Wochenendgrundstück in der Sächs. Schweiz zugelegt, wo wir schönste Stunden verbracht haben und weiterhin werden....

Zu Deinen Fragen:
Tatsächlich war es so, dass nach gut 2 Jahren meine Therapeutin (nach einem ganz konkreten Ereignis: ich habe nach über 30 Jahren endlich das Gespräch zu meinem Vater gesucht) zu mir sagte: „Wir können für nächste Woche gerne weiterhin Termine machen, aber wirklich notwendig ist das aus meiner Sicht nicht mehr...“
Deine Sichtweise auf eine Therapie ist mir völlig neu, ich bin bis zum Lesen Deiner Zeilen nicht einmal ansatzweise auf solche Gedanken gekommen. Für mich hat es sich immer so dargestellt: ich bin krank ( =schlecht, muss behoben werden!). Daher muss ich zum Arzt (in diesem Fall eben kein Internist oder so, sondern ein Seelenarzt). Dies ist für mich ein Zustand, der schnellstmöglich behoben werden sollte, damit ich wieder gesund bin...

Ich muss noch etwas nachdenken über Deine Sichtweise, ich werde das dann später noch mal aufgreifen, denke ich!


@tarsshaft
Schön, mal wieder von Dir zu hören! =)

Ich selber zähle leider auch zu den Menschen, die um das Thema „Tod/Sterben“ lieben einen Bogen machen... . Das u. a. auch darin begründet, dass ich ja nicht zum ersten Mal auf der „anderen Seite“ gewesen bin. Weiß jetzt nicht, ob Du die Story kennst, daher Kurzfassung:
Vor gut 12 Jahren waren wir klettern am Gardasee. Durch einen fatalen Fehler eines Freundes beim Sichern hatte ich einen Sturz im freien Fall von 9 m Höhe. Nur viel Glück und meine damals bald 20-jährige Kampfsportausbildung haben mich vor dem Schlimmsten bewahrt.
Es war wie von Null auf Eins: eben hänge ich noch am Felsen, rufe meinem Freund zu, dass er mich ablassen kann und schwupp, war das Licht aus. Meine Frau (die damals schon unseren Sohn unter dem Herzen trug) musste das mit ansehen. Nach mehreren Minuten hatte ich dann das klassische „Tunnelerlebnis“, es war wirklich so, als käme man aus einem dunklen Stollen ans Licht. Der schlimmste Teil der Diagnose war damals: Fraktur des 13. Brustwirbelknochens (gehört zu den Wirbelsäulenknochen)...
Wir haben seit damals alle einen Bogen um das Thema gemacht und meine Frau hat sehr lange gebraucht, bis sie wieder mit unserem Freund reden konnte – war bei mir übrigens nicht so...

Das fragwürdige Erlebnis, dass ich nun vor einigen Wochen hatte, war so grundverschieden zu damals, dass sicher ein großer Teil meiner derzeitigen Angst und Panik auch daher rührt...

Ja, liebe tarsshaft, ich werde den Tag nutzen!

Vielen Dank für Deine Worte!


Ich sende Euch allen ganz herzliche Grüße und verbleibe
Frank
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Gerda
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Re: Naja!

Beitrag von Gerda »

Lieber Frank,

ich war im tschechischen Teil des Elbsandsteingebirges, aber ich habe mir dort nur erzählen lassen, was boofen ist, ich habe es nicht selbst gemacht. Und die Boofe, um die es da ging....ich weiß nicht mehr, wo die war.

Die Sicht auf dich, dass du "krank" warst, kann ich verstehen. Vielleicht kannst du nach 2 Jahren Therapie aber noch etwas anderes sehen, nämlich dass du in einer krankmachenden Umgebung "normale", d. h. vollkommen nachvollziehbare seelische Reaktionen hattest. Dass ein Kind Störungen produziert - die noch bis ins Erwachsenenalter wirken, wenn beide Eltern so einen STress für das Kind zelebrieren - ist doch eigentlich nicht krank, sondern "normal", es ist doch zu erwarten, oder? Ich habe jedenfalls den Eindruck, dass du in deiner Therapie sehr innerlich gewachsen bist und du dir viel innerlich "erobert" hast, was dir gut tut und dein Leben bereichert und dass nicht eine Krankheit weg ist sondern dass mehr "FRank" lebt.

LG
Gerda
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Re: Naja!

Beitrag von Igel »

Lieber Frank,

ich verspreche ... ich werde mich zurückhalten. Dich zu treffen ist so ziehmlich das Letzte was ich will. Ein bisschen aufrütteln ja, aber treffen, nein, eindeutig nein.

Mir ist aufgefallen, dass du dir gerade selbst zu einer weltbewegenden Erkenntnis verholfen hast ... mit ein bisschen Hilfe von Gerda's Seite. Ich meine damit deine Einstellung zu deiner Th.

