Schön, dass dieser Thread hier entstanden ist.
Ich muss gestehen, ich habe bei Volkers Thread auch immer mitgelesen -
aber wie es so ist: Man liest, macht sich seine Gedanken dazu und findet doch nicht die richtigen Worte.
Nun würde ich gerne ein paar Worte hierlassen.
Gerda hat geschrieben:Was hast du für Erfahrungen mit Vergeben und Verzeihen gemacht? Kannst du selbst anderen verzeihen? Kannst du DIR SELBST verzeihen? Gibt es Unverzeihliches für dich? Fühlst du einen Zusammenhang zwischen Verzeihen, Loslassen und Neuanfang? Was "sagt" dein Herz zum Thema?
Nun...um diese Fragen zu beantworten müsste man wohl einiges aus seinem Leben berichten, damit andere verstehen können, ob man verzeihen kann oder nicht.
Wenn ich zurückblicke auf ein Kind eines Alkoholikers, welches ich bin (Muckel...ich winke dir mal

)...nun, dann muss ich sagen, dass ich lange nicht verzeihen konnte. Meine Kindheit war geprägt vom Alkohol, von Haß, von Gewalt, von Wut und Unverständis. Mein Vater starb als ich 21 war (er wurde 46 Jahre alt). Es war die Folge vom Alkohol.
Ich konnte ihm lange nicht verzeihen. Auch meiner Mutter nicht, warum sie dass alles so lange mitgemacht hatte. Verstehen konnte ich erst, als ich älter wurde, eine Therapie hinter mir hatte.
Heute habe ich verziehen! Meinem Vater, meiner Mutter, meiner Familie und auch mir selbst. Dem Haß habe ich verziehen.
Es gab mit Sicherheit viele Gründe, warum mein Vater trank - sie wurden mir allerdings nie gesagt. Doch ich weiß, dass da noch viel mehr gewesen sein muss, als man mit Augen erkennen konnte. Genauso bei meiner Mutter. Es muss tausend Gründe gegeben haben, warum sie dieses Schicksal mittrug. Genauso wie es wohl auch ewig viele Gründe dafür gibt, warum sie nach dem Tod meines Vater ebenso wieder an einen Mann geriet mit demselben Thema.
Mir geht es wie ähnlich wie Muckel. Mir fällt es sehr schwer (ist wohl eine Folgeerscheinung), Menschen zu ertragen mit Gläsern in der Hand. Es löst eine große Abscheu in mir aus, sobald es "ausartet". Und doch weiß ich, dass es nicht gut so ist. Denn ich kann somit nicht differenzieren. Da flackern dann die alten Bilder wieder auf. Somit habe ich zwar verziehen - aber vergessen ist eine andere Geschichte.
Es ist nicht so, dass ich in Altem rumstochere. Es ist wie bei meinem Ex-Mann. Als er mich betrog, brach eine Welt zusammen, aber ich arbeitete es auf. Und irgendwann (das hat zwar einige Jährchen gedauert), konnte ich dann auch verzeihen. Ich gönne ihm heute seine 2. Ehe - und wünsche mir sehr, dass er es besser machen kann als damals bei uns.
Ich hatte schöne Jahre mit ihm - aber es bringt mir nichts, mich in Bitterkeit zu vergraben. Natürlich darf ich traurig sein, wütend...all das hat seine Berechtigung...auch über Jahre hinweg immer wieder einmal. Doch irgendwann sollte man Frieden schließen - mit sich selbst!
Denn hier beginnt das verzeihen: bei uns selbst! Wenn ich mir zugestehe: Es ist wie es ist - und das, was war, kann ich nicht mehr ändern, dann fällt es leichter, nach vorne zu sehen. Es hat einen Sinn, dass wir solche Dinge erleben. Vielleicht ist es einfach so, dass wir immer wieder an der Stelle zu einem bestimmten Lernprozeß stehen. Und erst wenn wir den gelernt haben, finden wir Ruhe!
Einfach so ein paar Gedanken hierzu...
Liebe Grüße an alle von der
Sternenfischerin
P.S. Ach ja...was mir immer wieder geholfen hat in den Prozessen des Verzeihens, des Verarbeitens war das Schreiben von Gedichten. Ich habe meine Seele in hunderten von Gedichten ans Tageslicht geholt - damit die Sonne sie wieder wärmen kann!