Hallo ihr Lieben alle!
Heute möchte ich mal ein Thema beginnen, welches mich seit langem begleitet und immer mal mehr, mal weniger aktuell für mich ist.
Die Angst vorm Zahnarzt ist vielen Menschen geläufig. Ich denke, die meisten Menschen haben zumindest ein mulmiges Gefühl im Bauch, wenn sie zum Zahnarzt gehen. Unsere Kinder kennen sicher alle die Angst vor einer Klassenarbeit oder Klausur. Wir alle haben schon von Prüfungsangst gehört oder kennen sie aus eigener Erfahrung.
Aber was ist mit der Angst vor ganz normalen Alltagssituationen?
Es klingelt an der Tür. Das könnte der Postbote sein. Aber ich öffne nicht, weil ich nicht sicher weiß, ob es wirklich "nur" der Postbote ist. Ich frage noch nicht mal durch die Gegensprechanlage, wer da ist. Nein, ich verkrieche mich, mein Herz schlägt mir bis zum Hals und ich tue so, als sei niemand daheim. Das Telefon klingelt und ich erkenne die Nummer nicht. Also nehme ich das Gespräch nicht an. Den Briefkasten öffnen, um zu schauen, ob Post gekommen ist ... unmöglich für mich. Jemanden anrufen - Krankenkasse, Ämter usw. - ohne das ich denjenigen persönlich kenne ... geht nicht.
Solche Beispiele habe ich noch einige. Aber ich denke, ich versteht schon.
Nein, diese Angst begleitet mich nicht immer. Es gibt lange Phasen, in denen ich all die o. g. Dinge problemlos machen kann. Aber dann kommen immer wieder Zeiten, in denen ich damit so gar nicht zurecht komme ... wie im Moment.
Ich versuche für mich zu ergründen, warum es jetzt wieder so ist.
Letztes Jahr im Sommer sollte ich ein Praktikum machen im Rahmen meines Seminars zum Wiedereinstieg in den Job. Ich hab mir die Praktikumsstelle selbst gesucht und war stolz auf mich, dass ich das geschafft habe. Aber einen Tag vor Praktikumsbeginn habe ich mich krank schreiben lassen. Es ging nicht. Ich konnte das Praktikum nicht beginnen, vor Angst.
Zum ersten Mal hatte ich diese Angst kurz nach der Geburt unseres Mittelchens 1995/1996.
Das Jahr, das ihrer Geburt voran ging, war schwer für mich. Meine Mutter, mein Opa und auch meine Großtante verstarben in diesem Jahr und ein Umzug kam auch noch. Alles das alles vorüber war, konnte ich plötzlich nicht mehr allein mit den Kindern zu Hause sein. Ich habe meinen Exmann immer wieder von der Arbeit zurück gerufen. Ich konnte nicht schlafen. Mir war nur übel und ich war noch nicht mal mehr in der Lage, mich um die beiden Kinder zu kümmern. Ich war wie gelähmt.
Unser damaliger Hausarzt verschrieb mir Diazepam und riet mir zur Therapie, die ich auch gemacht habe. Danach war jahrelang eigentlich alles ok. Immer mal wieder kleine Angstschübe, die ich aber gut allein verarbeiten konnte ... bis zum letzten Jahr.
Seit dem scheine ich mich nicht mehr wirklich zu erholen.
Mag sein, es liegt an unserer gesamten Situation.
Finanziell ist unsere Situation ein Desaster ... ALG II sei Dank und das trotz Umschulung und meinem Job. Ich habe das Gefühl, wir treten auf der Stelle und das Jobcenter fordert und fordert und fordert. Nun hat man uns zum Umzug aufgefordert, weil wir eine Mieterhöhung bekommen haben. Damit sind unsere Wohnkosten nicht mehr angemessen. Aber es gibt hier keine angemessenen Wohnungen, die dem Standard des Jobcenters entsprechen. Wir möchten aber hier nicht weg, weil die Kinder hier ihr soziales Umfeld haben.
Die Sorge um unsere Älteste ist nach wie vor da und lässt sich nicht wegleugnen.
Unser Mittelchen besucht nun das Gymnasium und auch da verändert sich plötzlich alles.
Ich kämpfe an so vielen Fronten und habe das Gefühl, es werden mehr und nicht weniger.
Als ich heute früh unseren Kleinen in den Kindergarten gebracht habe und er so fröhlich an meiner Hand neben mir her hopste, dachte ich so, dass es eigentlich nur noch die Kinder sind, die mich am kämpfen halten. Ich glaube, hätte ich die Kinder nicht, so hätte ich den Kampf schon aufgegeben.
Alles was ich mir wünsche ist mal eine Woche ohne Brief vom Jobcenter, ohne Forderungen, ohne Angst.
Macht ALG II krank? Ich glaube ja. Dieser ständige Druck, diese ständigen Erklärungen, diese Herabwürdigungen .. das kann kein Mensch aushalten, noch dazu, wenn man bedenkt, dass ich ja arbeiten gehe. Wir liegen dem Steuerzahler ja noch nicht einmal komplett auf der Tasche.
In einer halben Stunde muss ich los zur Arbeit.
Ich habe Angst davor. Warum kann ich mir nicht einfach die Decke über den Kopf ziehen, bis es mir wieder besser geht?
Weil ich weiß, dass dieses Verhalten nichts ändern würde. Ich muss dagegen ankämpfen .... und mal wieder einen Kampf an einer weiteren Front führen.
Erschöpfte, traurige Grüße
Muckel