Es ist ja nunmal so: bis vor kurzem und für viele Menschen noch immer war und ist ein Psychologe eine Art letzte Anlaufstation für Gestörte und Verlierer. Ist nun diese Ansicht irgendwo ganz tief in einem selbst vergraben hilft es ungemein ihn als eine Art "Spezialisten" anzusehen, dem Urologen oder Internisten nicht ganz unähnlich. Da ist also was gebrochen und damit gehe ich zum Arzt und der macht das wieder heil. Es mag ein Weilchen dauern aber irgendwann bin ich wieder gesund. In Wahrheit ist diese Ansicht eine Art Krücke für die die sonst gar nicht hingehen würden. Und eine super Krücke noch dazu - sie verhilft zu wahren Wundern. Leider behindert man sich damit auch selbst ... es geht sich halt einfach besser OHNE Krücke.

Wenn du ohne Krücke gehst bleibt der Weg steil und steinig und fürchterlich unangenehm. Aber es kommt auch ein Punkt an dem der Leidensdruck sich stark verringert und in den Hintergrund verschwindet und man beginnt so richtig aktiv und mit Freude an einem selbst zu arbeiten. Da geht es dann nicht mehr so sehr um Heilung sondern vielmehr um Selbsterforschung. Und DORT liegen die wahren Wunder der Psychologie begraben. Wenn man langsam, oft auch schon ganz für sich alleine und ohne Hilfe, kleine Steine aus dem eigenen (Lebens-)Weg räumt. Beginnt auf gleiche Reize neu zu reagieren und dadurch Schmerzen zu vermeiden. Der Geist ist schliesslich kein Organ das "ausheilt" sondern befindet sich in ständiger Veränderung. Magst du mal versuchen es so zu sehen?

Alles Liebe,
Igel
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Re: Naja!

Beitrag von Bine40 »

Hallo Frank,

das nun "unbefriedigt" auf deinem Sofa liegst, kann ich gut nachvollziehen. Was Igel dir schreibt, ist sicher ein guter Ansatz.

Wir befinden uns auf einer ständigen Reise, unsere Umwelt, unsere Ansprüche an uns und andere ändern sich stetig, die Anforderung von anderen an uns ändern sich genauso. Damit meine ich nicht die Materiellen, sondern nur die idellen. Diese Veränderungen beinhalteten ja schon viele Stolpersteine, die "Last" aus der Vergangenheit kommen dazu.

Deine Th hat dich diese "Last" besser tragen lassen, dein Lebensweg soll aber noch nicht zu Ende sein, also gehe ihn weiter.
Du hast etwas sehr Wertvolles erschaffen - deine Familie, die auch jetzt in dieser schweren Zeit dir zur Seite steht.
Die nicht nur dann bei dir ist, wenn es dir gut geht, sondern nunmehr alles Erdenkliche macht, dass es dir bald besser geht. Ist das nicht ein tolles, unbeschreibliches Gefühl, einen solches Netz zu besitzen? Die Gewissheit, da sind Menschen um mich, die mich lieben, mich umsorgen, mich brauchen, mich benützen und mir beistehen - egal in welcher Situation?

Das ist nicht selbstverständlich, aber du hast es. Du hast oft berichtet, wie weh dir deine Eltern getan haben und du hast alles dafür getan, eine funktionierende Partnerschaft und Elternschaft zu gründen. Und das ist dir doch gelungen.

Sei stolz auf dich und auf das was du da geschaffen hast.

Liebe Grüße

Bine
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Re: Naja!

Beitrag von FSapiatz »

Hallo, Ihr Lieben! =)

Es hat in der Tat etwas Zeit benötigt, aber so ist das manchmal mit dem Nachdenken... .

Ihr habt Recht: eine Therapie ist gar nicht vergleichbar mit einem Krankenhausaufenthalt oder „normalen“ Arztbesuch... .

Sich selbst erforschen.... .

Im Moment sehe ich mich an der Stelle: ich muss mich nicht selber finden, ich darf mich nur nicht verlieren.... .

Gerda, ich danke Dir für die Sicht der Dinge:

>>wenn beide Eltern so einen STress für das Kind zelebrieren - ist doch eigentlich nicht krank, sondern "normal", es ist doch zu erwarten, oder?<<

Nicht krank, sondern normal....

DA BIN ICH JA VIELLEICHT GAR NICHT KRANK?
Ein gesunder Frank, der tatsächlich mehr von sich entdeckt....

Igel, als alter Kampfsportler habe ich „Treffer“ immer als Chance betrachtet, denn ich wusste dann, wo ich an meiner Deckung zu arbeiten habe :D – kein Problem, wenn ich mal etwas wegstecken muss... :D
Ich selber war immer (bis vor gut zwei Jahren) der Ansicht, dass nur „durchgeknallte Amis“ ständig zu ihrem Psychologen rennen, um sich auszuweinen... .
Diese Haltung hat sich mit meiner Th. grundlegend geändert. Und nun, nach Euren Anregungen hat sie sich noch mal verändert...

Danke dafür!

Bine, Du hast (ich weiß nicht, ob bewusst) etwas hervorgeholt: das Netz, das Gerda schon einmal in einem eigenen Thema angesprochen hat. Das Netz der Beziehungen, der Bindungen, das Netz, dass uns im und am Leben hält.
Ja, es ist meine Familie, die mich hat hier bleiben lassen!

Ich sende Euch allen liebe Grüße zu und bin froh, Euch hier zu wissen!

Frank
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