Die Sprache verloren...?

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Tamara22
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Die Sprache verloren...?

Beitrag von Tamara22 »

Hallo an Alle,
ich stelle immer wieder fest, wie schwierig es sein kann die eigenen Bedürfnisse zu äussern.
Ich stelle mal die These auf, dass viele Kinder im Erwachsenwerden die Bedürfnissprache verlieren bzw. verlernen. Darüber gibt es Bücher, jede Menge...
Ich glaube dass noch etwas dieses "Verlieren" der Sprache unterstützt.
Ich kann aus meiner Erfahrung sprechen, dass es "besser" war in der Scheidungssituation den Mund zu halten, denn jede Bedürfnisäusserung ist einer Entscheidung für oder gegen einen Elternteil gleichgekommen.
Möglicherweise liegt das auch daran, dass es eine vermeintliche Aufgabenteilung unter den Eltern gibt, was sie wie und in welcher Form ihren Kindern zukommen lassen, sei es in Erziehungsfragen, Gefühlen, Wissen, Kontrolle, Bestrafung und und und....
Nur bestimmt so nicht das Kind mit welchen Bedürfnissen es zu welchem Elternteil geht.
Hat es beide griffbereit und kann wählen, stehen beide in gleichem Mass zur Verfügung, wunderbar. Aber was macht ein Kind, wenn es sich entscheiden muss, wenn eine Bedürfnisäusserung dem einen Elternteil gegenüber, ein gegen den anderen entscheiden bedeutet?
Was macht ein Kind mit seinen Bedürfnissen, wenn es sich auf Liebe basierend nicht entscheiden kann?
Ich habe darüber meine Ich-Sprache verloren, erst im Kleinen durch vergessen, nicht verstehen, nicht wissen. Dann im Größeren, durch Schweigen in der Schule, Schweigen in Prüfungen, Schweigen in den schlimmsten Situationen von Schmerz, Angst, Trauer, Verzweiflung....
Bis hin zu der Feststellung eines Lehrers von mir der sagte "entweder ist es Dummheit oder Desinteresse".
Was wenn es damit nichts zu tun hat?
Wenn Bedürfnisse zu äussern damit verknüpft wird anderen zu schaden, sich selbst bloßzustellen, missverstanden oder abgelehnt zu werden? Was wenn die Fülle im Inneren immer größer, die Fähigkeit zu Sprechen immer mehr verlernt wird?
Wenn Bedürfnisse unterdrückt werden, weil niemand sie hören kann...
Im Bezug auf die Scheidung habe ich es so erlebt.
Zu schweigen bedeutet niemand weh zu tun. Es nicht noch schlimmer zu machen, beide Eltern gleich lieb zu haben...
Und es bedeutet, dass das Wiedererlernen der Bedürfnissprache umso schwerer wird, weil Überzeugungen entstanden sind, die sich in Gefühlen manifestiert nicht mehr "weg-denken" lassen...
Letzendlich bleibt das Gefühl, dass zu sprechen verletzlich macht, weil das die einzige Möglichkeit ist, das Schweigen weiterhin zu "rechtfertigen"...
Und wenn ich jetzt davon ausgehe, dass in unserer Gesellschaft die meiste Kommunikation in die Form der Sprache gezwängt wird, das innere Kind aber der Sprache immer weniger mächtig, stumm bleibt, dann macht das unter Umständen sehr einsam.
Und das Wunderbare einer Begegnung mit so einem einzigartigen Wesen Mensch verliert sich an der Oberfläche nicht gesprochener Worte.

So und wer jetzt denkt, dafür dass sie behauptet so wenig des Sprechens mächtig zu sein, redet sie hier ziemlich viel, dem möchte ich sagen, ja....denn das Schreiben habe ich nicht verlernt und die Fülle in mir war die Ganze Zeit da.

Weg davon "gebt den Kindern eure Sprache" hin zu lernt wieder zuzuhören, den Worten und dem Schweigen...denn der Mensch ist mehr als seine Worte und für die tiefsten Bedürfnisse reichen Worte niemals aus...

Tami
Zuletzt geändert von Tamara22 am 10. Dezember 2004 18:49, insgesamt 1-mal geändert.
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